Blogbeitrag zur zweiten Vorlesung „(Welt-)Gesellschaftliche Veränderungen, Migration und die Reaktion von Schule – ein Blick auf schulpolitische Hintergründe, Strukturen und Konzepte“


1a. Benennen Sie die Kernaussagen der Grafik auf Folie 17, 1b. Welche Hinweise gibt die Grafik zum Zusammenhang zwischen Migrationshinweis, Neu-Zuwanderung und Bildungsbenachteiligung?

Die Grafik auf Folie 16: Abbildung 6: Schulentlassene nach Abschlüssen in der Stadtgemeine Bremen 2018 zeigten einen deutlichen Unterschied in den Bildungsabschlüssen von Personen mit keinem Migrationshintergrund, mit Migrationshintergrund ohne Vorkurs oder Vorkurs vor 2014 sowie Personen mit Migrationshintergrund ab 2014.

Besonders offensichtlich ist, dass Personen ohne einen Migrationshintergrund den größten Teil der Abiturienten ausmachen (49%) und nur wenige von ihnen die Schule ohne Ausbildung (5%) oder mit der Einfachen Berufsbildungsreife (5%) abschließen. Schüler mit Migrationshintergrund die keinen Vorkurs besuchten oder vor 2014 an einem teilnahmen machen „lediglich“ 27% der Abiturienten aus und 40% der Schüler und Schülerinnen, die mit dem MSA die Schule verlassen. Außerdem liegt der Anteil die Schule ganz ohne Abschluss zu verlassen bei 9%. Schüler*innen, die eine Vorkurs ab 2014 besucht haben, schneiden in der Grafik am schlechtesten ab, sie bilden 2% der Personen, die die Schule mit Abitur verlassen und 36% der Personen, die die Schule ganz ohne Abschluss verlassen.

Eine Kernaussage der Grafik könnte sein, dass Personen mit Migrationshintergrund eine schlechtere Chance auf den höchsten Abschluss (Abitur) oder überhaupt einem Abschluss haben im deutschen Bildungssystem haben.

 

  1. Erklären Sie mit Bezug auf konkrete Inhalte der Präsentation (zwei wiss. Quellen berücksichtigen und zitieren!), inwiefern Migration die Routinen des nationalstaatlich verfassten Schulsystems in Deutschland herausfordert.

 

Da Heterogenität im Schulsystem bereits für Herausforderungen sorgt, wird dieses „Problem“ durch die Migration von Personen aus anderen Ländern weltweit verstärkt. Das klassische Schulsystem, welches versucht möglichst homogen zu sein durch Einteilung in bestimmte Klassen nach Alter oder einem Curriculum, nach welchem alle Schüler gleich unterrichtet werden sollen, wird durch das Thema Migration durchbrochen. Das nationalstaatliche Schulsystem geht davon aus, dass jeder Schüler von Klasse eins bis zehn durchgehend zur Schule geht und somit stetig Bildung erfährt. Durch diese selbstverständliche Annahme entsteht eine große Fehleinschätzung innerhalb des Schulsystems, denn die zugewanderten Kinder können vom Bildungssystem nicht gut aufgefangen werden. Oftmals haben diese Kinder nämlich nicht das Privileg der Bildung genossen sowie es in Deutschland der Standard ist, was zu Unterschieden im Bildungsniveau führt. Geflüchtete Kinder werden vorrangig als „Flüchtlinge“ angesehen und dem entsprechend behandelt. Die Entscheidung die Kinder in Vorklassen zu schicken und sie nicht am Unterricht der Regelklassen zu beteiligen, trägt massiv zur Diskriminierung bei und erschwert diesen Schülern*innen den Bildungszugang. Daraus folgt bspw., dass sie „häufiger das Gymnasium wieder verlassen und doppelt so häufig in die Hauptschule absteigen. Auch das Risiko, auf eine Sonderschule für Lernbehinderte überwiesen zu werden, ist doppelt so hoch wie bei Deutschen“ (Zitat: bpb Rosen 2008).  Die schlechten Bildungschancen von Migrantenkinder gehen somit also nicht nur auf ihre Kompetenzdefizite zurück, sondern sind auch „zurückzuführen auf unzureichende Förderung und Diskriminierung in den Schulen“ (Zitat: bpb Rosen 2017).

  1. Inwiefern kann das folgende Beispiel (nächste Folie) als Ausdruck von ´Doing Culture´ durch Lehrer*innenhandeln im Unterricht herangezogen werden? Was ist problematisch daran? Erinnern Sie sich aus ihrer eigenen Schulzeit an ein Beispiel für ´Doing Culture´ im Lehrer*innenhandeln?

Das folgende Beispiel zeigt für mich lediglich, dass der Lehrer von Vorurteilen gegenüber einer bestimmten Ethnie ausgeht und sich nicht mit dem Ansatz „Doing Culture“ beschäftigt. Jemanden auf bestimmte Stereotypen seiner Ethnie zur reduzieren heißt für mich nicht das versucht wird durch eine Form der Interaktion Kultur herzustellen oder die Kulturen andere Personen kennenzulernen oder wertzuschätzen. Das Verhalten und die Äußerungen des Lehrers sind schlichtweg rassistisch motiviert und seine Aussage „da hätte ich aber jetzt mehr erwartet“ ist an Unhöflichkeit kaum noch zu übertreffen.

Ich selbst habe solche Situation sehr oft erleben müssen. Ich komme aus Indien und war auch immer die einzige Inderin in meinen Klassen, Stufe und manchmal sogar Schule. Es war völlig egal in welchen Kontext das Land Indien erwähnt wurde alle Blicke fielen immer und sofort auf mich. Jeder ging davon aus das ich ALLES über „mein“ Land wüsste egal ob es um Essen, Religion, Kastensystem oder geografische Daten ging. Ich schien für alle Personen immer die erst beste Ansprechquelle. Ich sollte nicht nur alles über meine Heimat wissen, ich sollte auch über alle aktuellen Themen Bescheid wissen und eine mir eine Meinung dazu gebildet haben, dies wurde von deutschen Mitschülern nicht erwartet.

 

 

Literaturverzeichnis:

Rosen, Lisa: Bundeszentrale für politische Bildung: Zur Inklusion von geflüchteten Kindern und Jugendlichen in das deutsche Schulsystem (2017) Online URL: https://www.bpb.de/themen/migration-integration/kurzdossiers/258059/zur-inklusion-von-gefluechteten-kindern-und-jugendlichen-in-das-deutsche-schulsystem/ (Stand 29.04.2022)

Geißler, Reiner: Bundeszentrale für politische Bildung: Migrantenkinder im Bildungssystem – doppelt benachteiligt (2008) Online URL: https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/30801/migrantenkinder-im-bildungssystem-doppelt-benachteiligt/ (Stand 29.04.2022)


Eine Antwort zu “Blogbeitrag zur zweiten Vorlesung „(Welt-)Gesellschaftliche Veränderungen, Migration und die Reaktion von Schule – ein Blick auf schulpolitische Hintergründe, Strukturen und Konzepte“”

  1. Soweit ich es verstehe, beinhalten die in der Grafik gezeigten Prozentsätze die Gesamtheit der Personen, die einer Gruppe angehören. So verlassen 49 % der Schüler ohne Migrationshintergrund die Schule mit Abitur, 30 % MSA, 10 % ErwBBR, 5 % EinfBBR und 5 % Ohne Abschluss. (auch wenn hier 1% fehlt)
    Es ist zu sehen, dass die Mehrzahl von Schüler*innen die einen Migrationshinweis ohne Vorkurs oder Vorkurs vor 2014 haben, mit 40% die Schule mit MSA verlassen. Die Gruppe Vorkurs ab 2014 hingegen hatten 33% der Schüler*innen einen MSA-Abschluss und 36 % verließen die Schule ohne Abschluss. Bei Schulentlassene mit Migrationshinweis ohne Vorkurs oder Vorkurs vor 2014 liegt die Zahl deutlich geringer bei 9% bei ohne Abschluss.
    Auch mit unterschiedlichen grafischen Interpretation kommen wir beide zu dem gleichen Ergebnis, dass Menschen mit Migrationshintergrund mit geringerer Wahrscheinlichkeit den höchsten Schulabschluss (Abitur) oder überhaupt einen Abschluss erreichen. Wobei es nochmal wichtig ist zwischen vor und nach 2014 zu differenzieren, da die Besucher von einem Vorkurs ab 2014 schlechtere Bildungschancen besitzen.
    Natürlich sind diese Ergebnisse auf die mangelnde Vorbereitung des Bildungssystems zurückzuführen. Ihre Antwort auf die zweite Frage ist zutreffend, und ich stimme Ihnen zu. Die Heterogenität, die im Schulsystem als Herausforderung gilt, wird durch Zuwanderung erneut erschüttert, in dem von räumliche und zeitliche Kontinuität von Bildung ausgegangen wird (Schroeder, Joachim/ Seukwa, Louis Henri 2018, S. 141). Nationale Heterogenität hat ein allgemeines Problem, das das Bildungssystem nicht bewältigen kann. Es ist nicht nur das individuelle Problem der Lehrer.
    Der Fallbeispiel zu Doing Culture zeigt das Fehlverhalten eines Lehrers. Auch Sie sprechen von ähnlichen Erfahrungen in Ihrem Schulalltag. Ich musste auch während meiner Schulzeit Kulturalisierung erfahren, in dem Kollektiv Merkmale auf meine Person projiziert wurden. Daher kann ich Sie verstehen. Fälle wie dieser sind leider nicht selten. Deshalb finde ich es wichtig und notwendig, dass solche Themen in der Lehrerbildung thematisiert werden.

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