RV10: Heterogenität und Inklusion im Deutschunterricht der Sekundarstufen


  1. Greiner (2019) formuliert verschiedene Dilemmata, die mit der Forderung nach Inklusion an den Schulen verbunden sind. Nehmen Sie zu dreien Ihrer Wahl Stellung.

 

Individualförderung-statt-Unterricht-Dilemma: Dieses Dilemma beschreibt den Zustand des inklusiven Unterrichtes, in welchem individuelle Förderung beinhaltet werden soll, tatsächlich so gestaltet wird, dass sämtliche Schüler*innen angepasste Aufgaben für ihr Leistungsniveaus erhalten. Dadurch wird jedoch die Idee des inklusiven Unterrichts verworfen, da die Schüler*innen durch die Unterschiedlichen Aufgaben nicht mehr zusammenarbeiten können, was zur Folge hat, dass die Idee des „kollektiven“ Unterricht nicht mehr umgesetzt werden kann.

 

Das Als-ob-Dilemma, hier sollen Leistungsschwächere Schüler*innen durch Aufgaben, die ihrem Lernniveau angepasst wurden, motiviert werden „bessere“ Leistungen zu erbringen. Die Wertschätzung und das Miteinbinden der Schüler die „schwächer“ als der Klassendurchschnitt sind erfolgt oftmals nicht so wie diese Schüler*innen es benötigen. Die Erbrachten Leistungen der Schüler*innen werden vom Klassenverband jedoch oft nicht ernstgenommen, oftmals heißt es „die Aufgaben war ja auch leichter gemacht“ durch diese nicht Wertschätzung wird die Motivation in den meisten Fällen wieder geschmälert. Würde die Lehrkraft nun darauf achten, dass jeder Beitrag auf die gleiche weise wertgeschätzt wird, könnte man dieser Demotivation entgegenwirken.

 

Das Autonomiedilemma geht darauf ein, dass leistungsstärkere Schüler*innen mehr Förderung erhalten als Leistungsschwächere. Dieses Dilemma geht darauf, dass die Jähnigen im Bildungssystem bevorzugt, werden die es ohne hin schon leichter haben – die Jähnigen die bereits Schwierigkeiten haben werden nur noch stärker benachteiligt.  In diesem Zusammenhang kommt mir die Integration der Schüler*innen mit Migrationshintergrund und die doppelte Benachteiligung in den Sinn.

 

2.a
Die Vermittlung und Reflexion der deutschen Sprache ist nicht nur Aufgabe des Deutschunterrichts, sondern auch fächerübergreifendes Unterrichtsprinzip. Wo sehen Sie in Ihrem (ggf. zweiten) Fach Möglichkeiten, um Vielsprachigkeit als Ressource zu nutzen

In meinen Fächern bieten sich viele Möglichkeiten die deutsche Sprache sowohl zu reflektieren als auch zu vermitteln. Die Möglichkeit Quellen in ihrer Originalsprache zu lesen könnte eine gute Option sein, um das Thema Vielsprachigkeit einzubauen. Außerdem könnte man Sprachen die Schüler*innen innerhalb des Klassenraumes sprechen nutzen, um Wörter aus einer Sprache mit einer anderen zu vergleichen oder um die Herkunft verschiedener Begriffe herauszufinden. Dadurch könnte „Die Vielfalt der Sprachen wurde auf diese Weise nicht als Barriere, sondern als Mehrwert für den Unterricht gesehen.“ (Julia Wlasak, Petra Wlasak, 2018, S.57).

Für den Sprachunterricht ist meiner Meinung nach, für alle Beteiligten sehr erstrebenswert, zu lernende Vokabeln in, in der Klasse vorhandenen Muttersprachen, der SchülerInnen zu übersetzen (Vgl. Handbuch Mehrsprachigkeit und Bildung).

 

2b) gendersensibel Unterrichtsgegenstände auszuwählen und Aufgaben zu konstruieren. (ACHTUNG! Ein * genügt dafür nicht!) 

 

Die Gestaltung eines gendersensiblen Unterrichts ist, obwohl wir im 21. Jahrhundert sind, manchmal nicht leicht. Der Lehrplan sieht oftmals vor, dass bspw. Bücher im Deutschunterricht gelesen werden, die aus einem anderen Jahrhundert stammen. Hier werden völlig falsche Werte (teilweise) vermittelt über Sexualität, Stereotypen oder Männlichkeit/Weiblichkeit. Nicht nur was gelesen wird, sondern auch die Personen in Lehrbüchern teilweise dargestellt werden kann ein falsches Bild bei Schüler*innen erzeugen bspw. muss eine Abbildung einer Familie nicht immer aus einem Mann, einer Frau und einem Kind bestehen – denkbar wären auch zwei Männer.

Eine besonders wichtige Rolle spielt der Biologie Unterricht für mich in diesem Zusammenhang – denn hier wird immer klassisch von einer Frau und einem Mann ausgegangen- andere Geschlechter oder sexuelle Ausrichtungen werden hierbei oft völlig außer Acht gelassen. Das Thema Sexualität und Identität in diesem Zusammenhang zu behandeln sollte für mich in den klassischen Biologie Unterricht mit aufgenommen werden.

 

 

Literaturverzeichnis:

Wlasak Julia; Wlasak Petra: Praktische Umsetzung von gendersensibler Bildung für nachhaltige Entwicklung im GW-Unterricht am Beispiel „Nachhaltiger Konsum“, 2018.

 

Gogolin,Ingrid; Hansen,Antje; McMonagle,Sarah; Rauch,Dominique; 2020 “Handbuch Mehrsprachigkeit und Bildung”


Eine Antwort zu “RV10: Heterogenität und Inklusion im Deutschunterricht der Sekundarstufen”

  1. Zu 1: Du hast die Spannung zwischen Inklusion und Separation, die beim Individualförderung-statt-Unterricht-Dilemma angesprochen wird, gut widergegeben.
    Auch bei deiner Beschreibung des Als-Ob-Dilemmas kann ich dir dabei zustimmen, dass die Diskrepanz zwischen vertikaler, also „im Vergleich zu früheren Texten desselben Schülers“ (Abraham 2005, S. 11), und horizontaler, also „in Relation zum Klassensatz“ stehender (ebd.), Bewertung oft problematisch, auch für die Selbstwahrnehmung der Schüler*innen, sein kann.
    Zum Autonomiedilemma ist noch zu ergänzen, dass die vorhandene Leistungsdifferenz deshalb bestehen bleibt, weil die angestrebte Lernautonomie nur dann erreicht werden kann, wenn die dafür nötige Selbstregulationsfähigkeit bereits besteht.

    Zu 2a: Ich stimme Dir darin zu, dass die Vielsprachigkeit im Klassenraum in den Unterricht einbezogen werden sollte, indem man zum Beispiel bestimmte zu lernende Wörter und Vokabeln von anderen, aus anderen Sprachen stammenden Wörtern ableitet. Zwar studiere ich keine Fremdsprache, doch auch bei terminologischen Bezeichnungen, beispielsweise stilistischen Mitteln im Deutschunterricht oder meist aus dem Italienischen stammende Bezeichnungen für Tempo, Dynamik oder Artikulation im Musikunterricht, kann ein solcher Bezug zu anderen Sprachen sinnvoll sein.
    Allerdings sollte berücksichtigt werden, dass dieser Ansatz nur bedingt sinnvoll ist, da Schüler*innen, die zu entsprechenden Sprachen keinen Bezug haben, womöglich keinen Vorteil davon haben. Außerdem ist es der Lehrkraft auch nicht immer möglich, alle betreffenden Sprachen in angemessener Intensität zu beherrschen.

    Zu 2b: Du schilderst in deiner Antwort viele Problematiken, die im Umgang mit großen Teilen der Literatur, die im Deutschunterricht gelesen wird, zu berücksichtigen ist. Ich stimme dir darin zu, dass etwa Rollenbilder, Sexualität oder Antisemitismus in dieser Literatur nicht einfach so stehengelassen werden darf. Dazu ist es unbedingt notwendig, diese Themen auch im Deutschunterricht aufzugreifen, sich differenziert damit auseinanderzusetzen und sie über die Einordnung ihrer möglichen Bedeutung für das konkrete literarische Werk hinaus als Anlass zur Diskussion über ihre heutige Bedeutung zu nutzen.
    Auch was deine Kritik am Biologieunterricht betrifft, kann ich deine Forderung nach einer größeren Ausrichtung auf Diversität unterstützen. Insbesondere sollten nicht mehr nur die körperlichen Geschlechtsmerkmale von Männern und Frauen, sondern vielmehr auch die drei Ebenen „Körper, Identität und Ausdruck“ (Debus 2018, S. 15) und die Vielfalt sexueller Identitäten im Unterricht gelehrt werden.

    Literatur:
    Abraham, Ulf (2005): Poetisches Schreiben bewerten. Sich über Textqualitäten verständigen. In: Praxis Deutsch. Zeitschrift für den Deutschunterricht. Hrsg. von ebd. Bd. 93. S. 6-15.
    Debus, Katharina. Laumann, Vivien (2018): Pädagogik geschlechtlicher, armouröser und sexueller Vielfalt. Zwischen Sensibilisierung und Empowerment. Berlin: Dissens.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert