Cold War
Cold War – Der Breitengrad der Liebe
„Cold War“, dem im Deutschen noch der unglückliche Untertitel „Der Breitengrad der Liebe“ hinzugefügt wurde (Originaltitel „Zimna wojna“), ist der neueste Film des polnischen Regisseurs Paweł Pawlikowski. Das Drama handelt von der sich über Jahrzehnte spannenden Liebesgeschichte zwischen dem Pianisten und Komponisten Wiktor und der jungen Sängerin Zula. Die beiden treffen sich im Polen der Nachkriegszeit im Rahmen eines Folklore-Ensembles, das alte polnische Volkslieder aufführt, um das Nationalbewusstsein zu stärken, allerdings schon bald von der Sowjetunion als Propagandamittel genutzt wird. Das Liebespaar trennt sich schon bald wieder, als Wiktor in den Westen flieht, während Zula, hin- und hergerissen zwischen ihrer Liebe zu Wiktor einerseits und den Herausforderungen der Emigration zur Zeit des Kalten Krieges und der Bindung zu ihrem Heimatland andererseits, im Osten verbleibt. Damit beginnt eine Art Katz- und Mausspiel zwischen den beiden Geliebten, die sich trotz ihrer fragilen Beziehung zueinander hingezogen fühlen und sich so im geteilten Europa immer wieder unter verschiedenen Umständen begegnen.
Der Film fokussiert sich dabei fast ausschließlich auf die beiden Liebenden und geht kaum auf Nebenpersonen oder andere Handlungsstränge ein. Die über die Jahre relevanten Szenen sind zeitlich und räumlich eingeteilt und werden durch ein schwarzes Bild klar voneinander getrennt. Dies führt im Verlauf des Films zu einer Fragmentierung der Geschichte, oft wird eine sehr kurze Szene gezeigt, gefolgt von einem Zeitsprung, der die Umstände für die nächste Szene stark verändert. So kommt für mich kein wirklicher Erzählfluss auf.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Beziehung zwischen Wiktor und Zula, die beide wunderbar von Tomasz Kot und Joanna Kulig gespielt werden. Ihre Verbindung wird relativ schnell etabliert und besonders in der zweiten Hälfte des Films teilen die Liebenden keine Szenen, die nicht direkt die Handlung vorantreiben. Dem Zuschauer wird kaum Zeit gegeben, sich an die beiden Personen und ihre Beziehung zu binden, was durch die zersplitterte Geschichte des Films auch so gewollt zu sein scheint. So erhält der Zuschauer nur eine distanzierte Sicht auf die unglückliche Liebe zwischen Wiktor und Zula, deren Beziehung kaum über längere Zeit bestehen kann, bevor die Beiden sich wieder entzweien.
Seine wahre Stärke zeigt „Cold War“ in seiner Inszenierung. Durch das fast quadratische 4:3 Bildformat wird der Fokus unweigerlich auf die zentralen Figuren gelenkt, was im Einklang mit der Geschichte des Films steht. Komplett in Schwarzweiß gedreht, gelingt es dem Film, die verschiedenen Szenen mit einer eigenen Schönheit auf der Leinwand einzufangen. Von verschneiten Winterlandschaften Polens über belebte Stadtbilder in Jugoslawien zu verrauchten Jazz-Bars in Paris wird der Zuschauer auf eine authentische Reise durch das Europa der 50er und 60er Jahre genommen. Dabei ist auch die Musik, die für die beiden Protagonisten eine so wichtige Rolle spielt, von großer Bedeutung. Die verschiedenen musikalischen Auftritte Wiktors und Zulas zählen zu den denkwürdigsten Momenten des Films und insbesondere die Vorführungen des Folklore-Ensembles „Mazurek“ sind beeindruckend nachgestellt. Auch der Wandel der Musik im Laufe der Zeit, von Volksliedern zu Jazz bis zu den Anfängen des Rocks, wird eingefangen.
Wer von „Cold War – Der Breitengrad der Liebe“ eine klassische Liebesgeschichte zur Zeit des kalten Kriegs erwartet, wird wohl enttäuscht werden. Denn obwohl sich die Handlung nur um die tragische Beziehung der beiden Protagonisten zueinander dreht, hat mich das Schicksal von Wiktor und Zula nicht wirklich mitgerissen. Stattdessen nahm der Film mich auf eine Reise in das geteilte Europa des Kalten Krieges und saugte mich an manchen Stellen förmlich in die gezeigten Schauplätze hinein. Er überzeugte durch die Schönheit der einzelnen gezeigten Szenen, während die über 89 Minuten erzählte Geschichte für mich eher im Hintergrund blieb.
Cold War – Der Breitengrad der Liebe | Polen/Großbritannien/Frankreich | 2018 | Liebesdrama | Paweł Pawlikowski | 89 min. | Joanna Kulig, Tomasz Kot, Borys Szyc, Agata Kulesza, Cedric Kahn, Jeanne Balibar | FSK: 12