RV09 – Dr. Sabine Horn, Katharina Kracht – Über jüdisches Leben reden – (k)ein Tabu? Umgang mit religiöser Diversität am Beispiel Judentum

1. Fassen Sie die im Text dargestellten unterschiedlichen Positionen in Bezug auf die Religionsausübung zusammen. (Option 1: Koscheres Essen, verschiedene Haltungen dazu; Option 2: Können Frauen Rabbinerinnen sein?)

Im vorliegenden Text wird zum Einen die Position von „liberalen“ und zum Anderen von „gläubigen“ Juden dargestellt. Die liberalen Juden beschreiben einige Regeln, welche durch ihre Religion vorgegeben werden, z.B. die besondere Behandlung von Rindfleisch, als aus der Luft gegriffen und ohne logische Linie. Die gläubigen, oder auch orthodoxen Juden hingegen sagen, dass die Regeln das Wort Gottes sein und somit irrelevant sei, ob Menschen sie verstehen würden oder nicht. Ferner wird darüber diskutiert, in welcher Form Produkte hergestellt und verarbeitet werden dürfen, hier sind die Begrifflichkeiten „koscher“ und „trefa“, also „das erlaubte“ und das nicht erlaubte. Auch hier sehen die liberalen Juden einiges als zu strikt an und die orthodoxen Juden sehen diese Regeln als ihre Erfüllung und ihren richtigen Weg ein Leben zu führen an. Jeder entscheidet hier also frei wie er/sie es vorzieht zu Leben, wobei häufig Rat bei Rabbiner/innen eingeholt wird.

 

2. Wenden Sie die drei Grundannahmen des religionswissenschaftlich-kulturwissenschaftlichen Ansatzes (interne Diversität, Religion als beeinflusst von historischen Prozessen, Religion als Teil soziokultureller Strukturen, s. AB 1) auf den Text bzw. die im Text beschriebenen Haltungen und Praktiken an. Die beiden letzteren sind eventuell eher subtil und implizit im Text angelegt.

Die interne Diversität ist in diesem Text sehr klar zu erkennen, da jede/r Gläubige selber entscheidet inwiefern und wie weit er/sie die Regeln der Religion beachtet. Außerdem sind verschiedene Auslegungsformen vorhanden, welche ebenfalls von Mensch zu Mensch variieren. Die Religion wird also unterschiedlich ausgelegt, gelebt und kritisiert, von Menschen die alle der selben Religion angehören.

Die Grundannahme „Religion als beeinflusst von historischen Prozessen“, lässt sich ebenfalls auf diesen Text anwenden, Gelehrte streiten immer wieder darüber wie man neue Erfindungen oder neue Entdeckungen religiös behandeln soll. Häufig sind einige Formulierungen nur sehr vage und können schwer auf neue Phänomene angewendet werden, weshalb viele Auslegungsformen vorhanden sind.

Die letzte Grundannahme „Religion als Teil soziokultureller Strukturen“ lässt sich auf den Text beziehen, dadurch, dass Menschen in verschiedenen Gesellschaften leben und somit gewisse Erleichterungen oder Belastungen verspüren. In Israel ist es z.B. fast unmöglich keine koscheren Lebensmittelläden/Restaurants etc. zu finden, wohingegen eine jüdische Familie in Thailand damit ihre Schwierigkeiten haben dürfte. Die liberaleren Jüdinnen und Juden werden vermutlich in hoherer Anzahl dort sein, wo es schwieriger ist die Religion voll und ganz so auszuleben, wie es „durch Gott“ vorgegeben wird.

 

3. Beschreiben Sie Ihre eigene Verortung gegenüber dem im Text angelegten Phänomen. Gehen Sie dabei auf die Fragen auf AB 2 ein.

Ich denke, dass jeder Mensch das Recht hat, und auch behalten sollte, die Religion frei zu wählen und diese so auszuleben wie er möchte, solange er niemand anderen dadurch einschränkt. Dass andere Menschen urteilen ist natürlich und manchmal muss man damit umgehen können. Es darf allerdings nicht zu psychischem oder physischem Druck kommen. Die Meinungsfreiheit gilt auch innerhalb der Religionsfreiheit und die Kritik, bzw. Auslegung von gewissen Praktiken ist ebenso legitim wie die Anerkennung dieser. Ich selber bin ebenfalls gläubig und habe durch mich selber zum Glauben gefunden, bei mir in der Familie und vor allem im Freundeskreis war dies nie ein großes Thema und ich war so gut wie der einzige wirklich Gläubige. Ich habe verschiedene heilige Schriften gelesen und mich durch Bekannte und übers Internet über Religionen informiert. Zu Beginn war ich der festen Überzeugung, dass Institutionen wie die Kirche wichtig für den Glauben sein, allerdings denke ich mittlerweile, dass Gott nicht in einem Buch ist und auch nicht in einer Kirche (oder anderen Gotteshäusern). Menschen tendieren dazu alles zu verehren was der Mensch im Namen Gottes geschaffen hat, im Gegensatz zu dem was tatsächlich von Gott geschaffen wurde, die Natur, die Menschen und die Tiere. Wenn jemand öffentlich eine Bibel verbrennt gibt es einen riesigen Aufschrei, bei der Tötung von Tieren sind allerdings noch Gelehrte vor Ort, welche das „richtige“ Töten absegnen sollen. So bin ich der Meinung, dass das Töten von Tieren eine zutiefst unreligiöse Tradition ist und ebenfalls das Zerstören der Umwelt. Gott ist in allem was er geschaffen hat, tötet man nun Tiere, Menschen oder zerstört die Natur, tötet und zerstört man Gott.  Auch in Religionsgemeinschaften ist die Wurzel allen Übels das Geld.  Deswegen bin ich momentan in dem Prozess, dass ich den Glauben an organisierte Religionen mehr und mehr verliere. Menschen sollten ihre Religion für sich ausüben, allerdings dürfen sie keinen Machtanspruch, keinen politischen Einfluss und keine Verdienstmöglichkeiten haben, da dadurch auch die Gier nach Geld und nicht nur die wirklichen Werte der Religion hervorgebracht werden.

 

Entwickeln Sie eine schriftliche pädagogische Reflexion zum Umgang mit den folgenden Szenarien:

 

Wenn Sie Option 1 gewählt haben: Sie haben mit ihrer Klasse ein gemeinsames Essen zur Feier des Schuljahresabschlusses geplant. Eine Schülerin möchte nicht teilnehmen, da sie nur koscheres Essen zu sich nimmt. Eine andere Schülerin sagt ihr, sie sei albern, schließlich würde es auch Juden und Jüdinnen geben, die sich nicht koscher ernähren.

In dieser Situation muss den SuS bewusst gemacht werden, was die Religionsfreiheit wirklich bedeutet, nämlich nicht nur, dass man eine Religion frei wählen darf, sondern auch noch in ihr frei entscheiden darf, wie er/sie sie leben möchte. Dies hilft den SuS dabei sich gegenseitig mehr zu akzeptieren und zu verstehen. Weiter sollte versucht werden etwas koscheres zu essen zu organisieren, damit alle SuS mitkommen können. Wenn dies nicht möglich ist, sollte im persönlichen Gespräch mit der jüdischen Schülerin erfragt werden, ob es nicht möglich sei dass sie sich selber etwas zu essen mitbringt oder eventuell vorher genug isst um so trotzdem dabei sein zu können. Es ist wichtig, dass auch diese Schülerin zu dem Treffen kommt, da den übrigen SuS so nicht suggeriert wird, dass ihre Religion ausschließend auf die Klassengemeinschaft wirkt. Dies könnte nämlich dazu führen, dass sich andere SuS darüber lustig machen oder sie aufgrund dessen ausschließen. Außerdem ist es auch wichtig für die jüdische Schülerin an Klassenunternehmungen, vor allem solchen wichtigen, teilnehmen zu können.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert