RV02: (Un-)Gleiche Chancen für alle? – Rassismus in der Schule

RV02: (Un-)Gleiche Chancen für alle? – Rassismus in der Schule

Wie würden sie jemanden, der nicht an der Ringvorlesung (rv02) teilgenommen hat, die Unterschiede zwischen Diskriminierung und Rassismus erklären?

Von Diskriminierung ist die Rede, wenn eine solche Unterscheidung zwischen Angehörigen bestimmter Personengruppen vorgenommen wird, dass für den Einen Privilegien geschaffen werden, die der Andere nicht zugeschrieben bekommt. Dies geschieht beispielsweise durch die Benachteiligung, Herabsetzung oder auch Ausgrenzung der Betroffenen. Themen der Diskriminierung sind häufig die Herkunft, die Sprache, die sexuelle Identität, oder auch die Weltanschauung, die von den Diskriminierenden als anders empfunden werden. Diskriminierung kann sowohl im privaten Raum, als auch auf struktureller und institutioneller Ebene geschehen, wobei Letzteres nochmal in die direkte (offensichtliche Diskriminierung gegenüber bestimmten Personengruppen) und indirekte (versteckte Diskriminierung, die sich unter Anderem durch ‚faire’ Regeln für alle kennzeichnet) institutionelle Diskriminierung differenziert wird. (Gomolla, 2016: Seite 73; Gomolla, Radtke, 2009: Seite 48ff.)

Der Rassismus- Begriff unterliegt dem der Diskriminierung und ist spezifischer formuliert. Hierbei geht es um die (Re-)Produktion von rassentheoretischen Ideologien, die darauf abzielen, Menschen aufgrund ihrer Herkunft, ihrer Hautfarbe, ihres Aussehens zu differenzieren, sie in Rassen zu trennen und ihnen bestimmte Merkmale zu zu schreiben, die als minderwertiger angesehen werden. Auf Grund dieser Differenzierungen und Zuschreibungen werden Kategorisierungen und Privilegien für bestimmte Menschengruppen geschaffen (Hall 2004; Leiprecht 2016: Seite 226; Rommelspacher, 2009: Seite 25; Weiß, 2013: Seite 44).

 

In der Ringvorlesung (rv02) wurde die Frage „Woher kommst du eigentlich?“ hinsichtlich ihrer Rassismusrelevanz diskutiert. Wie empfinden Sie die Frage nach der Herkunft?  Inwiefern ist diese Frage rassismusrelevant? Welche Umstände sind zur Beantwortung dieser Frage relevant?

Die Frage nach der Herkunft würde ich beim ersten Kontakt nicht als verwerflich ansehen, wobei die Intention der entscheidende Faktor ist. Gilt die Frage des ehrlichen Kennenlernens einer Person, rein aus Interesse, so ist dies vollkommen legitim. Wird die Frage aber mit der Absicht gestellt, dem / der Betroffenen Merkmale zuzuschreiben und die Person in eine Schublade zu stecken, so würde ich dieses Vorgehen den rassistischen Grundzügen zuordnen und als nicht angenehm empfinden. Auch wenn die Antwort auf die Frage nicht angenommen und weiter umstritten wird, würde ich dem weiteren Verlauf des Gesprächs entziehen wollen. Auch das Nichtakzepieren der Antwort würde ich als rassistisches Verhalten ansehen, denn daraus lässt sich schließen, dass die fragende Person in Schubladen denkt und Personen, abhängig von ihrem Aussehen und ihren Charaktereigenschaften einem Land zuordnet.

 

Lesen Sie das folgende Beispiel „Hakan Yilmaz“ aufmerksam durch. Als dritte*r Kolleg*in haben Sie die Situation, die Hakan Yilmaz schildert beobachtet. Wie würden Sie die Aussage des anderen Lehrers einordnen (mit Bezug auf die Inhalte der Vorlesung)? Was wären Ihre nächsten Schritte als Lehrer*in und Kolleg*in?

Dass Hakan Yilmaz die Erfahrung machen musste, als potentieller Kameltreiber eingestuft zu werden, ist in vielerlei Hinsicht ein Problem. Die rassistische Äußerung des Kollegen differenziert Personen nach ihrer Herkunft. Er schreibt Herrn Yilmaz eine Tätigkeit zu, die nach seinem Ermessen, für einen aus dem türkischen Raum stammenden Namen passend wäre. Der Kollege geht zudem auch davon aus, dass Herr Yilmaz garnicht in Deutschland bzw. mit der deutschen Kultur aufgewachsen sein könnte. Der Kollege hat ein bestimmtest Bild im Kopf, wie ein Ausländer zu sein und zu arbeiten hat, geht davon aus dass alle gleich sind (Homogenisierung), weil ihre ‚Rasse‘ das so hergibt (Essentialisierung). Der Kollege sieht die Schülerin ebenfalls als anders an und unterweist ihr die selben Fähigkeiten/Merkmale wie Herrn Yilmaz (Dichotomisierung). Auch der Grundgedanke, dass Ausländer garnicht in der Lage seien, normale, anerkannte Berufe auszuüben, lässt sich von einer solchen Aussage ableiten (Hierarchisierung) (Vorlesungsfolie 19, Attina 2018, Seite 3; Rommelspacher 2009).

Als Lehrkraft würde ich versuchen wollen zu verstehen, wieso der Kollege die Antwort der Schülerin entsprechend kommentiert hat. Ich würde das Gespräch mit ihm suchen, die dahintersteckende Problematik aufdecken und aufklärend über sein unpassendes Verhalten reden. Ich würde zudem auch Herrn Yilmaz dazu raten, das betroffene Mädchen aufzusuchen und mit ihr über das erlebte zu reden und sicherstellen, dass sie aus dem Kommentar des Kollegen, keine weiteren Schlüsse für ihre Zukunft zieht. Eine weitere Idee wären Anti Rassismus Programme an der Schule und auch innerhalb des Kollegiums.

Quellenverzeichnis

Hall, Stuart (2004): Ideologie Identität Repräsentation. Ausgewählte Schriften IV. Hamburg: Argument Verlag.

Gomolla, Mechtild (2016): Diskriminierung. In: Paul Mecheril (Hg.): Handbuch Migrationspädagogik. Weinheim und Basel:Beltz Verlag, S. 73-89.

Gomolla, Mechtild; Radtke, Frank-Olaf (2009): Institutionelle Diskriminierung. Die Herstellung ethnischer Differenz in der Schule. Wiesbaden: VS-Verlag. S. 48ff.

Leiprecht, Rudolf (2016): Rassismus. In: Paul Mecheril (Hg.): Handbuch Migrationspädagogik. Weinheim und Basel: Beltz Verlag, S. 226.

Rommelspacher, Birgit (2009): Was ist eigentlich Rassismus? In: Claus Melter und Paul Mecheril (Hg.): Rassismuskritik.

Weiß, Anja (2013): Rassismus wider Willen. Ein anderer Blick auf eine Struktur sozialer Ungleichheit. Wiesbaden: Springer VS.

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