1. Theoretische Erkenntnisse
Ein wichtiges Konzept aus der Vorlesung war für mich der Begriff Klassismus. Ich habe verstanden, wie sehr die soziale Herkunft den schulischen Alltag beeinflusst und wie schnell Kinder dadurch ausgegrenzt werden können. Das deckt sich mit Kemper (2016), der Klassismus als Diskriminierung aufgrund der sozialen Herkunft oder Position beschreibt. Es ist mir deshalb wichtig, dass Schülerinnen und Schüler unabhängig von ihrer sozialen Situation ermutigt werden, sich einzubringen. Auch Unsicherheiten oder fehlende Unterstützung zu Hause dürfen nicht dazu führen, dass sie sich weniger wert fühlen. Besonders deutlich wurde für mich, dass es nicht um die individuelle Leistung alleine geht, sondern dass gesellschaftliche Strukturen wie Armut, Bildungsnähe oder Zugang zu kulturellem Kapital einen großen Einfluss haben. Wie Bourdieu (1983) mit seiner Kapitaltheorie zeigt, wirken sich ungleiche Verteilungen von ökonomischem, kulturellem und symbolischem Kapital direkt auf die Bildungschancen von Kindern aus.
Ein zweiter zentraler Punkt war die Bedeutung von Beziehungsarbeit im Unterricht. Respekt ist die Grundlage, aber auch Vertrauen und Humor spielen eine große Rolle. Besonders im Fach Pädagogik wird deutlich, dass eine gute Lehrer-Schüler-Beziehung entscheidend ist, um über schwierige Themen wie Diskriminierung oder Mobbing offen sprechen zu können. Mir ist wichtig, dass Schülerinnen und Schüler sich bei mir wohlfühlen und das Gefühl haben, mir auch persönliche Dinge anvertrauen zu können. Dabei geht es für mich um ein Gleichgewicht. Einerseits möchte ich eine klare Rolle als Lehrerin mit Autorität einnehmen, andererseits sollen die Kinder merken, dass ich sie ernst nehme und wir auch gemeinsam lachen dürfen. Diese Mischung aus Respekt und Menschlichkeit sehe ich als Grundlage für gelingenden Unterricht.
2. Faktoren im Umgang mit Heterogenität
In meiner eigenen Schulzeit habe ich stark gespürt, wie soziale Unterschiede sichtbar gemacht wurden. Kleidung oder Marken waren sehr wichtig, und wer nicht mithalten konnte, wurde schnell ausgegrenzt. Diese Form von symbolischem Kapital, also die Anerkennung, die man durch Statussymbole wie bestimmte Marken erhält, hatte im Klassenalltag eine große Bedeutung. Für mich persönlich war das ein Kulturschock, da ich aus Ghana kam, wo durch Schuluniformen solche Unterschiede kaum sichtbar sind. Man könnte sagen, dass ich dadurch einen Habitus-Struktur-Konflikt erlebt habe: Mein gewohnter Habitus passte nicht zu den Strukturen und Erwartungen in Deutschland, wo Kleidung viel stärker mit sozialem Status verbunden war. Das machte mich unsicher und schwächte mein Selbstbewusstsein.
Ein weiteres Beispiel war der sogenannte Bremen Pass, ein Ausweis für Kinder aus Familien mit wenig Geld, den ich manchmal in der Schule vorzeigen musste. Besonders diese Situation hat mir gezeigt, wie beschämend es sein kann, wenn finanzielle Hintergründe öffentlich sichtbar werden. Noch heute erinnere ich mich daran, wie unangenehm es war, die Karte vor der ganzen Klasse zu zeigen und dabei die Blicke der anderen zu spüren.
Es gab aber auch positive Erfahrungen. Eine Lehrerin achtete zum Beispiel sehr darauf, dass alle Kinder gleich viel Aufmerksamkeit bekamen. Das hat mir gezeigt, wie viel eine faire Haltung ausmacht und wie sehr sie das Selbstwertgefühl stärken kann. Solche Momente haben mir deutlich gemacht, dass Pädagogik mehr ist als nur Wissensvermittlung, sondern auch eine Form von Beziehungsarbeit, die das Lernen überhaupt erst ermöglicht.
Auch beim Thema Mobbing habe ich unterschiedliche Situationen erlebt. Ich habe es nicht nur beobachtet, sondern auch manchmal selbst erfahren. Strohmeier (2019) definiert Mobbing als wiederholte, absichtliche Schädigung in einem Machtungleichgewicht. Genau solche Situationen habe ich selbst erlebt. In diesen Momenten habe ich mich gewehrt und gesagt, dass ich das nicht akzeptiere. Wenn andere betroffen waren, habe ich versucht, sie zu unterstützen. Es war nicht immer leicht, aber es hat mir gezeigt, wie wichtig es ist, Haltung zu zeigen. Diese Erfahrungen haben mir auch klar gemacht, dass es als Lehrkraft notwendig ist, bei solchen Situationen nicht wegzuschauen. Das betonen auch Wachs und Schubarth (2021), die zeigen, dass Lehrkräfte ihr Eingreifen oft überschätzen, während Schülerinnen und Schüler es viel seltener so wahrnehmen. Kinder brauchen Erwachsene, die eingreifen und deutlich machen, dass diskriminierendes Verhalten nicht akzeptiert wird.
3. Offene Fragen und Wünsche
Für mein weiteres Studium wünsche ich mir, mehr über konkrete Strategien gegen Mobbing und Ausgrenzung zu erfahren. Mich interessiert vor allem, wie man als Lehrkraft schon frühzeitig eingreifen kann, damit Konflikte gar nicht erst eskalieren. Hier würde ich mir auch mehr praktische Beispiele aus dem Schulalltag wünschen, damit ich später besser vorbereitet bin.
Außerdem fände ich es spannend, noch tiefer in das Thema Mehrsprachigkeit einzusteigen. Viele Kinder wachsen mit verschiedenen Sprachen auf und bringen wertvolle Erfahrungen mit, die im Unterricht oft noch zu wenig berücksichtigt werden. Gerade für mich ist das ein wichtiges Thema, da ich selbst mehrsprachig aufgewachsen bin und weiß, wie schwierig, aber auch wie bereichernd das sein kann. Ich sehe darin eine große Chance, Vielfalt nicht als Problem, sondern als Ressource zu begreifen.
Insgesamt nehme ich aus der Vorlesung mit, dass der Umgang mit Heterogenität eine der größten Aufgaben für Lehrkräfte ist. Es geht nicht nur darum, Unterschiede zu akzeptieren, sondern sie aktiv in den Unterricht einzubeziehen und dafür zu sorgen, dass sich alle Kinder wertgeschätzt fühlen. Diese Erkenntnis möchte ich auf meinem weiteren Weg immer im Hinterkopf behalten.
Quellen
Bourdieu, Pierre (1983): Ökonomisches Kapital, kulturelles Kapital, soziales Kapital. In: Reinhard Kreckel (Hg.): Soziale Ungleichheiten. Göttingen: Otto Schwartz & Co., S. 183–198.
Kemper, Andreas (2016): Klassismus. Eine Bestandsaufnahme. Erfurt: Friedrich Ebert Stiftung Landesbüro Thüringen.
Strohmeier, Dagmar (2019): Mobbing in multikulturellen Schulen. In: B. Kracke, P. Noack (Hg.), Handbuch Entwicklungs- und Erziehungspsychologie. Springer, Berlin, Heidelberg.
Wachs, S.; Schubarth, W. (2021): Schule und Mobbing. In: T. Hascher, T. Idel, W. Helsper (Hg.), Handbuch Schulforschung. Wiesbaden: Springer VS.