Gesellschaftlicher Zusammenhalt


Die „Big little heroes“ sorgen mit ihrem Engagement für ein Stück mehr Zusammenhalt in der Gesellschaft, doch was ist überhaupt „gesellschaftlicher Zusammenhalt“?

Nach Patzelt scheint ein gewisses Maß an gesellschaftlichen Zusammenhalt und an verlässlicher wechselseitiger Solidarität („Gemeinsinn“) die zentrale Voraussetzung für das Fehlen gewalttätiger Konflikte zu sein (vgl. Patzelt 2020: 11).

„Erst deren Absenz ermöglicht dann eine politische Ordnung, in deren Rahmen Rechts- und Sozialstaatlichkeit, Gewaltenteilung, Pluralismus und Demokratie praktiziert werden können. Genau diese freiheitssichernden Möglichkeiten machen gesellschaftlichen Zusammenhalt nicht nur funktional wünschenswert, sondern auch normativ erstrebenswert“ (Patzelt 2020: 15).

Gleichzeitig schränkt er aber ein, dass man die Erwartungen an gesellschaftlichen Zusammenhalt nicht zu hoch ansetzen solle.

Ressourcen gesellschaftlichen Zusammenhalts sind für Patzelt Erfolg, guter Wille, praktizierter Pluralismus, Demokratie sowie Leit- und Rahmenkultur

Das Konzept der Bertelsmann-Stiftung beschreibt gesellschaftlichen Zusammenhalt als eine Zusammensetzung aus der Qualität sozialer Beziehungen, dem Grad der regionalen Verbundenheit und der Orientierung am Gemeinwohl. „Gesellschaftlicher Zusammenhalt kann also nicht als Tatsache oder als ein erreichbares Ziel gesehen werden, sondern stellt einen stetigen politisch-sozialen Prozess dar, der von sozialen, wertebezogenen und lebensweltlichen Einstellungen und Verhaltensweisen getragen wird“ (Follmer et al. 2021: 16).

Gesellschaftlicher/Sozialer Zusammenhalt hat nach Follmer et al. neun verschiedene Dimensionen, die sich zu drei Bereichen gruppieren:

  1. Soziale Beziehungen
    • Die Menschen haben starke und belastbare soziale Netze
    • Die Menschen haben großes Vertrauen in ihre Mitmenschen
    • Die Menschen akzeptieren Personen mit anderen Wertvorstellungen und Lebensweisen als gleichberechtigten Teil der Gesellschaft
  2. Verbundenheit mit dem Gemeinwesen
    • Die Menschen fühlen sich mit ihrem Gemeinwesen stark verbunden und identifizieren sich mit ihm
    • Die Menschen haben großes Vertrauen in gesellschaftliche und politische Institutionen.
    • Die Menschen sehen die Verteilung der Güter in der Gesellschaft als gerecht an und fühlen sich gerecht behandelt.
  3. Gemeinwohlorientierung
    • Die Menschen fühlen sich verantwortlich für ihre Mitmenschen und helfen ihnen
    • Die Menschen halten sich an grundlegende soziale Regeln
    • Die Menschen nehmen am gesellschaftlichen und politischen Leben teil und beteiligen sich an öffentlichen Debatten“ (Follmer et al. 2021: 17).

Die „Big little heroes“ tauchen im Punkt 3 Gemeinwohlorientierung auf, weil sie sich verantwortlich fühlen für ihre Mitmenschen und sich engagieren.

Auch bei Pierre Bourdieu geht es um Gemeinwohlorientierung, was für ihn das so genannte soziale Kapital ist.

 

Patzelt Werner (2020): Gesellschaftlichen Zusammenhalt gestalten, Wiesbaden, Springer Verlag

Follmer Robert, Brand Thorsten, Unzicker Kai (2021): Gesellschaftlicher Zusammenhalt in Deutschland 2020, Gütersloh, Bertelsmann-Stiftung