RV12 – Prof. Dr. Christine Knipping: Mathematische Leistungsunterschiede – empirische Befunde und Konsequenzen für das mathematische Lernen

  1. Sind Unterschiede in den mathematischen Leistungen von Schülerinnen und Schülern ein Grund zur Sorge?

Die in der Vorlesung vorgestellte Pisa Studie von 2000, zeigt einen starken Leistungsunterschied bei SuS im Mathematikunterricht. Im Allgemeinen, sind Leistungsunterschiede ja nichts neues und oftmals einfach auf unterschiedliche Interessen und Kompetenzen zurückzuführen. Wenn diese starken Leistungsunterschiede allerdings der pädagogischen und didaktischen Vermittlung des Unterrichtsstoffes entspringen, ist dies nicht für die jeweiligen Problemschüler sondern für kommende Generationen ein Problem. Verdeutlicht werden kann das an meiner eigenen Mathematikausbildung. In meiner Schullaufbahn war ich selbst nie ein besonders leistungsstarker Schüler in Mathe. Dieser Leistungsunterschied wurde dann aber in der Oberstufe noch weiter bestärkt. Ab der zehnten Klasse wurde im Rahmen der zukünftigen Abiturprüfungen das Lerntempo und Niveau gesteigert. Die Mathematikprüfung selbst wurde in Grund- und Leistungsniveau angeboten und geschrieben. Diese individuellen Wahlmöglichkeiten haben sich allerdings nicht im Unterrichtet widergespiegelt. Alle Fächer wurden an meiner Schule, unabhängig vom gewählten Leistungsniveau im Abitur, in regulären gemischten Klassen unterrichtet. Dementsprechend ist es leistungsschwachen Schülern noch schwerer gefallen dem Unterricht zu folgen. Als Folge ist die Leistungsdifferenz weiter angestiegen. Was in diesem Fall vielleicht auf den Lehrermangel zurückzuführen war, muss in kommenden Generationen didaktisch besser bewältigt werden!

  1. Spielen im Mathematikunterricht, kann das angesichts von Leistungsunterschieden ein Ansatz sein? Beziehen und begründen Sie eine Position aus Lehrenden-Sicht, die auch Schülersichtweisen einbezieht.

Spielerisch Mathematik lernen ist nicht nur eine Empfehlung sondern fast ein Muss. Wenn ich an meine Grundschulzeit zurückdenke, haben wir oft mit Würfeln und Stäbchen gearbeitet um Zahlen und Mengen besser darstellen zu können, was in Hinsicht auf die abstrakten Lerninhalte des Mathematikunterrichts durchaus sinnvoll war. Auch Rechenspiele haben den Unterricht bunter gestaltet und durch Wettkampfbedingungen Schüler mehr für das Fach begeistert. Spielerische Lernmethoden sind aber nicht nur in der Grundstufe sinnvoll. Eine spielerische und anschauliche Inhaltsvermittlung kann den sonst als oftmals als langweilig empfundenen Mathematikalltag aufbrechen und eventuell sogar leistungsschwachen Schülern andere Perspektiven des Faches näherbringen. Das spielerische Lernen ist besonders vor dem Hintergrund der Inklusion wünschenswert. Hierbei können nicht nur Klassenstrukturen gestärkt, sondern auch sonst für beeinträchtigte SuS unzulängliche Inhalte anders aufbereitet werden.

  1. Formulieren Sie mindestens zwei Beobachtungsaufgaben für kommende Praktika, welche die Tiefenstruktur von Unterricht in den Blick nimmt.

Zuerst wäre es sinnvoll zu beobachten, wie die in der ersten Aufgabenstellung kritisierten Lernumstände sich verbessert haben. Werden SuS abhängig vom gewählten Prüfungsniveau in verschiedene Kurse eingeteilt und inwiefern ist der Unterricht in den verschiedenen Leistungskursen gestaltet? Im Bezug auf diese Frage ist es auch sinnvoll das in Aufgabe zwei diskutierte kreative Lernen in den unterschiedlichen Kursen zu beobachten.

  1. Benennen Sie ebenfalls zwei Herausforderungen, die Sie bei der adaptiven Planung von Unterricht erwarten.

Adaptiv planen heißt, die eigene Unterrichtsstruktur immer den kommenden Herausforderungen anzupassen. In meinen Augen wird diese Herausforderung der inklusive Unterricht sein. SuS haben ohnehin schon Probleme mit den im Mathematikunterricht vermittelten Inhalten. Die Herausforderungen, die dann wiederum eine heterogene Schülerschaft mit sich ziehen fallen in die Bereiche der Präkonzepte, des Genders, der Fachsprache und Termini sowie die Integration geflüchteter SuS.

RV10 – Bàrbara Roviró: Gernderspezifische Motivation im Fremdsprachenunterricht

  1. Reflektieren Sie in einem ersten Schritt darüber, aus welchen genderbezogenen Prämissen sich ihre schulische Sprachkarriere konstituiert und inwiefern sich diese im Verlauf der selbigen verändert haben.

Ich habe in meiner Schullaufbahn Englisch und Französisch gelernt, wobei ich abgesehen von einer Ausnahme nur von Lehrerinnen unterrichtet wurde. In Englisch fand ich es immer schwer, einen Leistungsunterschied festzustellen. Ich konnte beobachten wie Mädchen eher Stärken beim Sprechen vorweisen, während Jungs wiederum im Schreiben Interesse gezeigt haben. Nichtsdestotrotz muss man erwähnen dass die Leistungsbalance leicht zu den Mädchen tendierte. Deutlicher wurde dies allerdings im Französischunterricht. Die SuS sind gleichstark und mit gleichem Interesse ins erste Schuljahr eingestiegen. In folgenden Schuljahren ließ sich sich dann eine steilere Leistungskurve bei den Mädchen beobachten, wofür wahrscheinlich ein höheres Sprachinteresse und mehr Fleiß der Grund war. Allgemein sind die Leistungsunterschied allerdings insignifikant geblieben.

Wesentlich spannender zu beobachten war jedoch das Geschlecht der Lehrkraft. Wir haben in der zehnten Klasse unseren ersten Englischlehrer bekommen. Für mich persönlich war dass eine sehr angenehme Erfahrung. Mir gefiel die Unterrichtsstruktur, das Feedback auf Aufsätze war aufschlussreich und ausführlich und die Englischkenntnisse des Lehrers übertrafen die vorheriger Lehrkräfte. Zu einem ganz anderen Fazit sind manche Mädchen gekommen. Sie konnten die Persönlichkeit des Lehrers nicht leiden und haben dies auf seinen Unterricht projiziert. Zusätzlich kamen sie nicht mit der linearen, klaren und plastischen Unterrichtsstruktur zurecht.

  1. Benennen und erläutern Sie einen motivationstheoretischen Ansatz, der das Fremdsprachenlernen im schulischen Kontext – genderunabhängig – fördert.

Die Problematik lässt sich meiner Meinung nach nicht direkt im schulischen Kontext lösen. Das unterschiedliche Sprachinteresse ist auf Präkonzepte und vorschulische Erfahrung und Erziehung zurückzuführen. Man halte sich vor Augen, dass oftmals schon bei den Eltern ein geschlechtspezifischer Leistungsunterschied bezüglich der Sprache festzustellen ist. Ich stelle jetzt einmal in den Raum, dass Frauen besser Englisch sprechen als Männer, was unter anderem auch auf den progressiven Wandel der Geschlechterrollen zurückzuführen ist. Bei der Vorbildfunktion von Eltern sollte es also nicht verwundern wenn sich generationsübergreifende Merkmale feststellen lassen. An dieser Stelle greift der sozial-konstruktivistische Ansatz von Williams und Burden. Da unser Lernen stark vom Umfeld und Gruppenzugehörigkeit beeinflusst wird, ist es notwenig, dass SuS bereits vom Elternhaus über genderspezifische Stereotypen aufgeklärt werden, um die weitere Entwicklung von Geschlechterrollen zu vermindern.

  1. Entwerfen Sie einen Analysekatalog, um gendersensible Stereotype in Fremdsprachenlehrwerken zu ermitteln.

Schule ist kein geschlechtsneutraler Raum. Lehrmaterialien, Unterrichtsgestaltungen und Interaktionen (re-)produzieren vielfach asymmetrische Geschlechterverhältnisse und Rollenstereotype. Im Unterrichtsmaterial werden oftmals „klassische“ Szenen aus dem Alltag beschrieben und behandelt. Mädchen und Jungen, werden durch kleine Comics, Dialoge aber auch Aufgabenstellungen Attribute wie Hobbys, Interessen, Farben, Kleidung und Wünsche gendertypisch zugeordnet. In meiner gesamten Schullaufbahn, wurden in Lehrmaterialien nie Dialoge oder Charaktere, welche der LGBTQ Community angehören thematisiert, geschweige denn genderspezifische Merkmale abgebaut. Aufgabenstellungen wie: „Typisch Mädchen/ Typisch Junge: Kreise die Adjektive ein!“ gab es im Gegensatz dazu wie Sand am Meer.

RV09 – Dr. Christoph Fantini: Genderperspektiven

  1. Fokussierung des Vorlesungsthemas – Aspekte zum Spannungsfeld von Inszenierung und Zuschreibung in Bezug auf Gender(-pädagogik) in der Schule; theoriegeleitete Reflexion

Die Debatte eines geschlechtsspezifischen Unterrichts und der Konstruktion von Gender durch Inszenierung und Zuschreibung, lässt sich bis ins letzte Drittel des 18. Jahrhunderts zurückverfolgen. Die Machtbalance fällt so aus, dass Frauen als stigmatisierte Gruppe keinen Zugang zur stigmatisierenden Gruppe der Männer haben. J.G. Herders Aussage, dass das Frauenzimmer ohne Zweifel nicht in die Hörsäle und Studierstuben gehöre, verdeutlicht die ungleichen Bildungschancen. Eine positive Wendung in der Bildungspolitik, bringt der Diskurs zur Koedukation in Deutschland von 1900-1960. Der gemeinsame Unterricht soll für Bildungsgerechtigkeit sorgen und positive Lerneffekte für beide Geschlechter haben. Auf der anderen Seite wird argumentiert, dass die männliche Schule ungeeignet für Mädchen wäre und der Unterricht in homogenen Gruppen durch die Vermeidung von sexueller Überreizung für bessere Ergebnisse sorge. In den 1960er Jahren wird, aufgrund von Fachkräftemangel, schlussendlich die erhoffte Koedukation eingeführt und die Debatte um Geschlechterrollen im Schulalltag modernisiert.

Verschiedene Thesen zur Geschlechterdynamik charakterisieren „typische“ Verhaltensweisen der Geschlechter und dienen als Anlaufpunkt für Verbesserungsvorschläge und Handlungsmotive. So wird Schülern eine gewisse Sozialinkompetenz zugeschrieben. Lehrer*Innen beschreiben Schüler als im Unterricht störend und problematisch, ihr weibliches Pendant hingegen als ruhiger, disziplinierter und aufmerksamer. Dies ist darauf zurückzuführen, dass Jungs sich als männlich inszenieren möchten. Das soziale Konstrukt von männlich und weiblich unterstützt hierbei die Bildung kontraproduktiver Stereotype. Eine Befragung von SuS des Grundschulbereichs hat gezeigt, dass Frauen oftmals als intelligent und Männer als stark einschätzt werden. Zudem soll das Streben nach guten Noten nicht männlich sein. Solche Stereotype werden in Kombination mit einem Gruppenzwang für Schüler problematisch, welche folglich psychische und psychosomatische Krankheiten wesentlich öfter ausbilden als Schülerinnen.

  1. Reflexion bisheriger Praxiserfahrungen aus der eigenen Schulzeit und ersten Praktika zum schulischen „Genderplay“, möglichst unter Bezugnahme auf mindestens ein anderes Heterogenitätsfeld der Ringvorlesung, wie Sprache, soziokultureller Background, Leistung o.ä..

Ich selbst habe ein Gymnasium in Sachsen-Anhalt besucht, welches mit einer Ausnahme das koedukative System verfolgt. Der Sportunterricht fand in der Jahrgangsstufe 8-10 in getrennten Gruppen statt. Diese geschlechtsspezifische Trennung ist besonders im Hinblick auf die Argumentation von 1960 interessant. Vermutlich hat die Schule eine sexuelle Überreizung der pubertierenden SuS befürchtet. Was mich persönlich in dem Alter nicht sonderlich gestört hat, fühlt sich rückblickend wie unnatürliches und veraltetes System an. Bei einer solchen Trennung sollte es niemanden überraschen, wenn die Stereotypisierung gefördert und die Gleichberechtigung im schulischen Alltag eingeschränkt wird.

  1. Formulieren Sie eine Beobachtungsaufgabe für kommende Praktika zum Thema „gendersensible Pädagogik“, möglichst unter Bezugnahme auf mindestens ein anderes Heterogenitätsfeld der Ringvorlesung, wie Sprache, soziokultureller Background, Leistung o.ä..

Ein Spannungsfeld, auf welches ich besonders achten möchte, ist die Inszenierung und Zuschreibung von SuS mit einem Migrationshintergrund. Eines meiner Präkonzepte ist, dass ein ungleiches Verhältnis zwischen Mann und Frau bei Geflüchteten aus Ländern wie Afghanistan oder Pakistan besteht. Laut dem Koran wird Männern und Frauen zwar gleichermaßen befohlen sich weiterzubilden, die Praxis sieht aber oftmals anders aus. Oft schreibt die Tradition zum Beispiel vor, dass Mädchen nur von Frauen unterrichtet werden dürfen. Auch die schulische Ausbildung der Mädchen allgemein fällt nicht so intensiv wie bei den Jungen aus. Daher ist es interessant zu beobachten welche Präkonzepte und Stereotype die geflüchteten SuS mit in den Unterricht bringen und wie diese sich mit der Zeit verändern.