Inklusion für alle?

Bennen Sie bitte die für Sie zentralen theoretischen Aspekte aus der Vorlesung zum Themenfeld sonderpädagogischer Förderbedarf bzw. Behinderung sowie Inklusion und diskutieren diese kritisch vor dem Hintergrund der angeführten Diskussionslinien.

Inklusion. Damit ist doch die Integration von körperlich oder geistig beeinträchtigten Schüler*innen gemeint, oder nicht? Tatsächlich steckt hinter diesem Begriff noch deutlich mehr. Im Rahmen der Inklusion sollen Schüler*innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf in den Regelunterricht eingeführt werden. Doch was bedeutet das? Bei der Diagnose sonderpädagogischen Förderbedarfs wird zunächst nicht die Eigenschaft einer Person, sprich des/der Schüler*in festgestellt, sondern es handelt sich um eine administrative Vereinbarung. Die die Förderberechtigung und ggf. eine Entrechtung (z.B.: den Ausschluss von bestimmten Bildungsformen, oder –Abschlüssen) regelt, bzw. nach sich zieht. Dabei muss zwischen zwei verschiedenen Definitionen von Behinderungen unterschieden werden. Auf der einen Seite das Medizinische, auf der anderen Seite das Soziale Modell von Behinderung. Während beim Medizinischen Modell personenspezifische Merkmale zu einer Beeinträchtigung und dadurch zu Behinderung, Benachteiligung oder auch sozialem Ausschluss führen, liegt der Ausgangspunkt des Sozialen Modells in Barrieren in der Umwelt einer Person, die dann zu personenspezifischen Merkmalen und dadurch zu Partizipationsbeeinträchtigungen, sozialer Benachteiligung oder sozialem Ausschluss führen. Als Beispiel für das Medizinische Modell können Schüler*innen mit Hör- oder Sehschwächen genannt werden, Schüler*innen mit Lernschwächen als Beispiel für das Soziale Modell. Denn auch eine Schwäche im Bereich Lernen ist eine Einschränkung, eine Behinderung, die sonderpädagogischen Förderbedarf erfordert. Von dieser Art der Behinderung sind, so Dr. Eileen Schwarzenberg in der vergangenen Vorlesung, der Großteil der Schüler*innen im Land Bremen betroffen.
Es lässt sich also zusammenfassend sagen, dass von der Inklusion eine sehr heterogene Gruppe von Schüler*innen betroffen ist, die sich bei weitem nicht nur auf körperlich oder geistig beeinträchtigte Kinder/Jugendliche beschränkt.

Gleichen Sie bitte die theoretischen Erkenntnisse aus der Vorlesung mit Ihren praktischen Erfahrungen an Schulen/im Alltag ab:

  • Welches Modell von Behinderung ist Ihnen bisher begegnet?
  • Inwieweit entsprechen die Rahmenbedingungen an Bremer Schulen den Bedarfen der Schüler*innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf?
  • Welche Auffassungen von Inklusion (Diskussionslinien) haben Sie an den Schulen/im Praktikum kennengelernt?
  •  Welche Auffassung vertreten Sie selbst?

Ich selbst habe in Niedersachsen mein Abitur gemacht, habe also bisher mit dem Bremer Schulsystem nur wenige Erfahrungen machen dürfen, weshalb ich mich im Folgenden zu meinen praktischen Erfahrungen mit den Bremer Rahmenbedingungen nicht äußern kann. Bis zur Vorlesung von Dr. Schwarzenberg war mir persönlich nicht klar, dass es verschiedene Modelle von Behinderung gibt. Mir selbst ist bis zu diesem Zeitpunkt nur das medizinische Modell bekannt gewesen.

In Bezug auf die verschiedenen Auffassungen von Inklusion bin ich selbst, durch meine Erfahrungen im privaten und schulischen Bereich der Meinung, dass eine Inklusion unter Berücksichtigung der Förderbedarfe am sinnvollsten ist, da die Schüler*innen, selbst bei gleicher Bezeichnung einer Behinderung, unterschiedliche Anforderungen haben. Diese Auffassung vertraten auch verschiedene Lehrkräfte während meiner Schulzeit, allerdings handelte es sich hierbei um einen kleineren Teil des Lehrerkollegiums, der zum überwiegenden Teil aus jüngeren Lehrer*innen bestand. Weitaus größerer Zustimmung konnte sich jedoch die Doppelstruktur erfreuen. Als Grund hierfür vermute ich die Unsicherheit wie mit Schüler*innen mit Förderbedarf umgegangen werden soll, vor allem bei älteren Lehrkräften, die auf diese Aufgaben zumeist nur durch kurze schulinterne Lehrerfortbildungen vorbereitet wurden, wenn es solche überhaupt gab.

Formulieren Sie eine Beobachtungaufgabe für zukünftige Praktika zur Frage der schulischen Inklusion von Schüler*innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf.

Für mich persönlich ist es sehr interessant zu sehen ob, und wenn ja inwieweit, die Lehrer*innen Schüler*innen mit sozialpädagogischem Förderbedarf anders behandeln. Hierbei würde ich gerne auch erfahren, ob es bspw. grundsätzliche Unterschiede in der Notengebung, etc. gibt.

Seiteneinsteiger im Regelunterricht

Welche Besonderheiten weist der Erwerbskontext Seiteneinstieg auf und inwieweit orientiert sich die Bremer Konzeption der schulischen und sprachlichen Integration neu zugewanderter Schülerinnen und Schüler daran?

Als Seiteneinsteiger*innen (SE) werden zugewanderte Schüler*innen bezeichnet, die ohne oder mit nur geringen Deutschkenntnissen in das deutsche Schulsystem einsteigen.
Da nach §§ 52ff. BremSchulG in der Regel alle Kinder, die ihr sechstes Lebensjahr vollendet haben und im Land Bremen wohnhaft sind, mindestens 12 Jahre, allerdings maximal bis zum vollendeten 18. Lebensjahr schulpflichtig sind, müssen auch SE zur Schule gehen. Um sie darauf vorzubereiten gibt es im Land Bremen Vorkurse. Ziel der Vorkurse ist es die Schüler*innen möglichst schnell in die Regelklassen einzugliedern. Um das zu ermöglichen, gibt es in Bremen ein dreistufiges Vorkurs-System, das unter anderem in Klassenstufen eingeteilt ist. Da einige der SE, die bereits in höhere Jahrgänge eingegliedert werden sollen, zum Teil auch in ihrer Muttersprache nicht alphabetisiert wurden und weder lesen, noch schreiben können, gibt es spezielle Alphabetisierungskurse für die Sek I.. Für zugewanderte Schüler*innen der 9./10. Klasse gibt es spezielle Abschlussorientierte Vorkurse. Für SE, die von den beiden zuvor genannten Fällen nicht betroffen sind, gibt es Vorkurse, die in die Primarstufe, Sek I., Sek II. und Berufsbildenden Schulen aufgeteilt sind. Schon während sie die Vorkurse besuchen werden die SE in weniger sprachbasierten Fächern, wie Sport und Kunst, in den Regelunterricht integriert.

Diskutieren Sie Ihre Praxiserfahrungen mit der Sprachförderung von Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteigern vor bzw. nach dem vollständigen Übergang in den Regelunterricht. Gehen Sie dabei insbesondere auf binnendifferenzierende Maßnahmen ein.

Während ich eine Berufsschule im Bereich Logistik besuchte, hatten wir, in unregelmäßigen Abständen Schüler*innen in unserer Berufsschulklasse, die zuvor aus Syrien nach Deutschland geflohen waren. Parallel zu ihren Sprachkursen, die ebenfalls im Gebäude der Berufsschule stattfanden, nahmen sie am Unterricht für Rechnungswesen und auch am Englischunterricht teil. Sie hatten vor ihrer Teilnahme an unserem Unterricht knapp drei Monate Deutschunterricht und konnten sich für diese kurze Zeit bereits sehr gut auf Deutsch verständigen. Da die Logistikbranche selbst, in der wir ausgebildet wurden und arbeiteten, sehr international ausgerichtet ist, konnten wir alle, zumindest ein wenig, Englisch sprechen, so dass auch Unklarheiten im Zweifel auf Englisch geklärt werden und wir uns auch in den Pausen unterhalten gut konnten. Die SE in meiner Berufsschulklasse wurden von den Lehrkräften kaum anders behandelt als andere Schüler*innen. Da meine Klasse zum Teil sehr unterschiedliche Lernniveaus hatte, gab es allerdings auch wenig Anlass sie speziell zu fördern, da wir uns die Unterrichtsinhalte stets in heterogenen Lerngruppen erklärten und uns so gegenseitig unterstützten.

Suchen Sie eine Unterrichtsaufgabe (das Fach können Sie frei auswählen), die als Ersatz- bzw. Erweiterungsaufgabe besonders für neu zugewanderte Schülerinnen und Schüler im Regelunterricht entwickelt wurde. Vergleichen Sie diese Aufgabe mit der „regulären“, also der, die für andere Schülerinnen und Schüler eingesetzt wird. Welche Unterschiede finden Sie? Was halten Sie für hilfreich, was für problematisch?

Ich persönlich finde es etwas schwierig eine fertige Aufgabe für eine*n fiktiven SE zu finden und zu übernehmen. Schließlich muss die jeweilige Aufgabe auf die bereits bestehenden Kenntnisse des/der Schüler*in angepasst werden. Hierbei sollte nicht nur auf die sprachlichen, sondern auch auf die fachlichen Fähigkeiten eingegangen werden. Eines meiner zukünftigen Fächer ist Englisch. Hier kann es zu verschiedenen Sprachproblemen kommen. Meiner persönlichen Erfahrung nach wird, insbesondere in den unteren Jahrgängen, die Aufgabenstellung bei Unklarheiten auf Deutsch erläutert. Vorausgesetzt der/die SE versteht bereits Englisch, würden ihm/ihr in diesem Falle eventuell wichtige Informationen fehlen. Um dem vorzubeugen, würde ich ihm die Aufgabe nochmals in einer anderen Weise auf Englisch erklären und verstärkt darauf achten Unterrichtsgespräche, die meiner Meinung nach ohnehin hauptsächlich auf Englisch gehalten werden sollte, noch mehr auf Englisch umzustellen. Sollte der/die Schüler*in allerdings kein Englisch sprechen, so würde ich versuchen einfache Texte mit einer deutschen Übersetzung zu erstellen und schnelle Schüler bitten ihn/sie zu unterstützen, so dass der/die SE sich trotzdem mit dem Unterrichtsthema auseinandersetzen kann.