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28. April 2023

RV03/ Das Menschenrecht auf Inklusion und seine Hintergründe

Filed under: Allgemein — Schlagwörter: — Dilber @ 13:25

1. Welche Bedeutung haben Modelle von Behinderung sowohl für behinderte Menschen und ihre Teilhabemöglichkeiten allgemein, als auch im Kontext Schule?

Stereotypen, die die meisten Menschen haben, können unbewusst die Art und Weise beeinflussen, wie sie ihre Behinderung wahrnehmen und damit umgehen. Es gibt zwei Modelle, die ich im Folgenden vergleichen werde.

Erstens ist es das medizinische Modell, in dem die Behinderung als. „Schicksalsschlag“ angesehen wird, die vermieden werden müssen, um sich in die Gesellschaft zu integrieren. (Waldschmidt, 2011, S. 98) Sie gilt als traditionelle Modalität der Behinderung und ist immer noch in vielen Bereichen des öffentlichen und akademischen Lebens präsent.

Im Gegensatz dazu konzentriert sich das soziale Modell auf die Einflussnahme der Gesellschaft auf Kosten aller. Daher wird zwischen den Begriffen „Beeinträchtigung“ und „Behinderung“ unterschieden. Behinderung beschreibt die „Andersheit“ eines Menschen, Behinderung beschreibt die Hindernisse, denen ein Mensch aufgrund einer Behinderung in der Gesellschaft gegenübersteht. Behinderung wird laut Michael Oliver nur mit den Auswirkungen sozialer Unterdrückung und in viel geringerem Maße mit objektiven Schäden anatomischer Strukturen in Verbindung gebracht. (Folien, Seite 24)

Als solche führen diese beiden Perspektiven zu grundlegend unterschiedlichen Ansätzen in der Schule. Nach dem Vorbild des medizinischen Modells werden „Sonderschulen“ geschaffen, in denen sich Menschen mit Behinderung nicht „auf die Regelschule vorbereiten“ können.

2. Was entgegnen Sie, wenn im Kollegium jemand behauptet, inklusive Beschulung könne ihr/ihm keine_r vorschreiben?

Wenn jemand an einer Universität behauptet, dass ihm niemand inklusive Bildung vorschreiben kann, würde ich dieser Person in unterschiedlichem Maße widersprechen.

Zunächst möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf die UN-BRK lenken, welches jedem das Recht auf Bildung verspricht. Darin heißt es, dass alle Unterzeichnerstaaten das Recht von Menschen mit Behinderungen auf Bildung anerkennen und sich für ein inklusives Bildungssystem einsetzen (UN Behindertenrechtskonvention).

Ergänzend möchte ich auf das Bremische Schulgesetz hinweisen, das besagt, dass alle Kinder und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf das Recht haben, allgemeinbildende Schulen zu besuchen. (Bremer Schulgesetz, § 3(4))

3. Welche Ausgrenzungsmechanismen lassen sich am Beispiel Nehad Mihailovic aufzeigen? Wer hätte anders Handeln müssen, um ihm und seinem Recht auf Bildung gerecht zu werden und was hat sein Fall mit Inklusion zu tun?

Nehad Mihailovic war ein Opfer von Diskriminierung und Rassismus.

Nehad hat einen IQ von 59 und wird aufgrund dieser vermeintlich objektiven Tatsache als „geistig zurückgeblieben“ eingestuft. Dabei wird völlig außer Acht gelassen, dass bei einem Standard-IQ-Test viele Annahmen getroffen werden und die Ergebnisse an einem bestimmten Maßstab gemessen werden sollten. Infolgedessen konnte sich Nehad nie gerecht in die Gesellschaft einfügen. Die Sprachbarriere gilt als ungelöstes Problem. Im Fall Nehad Mihailovic hat das Bundesland Nordrhein-Westfalen gegen seine Amtspflichten verstoßen, weil die Schule seinen Unterstützungsbedarf nicht regelmäßig überprüft hat (Karsten, 2019).

Dies ist nur ein Beispiel von vielen, die zeigen, dass Inklusion an Schulen von Bedeutung ist.

Quellen:

Waldschmidt, Anne (2011): „Selbstbestimmung als Konstruktion“. Springer Verlag. 

Deutsches Institut für Menschenrechte: „Die UN-Behindertenrechtskonvention“ https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/das-institut/monitoring-stelle-un-brk/die-un-brk (Zuletzt aufgerufen: 3.07.2023)

Senatorin für Bildung und Wissenschaft (2021): „Bremer Schulgesetze“

2 Comments »

  1. Die Zusammenfassung und Vorstellung der beiden Modelle von Behinderung im Kontext Schule sind dir sehr gut gelungen. Ergänzen würde ich lediglich noch, welche Bedeutung Modelle im generellen somit in diesem Kontext spielen. Die Konstruktion von Modellen unterliegt meist einer Vereinfachung und idealisierten Vorstellung. Denn praktisch ist z.B. weder allein das medizinische noch das soziale Modell anzuwenden.
    Ich beziehe mich exemplarisch auf die Graphik von UAA (1). Vielen schulischen Kontexten fehlen schlichtweg noch die nötigen Ressourcen, um eine umgreifende Selbstbestimmung für Personen mit Beeinträchtigung möglich zu machen. Gleichzeitig kann das soziale Modell durch das Phänomen des „Etikettierungs-Ressourcen-Dilemmas“ oftmals lediglich zu einer einseitigen Förderung des schulischen Kontextes führen. Es gilt auch die Alltagsbereiche außerhalb der Schule zu beachten. Wenn diese nicht auch kurzfristig und flächendeckend nach dem sozialen Modell angepasst werden, ist eine ganzheitliche Gleichstellung und Selbstbestimmung nicht möglich. So ist es dennoch notwendig, Personen medizinisch so weit zu unterstützen, dass Nachteile ausgeglichen werden können.
    Beachtet man, dass 80% aller Personen mit Beeinträchtigungen in Entwicklungsländern leben(2) , gilt es die Realisierbarkeit der Modelle zu überprüfen. Ideale Konzepte müssen realistisch umgesetzt werden können und Wege zu fehlenden Ressourcen müssten auch in nicht Industrieländern gestellt werden.
    Des Weiteren gilt es zu berücksichtigen, beide Modelle setzten sich die Gleichberechtigung und Selbstbestimmung zum Ziel, aber nicht die Prävention! Nach Franziska Schmidt beruhen die hohen Zahlen an beeinträchtigen Personen in Entwicklungsländern auf sozio-ökonomischen Ursachen. Ich zitiere:

    „Es überwiegen Schädigungen aufgrund von Infektionskrankheiten, die bei entsprechender Prophylaxe vermieden oder bei angemessener Behandlung zumindest gemildert werden könnten“ (3)

    Um zur Selbstbestimmung und zum Wohlstand aller beitragen zu können, gilt es alle Bereiche zu beachten und realistisch zu fördern.

    1) http://www.uaa.alaska.edu/accessibility/topic/architecture.cfm. (01.05.2023)
    2) https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Gesundheit/Behinderte-Menschen/Tabellen/geschlecht-behinderung.html#fussnote-1- 119014 (01.05.2023)
    3) Schmidt, Franziska: Behinderung und Dritte Welt. Ursachen und Formen von Krankheit und Behinderung im Kontext sozio-ökonomischer und sozialer Strukturen am Beispiel Kenias, S.12, online: https://www.audimax.de/fileadmin/hausarbeiten/sozialwissenschaft/Hausarbeit_Sozialwissenschaft_Soziologie_Behinderung_und_Dritte_Welt_ahx1974.pdf (01.05.2023).

    Kommentar by Kyra — 1. Mai 2023 @ 13:16

  2. Die Zusammenfassung und Vorstellung der beiden Modelle von Behinderung im Kontext Schule sind dir sehr gut gelungen. Ergänzen würde ich lediglich noch, welche Bedeutung Modelle im generellen somit in diesem Kontext spielen. Die Konstruktion von Modellen unterliegt meist einer Vereinfachung und idealisierten Vorstellung. Denn praktisch ist z.B. weder allein das medizinische noch das soziale Modell anzuwenden.
    Ich beziehe mich exemplarisch auf die Graphik von UAA (1). Vielen schulischen Kontexten fehlen schlichtweg noch die nötigen Ressourcen, um eine umgreifende Selbstbestimmung für Personen mit Beeinträchtigung möglich zu machen. Gleichzeitig kann das soziale Modell durch das Phänomen des „Etikettierungs-Ressourcen-Dilemmas“ oftmals lediglich zu einer einseitigen Förderung des schulischen Kontextes führen. Es gilt auch die Alltagsbereiche außerhalb der Schule zu beachten. Wenn diese nicht auch kurzfristig und flächendeckend nach dem sozialen Modell angepasst werden, ist eine ganzheitliche Gleichstellung und Selbstbestimmung nicht möglich. So ist es dennoch notwendig, Personen medizinisch so weit zu unterstützen, dass Nachteile ausgeglichen werden können.
    Beachtet man, dass 80% aller Personen mit Beeinträchtigungen in Entwicklungsländern leben(2) , gilt es die Realisierbarkeit der Modelle zu überprüfen. Ideale Konzepte müssen realistisch umgesetzt werden können und Wege zu fehlenden Ressourcen müssten auch in nicht Industrieländern gestellt werden.
    Des Weiteren gilt es zu berücksichtigen, beide Modelle setzten sich die Gleichberechtigung und Selbstbestimmung zum Ziel, aber nicht die Prävention! Nach Franziska Schmidt beruhen die hohen Zahlen an beeinträchtigen Personen in Entwicklungsländern auf sozio-ökonomischen Ursachen. Ich zitiere:

    „Es überwiegen Schädigungen aufgrund von Infektionskrankheiten, die bei entsprechender Prophylaxe vermieden oder bei angemessener Behandlung zumindest gemildert werden könnten“ (3)

    Um zur Selbstbestimmung und zum Wohlstand aller in einer heterogenen Gesellschaft beitragen zu können, gilt es alle Bereiche zu beachten und realistisch zu fördern. Im Geschichts-/ oder Politikunterricht könne auf solche Situation eingegangen werden um aufzuklären. Es ist auch deshalb so wichtig inklusive Schulung zu betreiben, dass die Kinder folglich sich in einem inklusiven schulischen Kontext wiederfinden, welcher von den Lehrkräften angestrebt wird. Dies geht Hand in Hand mit einer Anpassung des Schulsystems an individuelle Bedürfnisse und jeglicher Unterstützung. Es wird automatisch ein Bewusstsein für die, sei es durch Migration und Zuzug oder körperlicher Beeinträchtigungen geprägte, heterogene Zusammensetzung der Schulgemeinschaft geschaffen.

    1) http:/www.uaa.alaska.edu/accessibility/topic/architecture.cfm. (01.05.2023)
    2) https:/www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Gesundheit/Behinderte-Menschen/Tabellen/geschlecht-behinderung.html#fussnote-1- 119014 (01.05.2023)
    3) Schmidt, Franziska: Behinderung und Dritte Welt. Ursachen und Formen von Krankheit und Behinderung im Kontext sozio-ökonomischer und sozialer Strukturen am Beispiel Kenias, S.12, online: https:/www.audimax.de/fileadmin/hausarbeiten/sozialwissenschaft/Hausarbeit_Sozialwissenschaft_Soziologie_Behinderung_und_Dritte_Welt_ahx1974.pdf (01.05.2023).

    Kommentar by Kyra — 1. Mai 2023 @ 14:22

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