Rv10 – Mehrsprachigkeit an Schulen

1.An Ihrer Schule gibt es eine – wie üblich sehr heterogen besetzte – Vorklasse, in welcher sogenannte Seiteneinsteiger*innen Deutsch lernen und auf die Teilnahme am Regelunterricht vorbereitet werden. Für einige wird nun der Übergang diskutiert. Ein Großteil der Lehrkräfte plädiert – mit Verweis auf die noch nicht vollständig ausreichenden (bildungssprachlichen) Deutschkenntnisse – sie an eine Realschule zu überweisen, obwohl die Schüler*innen hinsichtlich ihrer Lernfähigkeit und ihrer Vorbildung eigentlich die Voraussetzungen für das Gymnasium mitbringen und gerne an der Schule bleiben würden. Nehmen Sie auf Basis der Vorlesung Stellung dazu

Das psychische Innenleben von SchülerInnen trägt zu einem großen Maße zur seelisch, emotionalen Entwicklung und der daraus resultierenden Selbstwahrnehmung bei. Damit künftig entschlossene Berufstätige einen Platz in der Gesellschaft einnehmen und diese auch fördern, sollte man SchülerInnen, trotz vorherrschenden Defiziten nicht die Chancen verwehren, ihr eigentliches Potenzial zu entfalten. Warum also sollte man qualifizierten SchülerInnen den Besuch auf einem Gymnasium verwehren?

Vielmehr sollte man die Individualität der SchülerInnen in Betracht ziehen und ihre Stärken fördern. Nicht in allen Fächern stehen die Deutschkenntnisse an erster Stelle. In Fächern wie Mathematik, Englisch, Kunst, Darstellendes Spiel sowie auch in Sport, können gute Noten, ohne einwandfreie Deutschkenntnisse, erworben werden. Die sogenannten SeiteneinsteigerInnen sind sich bewusst, dass deren Voraussetzungen nicht mit denen der SchülerInnen, die Deutsch als Muttersprache haben übereinstimmen. Vielmehr sollte Empathie gegenüber ihnen empfunden werden. Durch Zwang und Ekpathie ist meiner Meinung nach heute keiner weder glücklich noch erfolgreich geworden. Vielmehr sollten schul-interne Deutsch-Förderkurse eingeführt werden, die den SeiteneinsteigerInnen dazu verhelfen sollten, den alltäglichen Anforderungen des gymnasialen Niveaus gerecht zu werden. Ob SchülerInnen befähigt sind, ein Gymnasium zu besuchen, sollte nicht primär von ihren Kenntnissen der deutschen Sprache abhängig gemacht werden.

Welche Erfahrungen mit Mehrsprachigkeit – in der hier verstandenen breiten Sicht – in Schule und Unterricht (selbst als Schüler*in und(oder Praxiserfahrungen) haben Sie bislang gemacht? Diskutieren Sie die Erfahrungen vor dem Hintergrund dieser Vorlesung.

Da ich selber einen Migrationshintergrund habe und auch mehrsprachig aufgewachsen bin, war mir schon im frühen Kindesalter bewusst, dass es unterschwellige Differenzen zwischen SchülerInnen mit Deutsch als Muttersprache und SchülerInnen mit Deutsch als Zweitsprache bzw. Fremdsprache gibt. Unterschwellig, weil viele SchülerInnen ihre Identität in Frage stellten bzw. immer noch stellen. Auf diese Auseinandersetzung im Unterbewusstsein sollte vonseiten der Schule Rücksicht genommen werden. Während Kinder und Jugendliche in heterogenen Klassen ihren Alltag durchleben und auch freizeitübergreifende heterogene Freundschaften schließen, zerfallen diese Freundschaften mit zunehmenden Alter. Grund hierfür ist meiner Meinung nach auch die Identitätsfrage, die schon mit der Differenzierung in der Schule beginnt. Es sollte ein nachhaltiges „Wir-Gefühl“ geschaffen werden, welches nur durch Empathie gewonnen werden kann.

Was möchten Sie nach dem Besuch dieser Vorlesung bei Ihrer zukünftigen Unterrichtsgestaltung beachten? Welches Wissen und welche Fähigkeiten fehlen Ihnen dafür noch?

Wir alle sind unterschiedlich. Nicht nur bezüglich der vorherrschenden Heterogenität in den Klassen oder der Gesellschaft in Bezug auf die Herkunft, sondern auch in unserem Denken, Fühlen und Wahrnehmen. Auch wenn es primär darum geht, gewissen Unterrichtsstoff zu vermitteln, werde ich versuchen eine begrenzte emotionale Bindung zu meinen SchülerInnen aufzubauen. Durch diese Methode sollen sich alle SchülerInnen akzeptiert und wohlfühlen. Jedoch müsste ich diese erstmal erlernen, damit mir der Blick aus der professionell- theoretischen Brille auch gelingt. Alle SchülerInnen sollen sollen individuell betrachtet werden. Wichtig dabei ist, dass SchülerInnen, auch die Hilfe angeboten wird, die sie brauchen. Wie man diese Hilfe anbietet und in die Realität umsetzt sollte von einem empathischen Verhalten ausgehen, und das Innenleben der SchülerInnen berücksichtigen. Die Kinder formen die Zukunft. Alle Kinder, egal ob leistungsschwach oder -stark.

Wie muss Schule unserer mehrsprachigen Gesellschaft gestaltet sein. Welche Rahmenbedingungen müssen gegeben sein, damit Sie die Mehrsprachigkeit ihrer Schüler*innen einbeziehen und einen registersensiblen Fachunterricht gestalten können?

Meiner Meinung nach muss die Schule Rücksicht auf die Sprachentwicklung der „SeiteneinsteigerInnen“ oder der SchülerInnen mit Deutsch als Zweitsprache nehmen. Es ist immer einfacher Erschwerungen aus dem Weg zu gehen. Lieber sollte man überlegen, wie man die Sprachkenntnisse der SchülerInnen entwickeln und optimieren kann. Die Mehrsprachigkeit sollte toleriert und als etwas Gutes gesehen werden. Anders sein bzw. nicht der Norm entsprechen heißt nicht weniger gut zu sein. Akzeptanz und Förderung sind wichtige Schlagwörter, die in jeder Schule ihren Platz einnehmen sollten.

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