1. Welche Bedeutung haben Modelle von Behinderung sowohl für behinderte Menschen und ihre Teilhabemöglichkeiten allgemein, als auch im Kontext Schule?
Stereotypen, die die meisten Menschen haben, können unbewusst die Art und Weise beeinflussen, wie sie ihre Behinderung wahrnehmen und damit umgehen. Es gibt zwei Modelle, die ich im Folgenden vergleichen werde.
Erstens ist es das medizinische Modell, in dem die Behinderung als. „Schicksalsschlag“ angesehen wird, die vermieden werden müssen, um sich in die Gesellschaft zu integrieren. (Waldschmidt, 2011, S. 98) Sie gilt als traditionelle Modalität der Behinderung und ist immer noch in vielen Bereichen des öffentlichen und akademischen Lebens präsent.
Im Gegensatz dazu konzentriert sich das soziale Modell auf die Einflussnahme der Gesellschaft auf Kosten aller. Daher wird zwischen den Begriffen „Beeinträchtigung“ und „Behinderung“ unterschieden. Behinderung beschreibt die „Andersheit“ eines Menschen, Behinderung beschreibt die Hindernisse, denen ein Mensch aufgrund einer Behinderung in der Gesellschaft gegenübersteht. Behinderung wird laut Michael Oliver nur mit den Auswirkungen sozialer Unterdrückung und in viel geringerem Maße mit objektiven Schäden anatomischer Strukturen in Verbindung gebracht. (Folien, Seite 24)
Als solche führen diese beiden Perspektiven zu grundlegend unterschiedlichen Ansätzen in der Schule. Nach dem Vorbild des medizinischen Modells werden „Sonderschulen“ geschaffen, in denen sich Menschen mit Behinderung nicht „auf die Regelschule vorbereiten“ können.
2. Was entgegnen Sie, wenn im Kollegium jemand behauptet, inklusive Beschulung könne ihr/ihm keine_r vorschreiben?
Wenn jemand an einer Universität behauptet, dass ihm niemand inklusive Bildung vorschreiben kann, würde ich dieser Person in unterschiedlichem Maße widersprechen.
Zunächst möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf die UN-BRK lenken, welches jedem das Recht auf Bildung verspricht. Darin heißt es, dass alle Unterzeichnerstaaten das Recht von Menschen mit Behinderungen auf Bildung anerkennen und sich für ein inklusives Bildungssystem einsetzen (UN Behindertenrechtskonvention).
Ergänzend möchte ich auf das Bremische Schulgesetz hinweisen, das besagt, dass alle Kinder und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf das Recht haben, allgemeinbildende Schulen zu besuchen. (Bremer Schulgesetz, § 3(4))
3. Welche Ausgrenzungsmechanismen lassen sich am Beispiel Nehad Mihailovic aufzeigen? Wer hätte anders Handeln müssen, um ihm und seinem Recht auf Bildung gerecht zu werden und was hat sein Fall mit Inklusion zu tun?
Nehad Mihailovic war ein Opfer von Diskriminierung und Rassismus.
Nehad hat einen IQ von 59 und wird aufgrund dieser vermeintlich objektiven Tatsache als „geistig zurückgeblieben“ eingestuft. Dabei wird völlig außer Acht gelassen, dass bei einem Standard-IQ-Test viele Annahmen getroffen werden und die Ergebnisse an einem bestimmten Maßstab gemessen werden sollten. Infolgedessen konnte sich Nehad nie gerecht in die Gesellschaft einfügen. Die Sprachbarriere gilt als ungelöstes Problem. Im Fall Nehad Mihailovic hat das Bundesland Nordrhein-Westfalen gegen seine Amtspflichten verstoßen, weil die Schule seinen Unterstützungsbedarf nicht regelmäßig überprüft hat (Karsten, 2019).
Dies ist nur ein Beispiel von vielen, die zeigen, dass Inklusion an Schulen von Bedeutung ist.
Quellen:
Waldschmidt, Anne (2011): „Selbstbestimmung als Konstruktion“. Springer Verlag.
Deutsches Institut für Menschenrechte: „Die UN-Behindertenrechtskonvention“ https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/das-institut/monitoring-stelle-un-brk/die-un-brk (Zuletzt aufgerufen: 3.07.2023)
Senatorin für Bildung und Wissenschaft (2021): „Bremer Schulgesetze“