09.07.2019
Abschlussreflexion von Doreen Klosseck
1.) Benennen Sie die für Sie zentralsten theoretischen Erkenntnisse, die Sie aus den Vorträgen der Ringvorlesung für sich mitgenommen haben. Nehmen Sie dabei konkret Bezug auf a.) fachdidaktische Aspekte, indem Sie Erkenntnisse auf die Didaktiken ihrer eigenen beiden Fächer beziehen und b.) zwei generelle erziehungswissenschaftliche Erkenntnisse zu Schule und Unterricht mit Bezug zu den relevanten Quellen benennen.
Die für mich zentralsten Erkenntnisse, die ich aus der Vorlesung „Ringvorlesung: Umgang mit Heterogenität in der Schule (GO)“ mitgenommen habe, waren auf der fachdidaktischen Ebene erstaunlicher Weise die Thematisierung von Religionen. In dem Vortrag am 09.06.2019 „Über jüdisches Leben reden – (k)ein Tabu?“, vorgestellt von Dr. Sabine Horn und Katharina Kracht, wurde ich wieder aufmerksam auf die wichtige Rolle die ein kompetenter Umgangs mit verschiedenen Religionen im Schulalltag spielt. In dem Vortrag wurde explizit auf den rücksichtsvollen Umgang mit dem Judentum eingegangen, wobei sich Konzepte des (optimalen) Umgangs mit dem Judentum, als Religion, auch auf andere Religionen übertragen lassen. Schade hierbei ist, dass das Thema „kompetenter Umgang mit Religionen“ in der Lehrer*innenausbildung keinen eigenen Platz hat und dieser Vortrag umso bedeutender im Studium ist. Ich selbst studiere Germanistik sowie Kunst-Medien Ästhetische Bildung. Es sollte jedem Bewusst sein, dass Religionen im schulischen Alltag eine wichtige und wiederkehrende Rolle spielen. Aus diesem Grund ist ein professionelles Verhalten und Neutralität von den Lehrkräften gefordert. Ich denke besonders Lehrer*innen die selbst religiös sind, müssen besonders stark versuchen objektiv zu bleiben. Lehrer*innen haben außerdem die Aufgabe die Toleranz und Akzeptanz innerhalb der Klassengemeinschaft zu fördern, denn Religionen gehören zu der Identität von Schüler*innen. Vor diesem Vortrag war mir die wichtige Rolle, die ein kompetenter Umgang mit Religionen in der Schule spielt, nicht sehr geläufig. Der richtige Umgang mit den verschiedenen Religionen ist für alle Lehrkräfte von großer Bedeutung, unabhängig von ihrer Fächerkombination, dennoch sehe ich viele Möglichkeiten religiösen Austausch und Toleranz mit meiner Fächerkombination anzuregen. Im Kunstunterricht wäre es beispielsweise sehr interessant, die Kunstwerke verschiedener Religionen zu analysieren. Im Fach Deutsch wäre es sehr passend, sich mit verschiedener Literatur zu beschäftigen, um den Schüler*innen mehr Perspektiven zu bieten. Ein fachdidaktischer Aspekt, den ich als sehr relevant empfand, wurde von Prof. Dr. Christine Knipping in dem Vortrag „Mathematische Leistungsunterschiede – empirische Befunde und Konsequenzen für das mathematische Lernen“ am 07.05.2019 eingeführt. Auch wenn ich später einmal kein Mathematik lehren werde, lassen sich aus dem Vortrag wieder viele wichtige Aspekte entnehmen, die ich in meinem zukünftigen Unterricht in Deutsch und Kunst anwenden möchte. Wir hatten uns in der Vorlesung bereits mit dem Konzept der Heterogenität beschäftigt und Prof. Dr. Christine Knipping ist weiter auf die Differenz zwischen Schüler*innen in ihren Leistungen eingegangen. Ein zentraler Punkt war z.B., dass Schüler*innen aus anders-oder gemischtsprachigen Familien, schon in der Grundschule, weniger gute Leistungen erbringen, als Schulkinder mit einer deutscher Familensprache (Tiedemann / BillmannMahecha 2004 zit. nach: Prof. Dr. Knipping). Darüber hinaus waren, mit Blick auf die Fachdidaktik, die Erkenntnisse zum spielerischen Lernen von Schüler*innen sehr interessant für mich. Das liegt daran, dass ich denke, besonders im Fach Kunst, ist ein spielerisches Lernen und Malen geeignet den Schülern dabei zu helfen, besser aus sich heraus zu kommen und gleichzeitig Lernerfolge zu erzielen. Durch verschiedene Arten des Lernens, wie z.B. durch eine spielerische Heran-gehensweise, kann es den Schülerinnen und Schülern leichter fallen, den zu erlernenden Stoff schneller zu adaptieren bzw. aufzunehmen. Genau diese fachdidaktische Erkenntnis ist für mich in meinem Fach Kunst gut einzubringen. In diesem Fach habe ich als spätere Lehrkraft die spielerische Freiheit den Schüler*innen, auf verschiedenen Arten, viele unterschiedliche künstlerische Mittel näherzubringen. Auch im Fach Deutsch gibt es Möglichkeiten zum spielerischen Lernen, z.B. mit Rollenspielen oder Theaterstücken. Auf der Erziehungs-wissenschaftlichen Ebene lieferte mir außerdem Dr. Eileen Schwarzenberg, in dem Vortrag „Meint Inklusion wirklich alle? – Aktuelle Diskussionslinien und praktische Umsetzung„ am 15.05.2019 eine wichtige Erkenntnis. Diese Erkenntnis ist, dass die Umwandlung von bremischen Schulen zu inklusiven Schulen immer noch Probleme aufweist und noch immer auf verschieden Ebenen Exklusion stattfindet. Es wurde deutlich, dass es schwieriger umsetzbar ist als anfangs gedacht, die Schulen in Bremen zu Inklusionsschulen umzubauen. Unter dem Inklusionsverständnis (vgl. Hinz 2004; Textor 2015 zit. nach: Dr. Schwarzenberg) versteht man unter anderem, dass es eine Selbstbestimmte sowie Gleichberechtigte Teilhabe in allen Lebensbereichen geben soll, jedoch existieren z.B. in Bremen immer noch Sonderschulen sowie Sondereinrichtungen. Auch hat Prof. Dr. Frank J. Müller am 21.05.2019 in dem Vortrag „Auf dem Weg zu einer Schule für alle – gemeinsames Lernen am gemeinsamen Gegenstand oder gemeinsame Lernsituationen?“, nochmals dazu ermutigt, jeden in der Gesellschaft (damit auch im schulischen Kontext) mit einzubinden. Lehrkräfte sind in diesem Prozess auf Unterstützung angewiesen und es müssen deutlich mehr Sonderpädagogen und Lehrer eingestellt werden. Als spätere Lehrkraft bin auch ich ein Teil einer Lerninstitution und somit davon betroffen. Ich muss ggf. mit unzureichenden Mitteln versuchen die Inklusionspolitik umzusetzen und denke deshalb, es war sehr wichtig, dass der Vortrag nochmals auf diese Vorhanden Missstände hingewiesen hat. Ich bin der Meinung in naher Zukunft ist es von großer Bedeutung weiterhin an der Umsetzung und Integration der Inklusion festzuhalten, damit jedem Menschen eine möglichst gleiche Möglichkeit auf gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht wird. Aus diesem Grund denke ich Lehrer*innen sollten in der Ausbildung besser auf den Umgang mit Schüler*innen, die einen sonderpädagogischen Förderbedarf aufweisen, vorbereiten werden. Dies wäre, aufgrund des Mangels an Sonderpädagogen, sehr hilfreich, denn die Lehrkräfte würden so in eine weniger abhängige Lage versetzt werden, wenn an einer Schule nicht genug Sonderpädagogen sind. Noch mehr Druck auf das System entsteht letztendlich dadurch, dass zusätzlich die Zahl von Schüler*innen, die einen sonderpädagogischen Förderbedarf benötigen, seit 2008 um fast 20% angestiegen ist (vgl. Bertelsmann Studie – Preuss-Lausitz, 2018 zit. nach: Dr. Schwarzenberg). Hier Besteht also ein enormer Handlungsbedarf.
3.) Zu welchen zwei erziehungswissenschaftlichen Fragestellungen, die Sie in der Vorlesung kennengelernt haben, würden Sie gerne mehr erfahren im weiteren Studium im Bezug auf das Modulthema BAUMHET. Bitte begründen Sie Ihre Wahl?
Aus dem erziehungswissenschaftlichen Bereich würde ich in meinem zukünftigen Studium gerne intensiver mit dem Themenbereich Migration in Berührung kommen. Interessant wäre es, mehr über die Herausforderungen, Möglichkeiten sowie Auswirkungen von Migration auf die Bildungsinstitution Schule zu erfahren. Auch wenn hier Frau Prof. Dr. Yasemin Karakaşoğlu in dem Vortrag „Heterogenität als Merkmal der Gesellschaft und Herausforderung für die Schule“ über viele wichtige Dinge zum Thema Migration gesprochen hat, sind meinerseits noch einige Fragen offen geblieben und ich möchte mich weiter mit dieser Thematik befassen. Erschreckend war für mich z.B. die Erkenntnis, dass Schüler*innen mit einem Migrationshintergrund, trotz eines gleichen sozialen Status wie Deutschsprachige Familien, seltener ein Gymnasium besuchen. Dies liegt oft an negativen Empfehlungen von Lehrkräften. Gerade der Umgang mit Migration spielt eine gängige und geläufige Rolle, die in der heutigen Gesellschaft integriert sein sollte. Leider ist dies noch immer nicht der Fall. Gerade zukünftige Lehrkräfte müssen lernen mit Migrationshintergründen von Schuler*innen umzugehen und diese nicht als schwieriges Hindernis zu betrachten. Lehrkräfte sollten Migration vielmehr als Möglichkeit ansehen, Zugang zu anderen Kulturellen und Welten zu schaffen (interkulturelles Lernen), um so die Offenheit der Schüler*innen zu nutzen und zu fördern. Hier würde ich gerne mehr darüber erfahren, wie dies in der Praxis umgesetzt werden kann, denn ich bin der Meinung viele Menschen, aber auch viele Lehrkräfte sind noch in ihrem stereotypen (fast archetypischen) denken gefangen wenn es um Migrationshintergründe geht und es bedarf hier weiterer Fortbildung. Mehr Erfahren würde ich auch sehr gerne über solche eben erwähnten weiteren Ausbildungs- bzw. Weiterbildungs-Möglichkeiten für Lehrer und Lehrerinnen. Hierbei geht es nicht nur um Weiterbildungsmöglichkeiten im Bereich Migration. Dr. Christoph Fantini hat z.B. in seinem Vortrag „Interkulturelle und geschlechtersensible Deutschdidaktik Heterogenitätskategorie Geschlecht in Schule und Ansätze zur Entwicklung einer interkulturellen geschlechtersensiblen Pädagogik“ am 25.06.2019 auf weiter Missstände des heterogenen Schulumfeldes hingewiesen. Ich habe gelernt, dass wir als Lehrkräfte viel Verantwortung tragen und es viele Minderheiten gibt, deren Rechte auch an den Schulen gestärkt werden müssen. Als angehende Lehrkraft wurde ich wirklich zum nach- und umdenken angeregt und möchte einmal dazu beitragen, an der Lösung dieser Probleme mitzuwirken. Maßgeblich für mich, als angehende Deutschlehrerin, war in dem Vortrag die innovative Herangehensweise bei der Auswahl von Literatur für den Unterricht. Hier hat die Lehrkraft z.B. im Deutschunterricht viele Möglichkeiten, die verschiedenen Identitäten der Schüler*innen anzusprechen. Es wurde in dem Vortrag festgestellt, dass Mädchen und Jungen verschiedene Vorlieben mit Blick auf literarische Medien und Formen haben. Mädchen lesen beispielsweise lieber als Jungs und der Lehrplan deckt in Deutsch auch viel Literatur ab. Die Vorliebe von Jungs für Comics und Computerspiele bleibt im Lehrplan dahingehend unberücksichtigt. Es ist also meiner Meinung nach an der Zeit umzudenken und den Unterricht so zu gestalten, dass er für alle Schüler*innen vergleichbar ansprechend ist. Interessant ist hier, dass sogar an Universitäten mittlerweile Kurse angeboten werden die sich z.B. mit den Ästhetiken (Kunst) oder der Narration (Deutsch) von Videospielen beschäftigen. Mich würde interessieren ob so etwas schon an manchen Schulen ausprobiert wurde und wie die Schüler*innen auf so etwas reagieren würden.
4.) Welche in den Vorlesungseinheiten von BAUMHET thematisierten Problematiken/Aspekte sehen Sie für sich persönlich als besondere Herausforderung? Wie könnten Sie sich, im Uni-Kontext oder auch darüber hinaus, auf diese Herausforderungen vorbereiten?
Der Vortrag „Individualisierung von Unterricht als schulpädagogische Antwort auf Leistungsheterogenität“ am 30.04.2019 vortragen von Prof. Dr. Till Sebastian Idel veranlasste mich, Unterricht und Unterrichtsplanung als eine besondere Herausforderung zu betrachten. Da ich in meinem späteren Lehrberuf auf die Heterogenität jedes einzelnen Individuums in meinen Klassen eingehen und diese berücksichtigen möchte, empfinde ich es als notwendig mich, in meinem zukünftigen Studium, sehr ausführlich mit dem Thema Unterrichtsplanung auseinanderzusetzen. In Schulen werden besonders zwei Unterrichtsformate „Unterricht als Klassengespräch“ und „Individualisierender Unterricht“ genutzt. Diese haben ihre Vor- aber auch Nachteile. Als spätere Lehrkraft wird es für mich unweigerlich eine besondere Herausforderung darstellen für jede Stunde verschiedene Unterrichtsmaterialien, für die unterschiedlichen Leistungsniveaus meiner Schüler*innen, vorzubereiten. Ich denke sogar, es ist zeitlich nur sehr schwer umsetzbar wirklich allen gerecht zu werden. Um die Schüler*innen möglichst gut betreuen zu können, möchte ich lernen ein gesundes Mittelmaß der beiden Unterrichtsformate für mich und meinen, sich entwickelnden, Unterrichtsstil zu finden. Bei dem „Unterricht als Klassengespräch“ hat die Lehrkraft zwar alle im Blick, jedoch ist diese Form des Unterrichts eher homogenisiert. Bei dem „Individualisierten Unterricht“ existiert unter anderen eine Dezentralisierung der Ordnung, wobei sich die Lehrkraft, anders als bei dem „Unterricht als Klassengespräch“, mehr bemühen muss, einen Überblick über das geschehen zu bewahren. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ich denke, die größte Herausforderung wird es sein einen passenden Unterrichtsstil zu finden, der einem heterogenen Umfeld gewachsen ist sowie es zeitlich zu organisieren, verschiedene Unterrichtsmaterialen vorzubereiten, die auf die verschiedenen Fähigkeiten der Schüler*innen abgestimmt sind.
Verzeichnis
Fantini, Christoph (2019): Interkulturelle und geschlechtersensible DeutschdidaktikHeterogenitätskategorie Geschlecht in Schule und Ansätze zur Entwicklung einer interkulturellen geschlechtersensiblen Pädagogik, vorgetragen in der Ringvorlesung: Umgang mit Heterogenität in der Schule, Universität Bremen, 25.04.2019
Horn, Sabine (2019) und Katharina Kracht (2019) SZ Rübekamp :Über jüdisches Leben reden – (k)ein Tabu?, vorgetragen in der Ringvorlesung: Umgang mit Heterogenität in der Schule, Universität Bremen, 09.06.2019
Idel, Till Sebastian (2019): Individualisierung von Unterricht als schulpädagogische Antwort auf Leistungsheterogenität, vorgetragen in der Ringvorlesung: Umgang mit Heterogenität in der Schule, Universität Bremen, 30.04.2019.
Karakaşoğlu ,Yasemin (2019): (Welt-)Gesellschaftliche Veränderungen, Migration und die Reaktion von Schule – ein Blick auf Strukturen und Konzepte, vorgetragen in der Ringvorlesung: Umgang mit Heterogenität in der Schule, Universität Bremen, 09.04.2019
Knipping, Christine (2019): Mathematische Leistungsunterschiede – empirische Befunde und Konsequenzen für das mathematische Lernen, vorgetragen in der Ringvorlesung: Umgang mit Heterogenität in der Schule, Universität Bremen, 07.05.2019
Müller, Frank J. (2019): Auf dem Weg zu einer Schule für alle – gemeinsames Lernen am gemeinsamen Gegenstand oder gemeinsame Lernsituationen?, vorgetragen in der Ringvorlesung: Umgang mit Heterogenität in der Schule, Universität Bremen, 21.05.2019
Schwarzenberg, Eileen (2019): Meint Inklusion wirklich alle? – Aktuelle Diskussionslinien und praktische Umsetzung, vorgetragen in der Ringvorlesung: Umgang mit Heterogenität in der Schule, Universität Bremen, 14.05.2019
Ein wirklich sehr schöner Beitrag der die Impulse verschiedener Fachdidaktiken und Erziehungswissenschaften miteinander verknüpft und die Bedeutung für das pädagogische Handeln in der Schule herausstellt. Zudem setzt sich der Beitrag sehr reflektiert mit den Inhalten der Vorlesung auseinander und schafft auch fächerübergreifende Verbindungen. Der Beitrag übertrifft die Erwartungen der Aufgabenstellung.