Beobachtungsaufgabe

(Prüfungsleistung Jan Golczewski)

Ich habe meine Beobachtung aus einem Sitz in einem fahrenden Regional Express Richtung Hamburg vorgenommen. Es war eine spontane Entscheidung, weil es am Montag viel geregnet hat und es auch sehr kalt war. Gute Gründe sich auf einen warmen Sitzplatz, in einem sich bewegen Waggon zu sitzen. Der Zug fuhr um 13:33 ab. Ich stieg in den nächst besten Waggon ein und wie die meisten Passagiere, wählte ich einen Sitzplatz mit der geringsten Infektionsgefahr und dem meisten Komfort. Es war ein Doppelstockwagen und ich saß in der unteren Ebene. Ich habe mich für einen „Vierer“ entschieden der in der Mitte des Waggons situiert war. Dieser Luxus war mir geboten, weil nur vier andere Menschen, verteilt mit mir in Waggon Nummer 3 saßen. Ich war der einzige ohne Gepäck. Nachdem ich mich hingesetzt habe, durchquert ein Mann mit einer Pelzmütze und einem Mundschutz auch aus Pelz den Waggon. Er zieht die Maske währenddessen genervt über seine Nase. Anders als in einer Straßenbahn, ist es schwer über die, in diesem Falle gelb blau gemusterten Sitze, hinwegzusehen. Weswegen ich bei meiner Beobachtung größtenteils auf meine auditive Wahrnehmung beschränkt bin. Meine Nachbarn und den Ausblick aus dem Fenster kann ich visuell beobachten. Der Geruchsinn fällt weg, weil man eine Mund-Nasen-Schutzmaske tragen muss. Ein Mann mittleren alters, der sich auf dem Vierer neben mir ausgebreitet hat, trägt seine Maske unter seiner Nase und schaut auf sein Smartphone, welches mit seinen Muschelkopfhörern verbunden ist. Von dem oberen Deck hört man Kinderlaute. 13:40 der Zug nimmt Geschwindigkeit auf. Am hinteren Ende des Waggons hört man eine Frau, die laut über Lebensmittel telefoniert. Sie lacht laut. ,, Ein Supermarkt ist kein Abenteuerladen“ sagt sie. Die Kontrolleurin macht ihren Durchgang in Waggon Nummer 3. Sie weist meinen Nachbar darauf hin seine Maske richtig zu tragen. Nach einer mürrischen Bejahung, zieht er seine Maske über seine Nase.Wir fahren an einem Ponyhof vorbei. Der Himmel ist Grau und es liegt ein kalter Dunst in der Luft. Wir fahren an weiteren Feldern vorbei. Im Mülleimer meines „Vierers“ liegen die Reste eines Apfels, eine verbliebene Spur eines anderen Menschen. Der Satz „Nächster Halt (Pause) Rotenburg“ ertönt nach einer melodischen Einleitung aus den Lautsprechern. Es war eine weibliche Stimme. Während der Zug hält, wünscht ein Zugbegleiter einen angenehmen Tag für alle aussteigenden Personen und eine angenehme Weiterfahrt für alle restlichen Personen. Anschließend sagt er monoton mit vielen Seufzer auf, dass alle auf ihre Gepäckstücke achten sollen. Der Zug rollt weiter. Nach mit Graffiti besprühten Lärmschutzwänden, erblickt man draußen wieder nur Felder, Schienen und Wälder. Mir fällt auf, dass jedes Sitzpaar einen Kleiderhaken auf der Fensterseite aufweist. Mein Nachbar nutzt diesen, um seine rote Winterjacke aufzuhängen. Man hat auch die Möglichkeit einen Arm auf die hölzerne Armliege, die immer außen am Sitz vorzufinden ist, zu legen. „Nächster Halt (Pause) Torstet“. Diesmal gibt es kein auf Wiedersehen von einem der Zugbegleiter. Es steigen Menschen hinzu. Wegen der Kälte tragen die meisten eine Kopfbedeckung. Viele Menschen wirken ermüdet. Ich sehe den Dutt einer Frau über die Sitzlehnen hinausragen. Es zischt und quietscht. Der Zug fährt weiter. Mein Nachbar könnte mein Spiegelbild sein. Er sitzt auch in der Ecke des „Vierers“, schlägt seine Beine übereinander und schaut auf sein Smartphone. „Nächster Halt (Pause) Buchholz“. Man merkt, dass wir uns Hamburg nähren. Es steigen mehr Personen in den Zug ein, als in den ersten Stationen. Wieder wird mir eine angenehme Weiterfahrt gewünscht. Eine junge Frau mit schwarzen Haaren läuft durch den Gang und fragt sich: „Warum ist alles so leer ?“. Auf ihrem Weg zurück erkenne ich, dass sie die Maske unter ihrem Kinn trägt und Kaugummi kaut. „Sehr verehrte Fahrgäste in kürze erreichen wir Hamburg Harburg“. Es wird den Aussteigenden ein schöner Tag gewünscht und es werden auch die weiteren Zuganschlüsse weitergegeben. Zwei neu zugestiegene Männer führen hinter mir einen Dialog. Sie klingen erschöpft. Der eine Mann spricht Deutsch mit einem ausländischen Akzent. Er stöhnt und sagt:„Ich hasse …“. „Sie ist 84 geboren, schießt sich langsam ab“ sagt sein Freund ohne Akzent. Ein Handy klingelt für eine kurze Zeit. Jemand niest. Die Umgebung wird urbaner, wir sind fast da. „30 Jahre habe ich gearbeitet“ sagt der Mann ohne Akzent. Der Satz „In kürze erreichen wir Hamburg Hauptbahnhof“ ertönt aus den Lautsprechern. „Ihre Anschlüsse“. „ICE nach Prag“ …. Die meisten stehen von ihren Sitzen auf, bevor der Zug auf Gleis 13 hält. Wir steigen alle aus.

Weil ich mich für den Kontrast interessiere, habe ich die Rückfahrt in meine Beobachtung mit einbezogen. Der gewählte Zug fuhr um 16:15 ab. Anders als bei der Hinfahrt ist der Zug von beginn an voll. Trotzdem wird sich kein Sitzplatz geteilt. Jeder scannt den Bereich und wählt den besten und sichersten Platz für sich aus, sowie bei einer öffentlichen Toilette. Mann erkennt, dass es Menschen sind, die öfter, oder jeden Tag mit der Linie fahren, weil sie die Zeit „Sinnwoll“ nutzen. Es sind alte und junge Menschen. Meine Nachbarin hat eine Art Notizbuch oder sogar ein Tagebuch herausgeholt und schreibt schon fleißig hinein. Ein junger Mann trägt Muschelkopfhörer und macht was auf seinem Smartphone mit einem Touchpen. Es knistert, weil jemand etwas isst. Hinter mir telefoniert jemand mit einem engen Vertrauten. Die Stimmung ist ruhig, die Menschen wirken ruhig und gelassen. Feierabend ! Man spürt, dass sich die meisten sich darauf freuen bald zu Hause zu sein. Viele nutzen die oben genannten Kleiderhaken. In meinem Mülleimer ist diesmal eine leere Schokoladenverpackung. Draußen wird es dunkel. Man erkennt nur noch Lichter und Silhouetten. Die Passagiere weisen mehr Gemeinsamkeiten auf, als bei der Hinfahrt. Dies wird nochmal Deutlich als sich der Zug verspätet. Die Passagiere zeigen eine leichte Solidarität zueinander. Sie teilen die gleiche Gefühlslage. Obwohl sich die tangierenden Menschen auf einer Fahrt von einer 1 Stunde und 15 Minuten in einem Zug bündeln, herrscht ein große Anonymität, in dieser sich bewegenden Räumlichkeit.

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