Posted on Mai 11, 2018
Mehrsprachigkeit und Deutschunterricht
Als Seiteneinsteiger werden neu zugewanderte Kinder und Jugendliche genannt, welche die Schullaufbahn nicht in Deutschland begonnen haben und demnach sechs Jahre alt oder älter sind.
Diese Schüler müssen erst alphabetisiert werden. In den Vorkursen sind Schülerinnen und Schüler, mit verschiedenen Herkunftsländern und Altersklassen in einem Kurs und somit unterscheiden sich auch die Leistungen der Schülerinnen und Schüler.
Die SuS werden nach und nach in den Regelunterricht integriert und besuchen den RU zunächst nur in Fächern, in denen Deutschkenntnisse nicht vorrangig sind (z.B der Sportunterricht). Den Deutschunterricht besuchen sie erst noch in den Vorkursen.
In meinem Abiturjahrgang gab es eine Schülerin, welche erst seit vier Jahren in Deutschland lebte. Ich habe sie zwar erst im Regelunterricht kennengelernt, doch sie erzählt, dass sie erst im Regelunterricht die größten sprachlichen Erfolge erzielte, da sie im ständigen Kontakt und Austausch mit deutschsprachigen SuS war und kaum eine Möglichkeit hatte, sich anders mit ihnen zu verständigen als mit der deutschen Sprache. In den Kursen zuvor hat sie sich stets bemüht, doch keine so großen Erfolge erzielt wie im Regelunterricht.
Ich kann mir vorstellen, dass es für die Lehrkräfte der Vorkurse sehr schwer ist, den verschiedenen Anforderungen gerecht zu werden. Aufgrund der verschiedenen Herkünfte, Vorkenntnissen, Leistungen etc. muss man für jede/n Schüler/in unterschiedliche Lerninhalte und eine unterschiedliche Unterrichtsgestaltung vorbereiten.
Ich habe meinen ehemaligen Deutschlehrer zu seinen Erfahrungen mit der Lesekompetenzentwicklung von zugewanderten SuS befragt. Er erzählte mir, dass er im achten und neunten Jahrgang Schüler/innen hatte, welche aus Vorkursen kamen. Die Lesekompetenzen dieser Schüler/innen reichten kaum aus, um selbstständig am Unterricht teilnehmen zu können. Nur mit Wörterbüchern in ihrer Muttersprache, haben sie sich Inhalte grob erschließen können. In den zwei Jahren, in denen mein ehemaliger Lehrer sie begleitete, haben sie Fortschritte gemacht, allerdings keine besonders großen.
Wie die wissenschaftlichen Erkenntnisse aus der Ringvorlesung zeigten, unterschieden sich die Lesekompetenzen einzelner Schüler/innen deutlich, obwohl sie in dem selben Vorkurs waren und die selbe Aufgabe gestellt bekamen. Auch in meinen Beispielen, sieht man deutliche Unterschiede: Die Klassenkameradin, welche im Regelunterricht deutliche Fortschritte machte und die Erfahrung des Lehrers, welcher leider keine großen Erfolge mitbekam. Ich freue mich darauf, im Praktikum Erfahrungen zu dem Thema zu machen und Erfahrungen anderer Lehrkräfte zu hören.
Hallo Celine,
deine Beobachtungen finde ich äußerst anschaulich und ein gutes Beispiel von Banduras Lerntheorie „Lernen am Modell“ (1). Jeder von uns musste ebenfalls einmal laufen und Sprechen lernen, dabei in der Regel nur die Muttersprache, trotzdem ist niemanden ein Buch oder gar ein Vorkurs vorgesetzt worden in dem wir sprechen lernten oder uns jemand sagte, wie wir richtig Laufen, damit Gelenke geschont und Muskeln voll genutzt werden. Alle diese Vorgänge passierten ganz von alleine und immer mit der Zeit und steigendem Alter sind die Fähig- und Fertigkeiten erweitert und optimiert worden, indem wir von Vorbildern gelernt haben und uns das ein oder andere abgeguckt haben.
In jeder Altersstufe und an den möglichsten Arbeitsbereichen wird mit dieser Theorie gearbeitet meistens eher unbewusst. Z.B. auf dem ersten Arbeitstag wird man herum geführt und man lernt vom einer Person die nötigen Handgriffe oder wie wir alle an der Uni, in der O-Woche ist uns alles gezeigt worden und nötige Gadgets in die Hand gegeben. Also warum muss es einen Vorkurs gegeben wenn man am Modell besser lernt? Um einen Sprache zu erlernen und zu verstehen muss man sie Hören und Sprechen und jeder der schon mal einen Schüleraustausch gemacht hat, der weiß man lernt viel durch Praxis.
Selbstverständlich wird der Regelunterricht am Anfang schwer sein, aber auch die sozialen Kontakte sind notwendig für den lernenden, denn im Normalfall sind diese, die Modelle, an denen gelernt wird.
(1) https://de.wikipedia.org/wiki/Sozialkognitive_Lerntheorie