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  • Abschlussreflexion

    1. Theoretische Erkenntnisse

    Ein wichtiges Konzept aus der Vorlesung war für mich der Begriff Klassismus. Ich habe verstanden, wie sehr die soziale Herkunft den schulischen Alltag beeinflusst und wie schnell Kinder dadurch ausgegrenzt werden können. Das deckt sich mit Kemper (2016), der Klassismus als Diskriminierung aufgrund der sozialen Herkunft oder Position beschreibt. Es ist mir deshalb wichtig, dass Schülerinnen und Schüler unabhängig von ihrer sozialen Situation ermutigt werden, sich einzubringen. Auch Unsicherheiten oder fehlende Unterstützung zu Hause dürfen nicht dazu führen, dass sie sich weniger wert fühlen. Besonders deutlich wurde für mich, dass es nicht um die individuelle Leistung alleine geht, sondern dass gesellschaftliche Strukturen wie Armut, Bildungsnähe oder Zugang zu kulturellem Kapital einen großen Einfluss haben. Wie Bourdieu (1983) mit seiner Kapitaltheorie zeigt, wirken sich ungleiche Verteilungen von ökonomischem, kulturellem und symbolischem Kapital direkt auf die Bildungschancen von Kindern aus.

    Ein zweiter zentraler Punkt war die Bedeutung von Beziehungsarbeit im Unterricht. Respekt ist die Grundlage, aber auch Vertrauen und Humor spielen eine große Rolle. Besonders im Fach Pädagogik wird deutlich, dass eine gute Lehrer-Schüler-Beziehung entscheidend ist, um über schwierige Themen wie Diskriminierung oder Mobbing offen sprechen zu können. Mir ist wichtig, dass Schülerinnen und Schüler sich bei mir wohlfühlen und das Gefühl haben, mir auch persönliche Dinge anvertrauen zu können. Dabei geht es für mich um ein Gleichgewicht. Einerseits möchte ich eine klare Rolle als Lehrerin mit Autorität einnehmen, andererseits sollen die Kinder merken, dass ich sie ernst nehme und wir auch gemeinsam lachen dürfen. Diese Mischung aus Respekt und Menschlichkeit sehe ich als Grundlage für gelingenden Unterricht.

    2. Faktoren im Umgang mit Heterogenität

    In meiner eigenen Schulzeit habe ich stark gespürt, wie soziale Unterschiede sichtbar gemacht wurden. Kleidung oder Marken waren sehr wichtig, und wer nicht mithalten konnte, wurde schnell ausgegrenzt. Diese Form von symbolischem Kapital, also die Anerkennung, die man durch Statussymbole wie bestimmte Marken erhält, hatte im Klassenalltag eine große Bedeutung. Für mich persönlich war das ein Kulturschock, da ich aus Ghana kam, wo durch Schuluniformen solche Unterschiede kaum sichtbar sind. Man könnte sagen, dass ich dadurch einen Habitus-Struktur-Konflikt erlebt habe: Mein gewohnter Habitus passte nicht zu den Strukturen und Erwartungen in Deutschland, wo Kleidung viel stärker mit sozialem Status verbunden war. Das machte mich unsicher und schwächte mein Selbstbewusstsein.

    Ein weiteres Beispiel war der sogenannte Bremen Pass, ein Ausweis für Kinder aus Familien mit wenig Geld, den ich manchmal in der Schule vorzeigen musste. Besonders diese Situation hat mir gezeigt, wie beschämend es sein kann, wenn finanzielle Hintergründe öffentlich sichtbar werden. Noch heute erinnere ich mich daran, wie unangenehm es war, die Karte vor der ganzen Klasse zu zeigen und dabei die Blicke der anderen zu spüren.

    Es gab aber auch positive Erfahrungen. Eine Lehrerin achtete zum Beispiel sehr darauf, dass alle Kinder gleich viel Aufmerksamkeit bekamen. Das hat mir gezeigt, wie viel eine faire Haltung ausmacht und wie sehr sie das Selbstwertgefühl stärken kann. Solche Momente haben mir deutlich gemacht, dass Pädagogik mehr ist als nur Wissensvermittlung, sondern auch eine Form von Beziehungsarbeit, die das Lernen überhaupt erst ermöglicht.

    Auch beim Thema Mobbing habe ich unterschiedliche Situationen erlebt. Ich habe es nicht nur beobachtet, sondern auch manchmal selbst erfahren. Strohmeier (2019) definiert Mobbing als wiederholte, absichtliche Schädigung in einem Machtungleichgewicht. Genau solche Situationen habe ich selbst erlebt. In diesen Momenten habe ich mich gewehrt und gesagt, dass ich das nicht akzeptiere. Wenn andere betroffen waren, habe ich versucht, sie zu unterstützen. Es war nicht immer leicht, aber es hat mir gezeigt, wie wichtig es ist, Haltung zu zeigen. Diese Erfahrungen haben mir auch klar gemacht, dass es als Lehrkraft notwendig ist, bei solchen Situationen nicht wegzuschauen. Das betonen auch Wachs und Schubarth (2021), die zeigen, dass Lehrkräfte ihr Eingreifen oft überschätzen, während Schülerinnen und Schüler es viel seltener so wahrnehmen. Kinder brauchen Erwachsene, die eingreifen und deutlich machen, dass diskriminierendes Verhalten nicht akzeptiert wird.

    3. Offene Fragen und Wünsche

    Für mein weiteres Studium wünsche ich mir, mehr über konkrete Strategien gegen Mobbing und Ausgrenzung zu erfahren. Mich interessiert vor allem, wie man als Lehrkraft schon frühzeitig eingreifen kann, damit Konflikte gar nicht erst eskalieren. Hier würde ich mir auch mehr praktische Beispiele aus dem Schulalltag wünschen, damit ich später besser vorbereitet bin.

    Außerdem fände ich es spannend, noch tiefer in das Thema Mehrsprachigkeit einzusteigen. Viele Kinder wachsen mit verschiedenen Sprachen auf und bringen wertvolle Erfahrungen mit, die im Unterricht oft noch zu wenig berücksichtigt werden. Gerade für mich ist das ein wichtiges Thema, da ich selbst mehrsprachig aufgewachsen bin und weiß, wie schwierig, aber auch wie bereichernd das sein kann. Ich sehe darin eine große Chance, Vielfalt nicht als Problem, sondern als Ressource zu begreifen.

    Insgesamt nehme ich aus der Vorlesung mit, dass der Umgang mit Heterogenität eine der größten Aufgaben für Lehrkräfte ist. Es geht nicht nur darum, Unterschiede zu akzeptieren, sondern sie aktiv in den Unterricht einzubeziehen und dafür zu sorgen, dass sich alle Kinder wertgeschätzt fühlen. Diese Erkenntnis möchte ich auf meinem weiteren Weg immer im Hinterkopf behalten.

    Quellen

    Bourdieu, Pierre (1983): Ökonomisches Kapital, kulturelles Kapital, soziales Kapital. In: Reinhard Kreckel (Hg.): Soziale Ungleichheiten. Göttingen: Otto Schwartz & Co., S. 183–198.

    Kemper, Andreas (2016): Klassismus. Eine Bestandsaufnahme. Erfurt: Friedrich Ebert Stiftung Landesbüro Thüringen.

    Strohmeier, Dagmar (2019): Mobbing in multikulturellen Schulen. In: B. Kracke, P. Noack (Hg.), Handbuch Entwicklungs- und Erziehungspsychologie. Springer, Berlin, Heidelberg.

    Wachs, S.; Schubarth, W. (2021): Schule und Mobbing. In: T. Hascher, T. Idel, W. Helsper (Hg.), Handbuch Schulforschung. Wiesbaden: Springer VS.

  • Engagement reicht nicht, wenn man nicht gehört wird

    Als Kind habe ich es manchmal gar nicht richtig wahrgenommen – wie präsent meine

    Mutter in meiner Schullaufbahn eigentlich war. Heute würde ich sagen: Sie war ein

    Paradebeispiel für eine engagierte Mutter. Immer vor Ort, immer im Gespräch mit

    Lehrkräften, nicht nur zu Elternsprechtagen. Sie wollte wissen, wie es mir geht, was gut läuft, wo es Probleme gibt. Ich war neu in Deutschland, sprachlich noch auf dem Weg, und sie war diejenige, die die Verbindung zur Schule aufrechterhalten hat. In der Theorie würde man das vermutlich „Bildungspartnerschaft“ nennen – in der Realität fühlte es sich aber nicht immer nach Partnerschaft an.

    Rückblickend frage ich mich, ob es wirklich ein gleichberechtigter Austausch war – oder ob meine Mutter nicht eher darum kämpfen musste, gehört zu werden. Denn obwohl sie Interesse zeigte und aktiv war, wurde sie mit ihren Anliegen manchmal nicht ernst genommen. Besonders deutlich wurde das, als es in der fünften Klasse um die Wahl einer zweiten Fremdsprache ging. Statt wie bei den anderen Kindern Rücksprache zu halten, entschieden die Lehrkräfte einfach: „Das ist zu viel für sie.“ Ich bekam keine Sprache. Keine Diskussion. Kein Gespräch. Auch meine Mutter wurde nicht informiert. Später, fürs Abitur, musste ich die Sprache nachholen. Das hat nicht nur zusätzlichen Druck erzeugt, sondern war auch frustrierend – weil die Entscheidung damals über unsere Köpfe hinweg getroffen wurde. 

    Dabei haben Eltern laut Bremischem Schulgesetz das Recht auf Einblick in schulische Angelegenheiten und auf umfassende Information über den Schulalltag (vgl. BremSchulG §6, §61). Lehrkräfte wiederum haben die Pflicht, Eltern aktiv einzubeziehen – und nicht nur dann, wenn es Probleme gibt. Doch dieses Recht auf Mitwirkung funktioniert nur, wenn Kommunikation tatsächlich gewollt ist. Wenn sie auf Augenhöhe passiert. Und wenn nicht vorschnell entschieden wird, was man jemandem „zumuten“ kann oder nicht.

    Besonders bitter ist es, wenn diese Art der Ausgrenzung mit Sprache zu tun hat. Meine Mutter spricht mit afrikanischem Akzent. Und obwohl sie sich bemühte, sich verständlich auszudrücken, erlebte ich immer wieder, dass Lehrkräfte mit ihr überdeutlich, langsam oder von oben herab redeten. Es wirkte manchmal so, als würden sie denken, sie sei weniger kompetent – nur weil sie nicht „perfekt“ Deutsch sprach. Es ging nie um das, was sie sagte, sondern darum, wie sie sprach.

    Die erste Karikatur hat mich diesbezüglich persönlich besonders getroffen:

    Die Szene zeigt eine Lehrkraft, die eine Mutter mit Kopftuch überdeutlich fragt: „Kön-nen Sie mich ver-ste-hen?“ Die Mutter antwortet trocken: „Sicher! Es wäre nur schön, wenn Sie etwas leiser sprechen könnten.“ Was auf den ersten Blick witzig wirken könnte, hat mich direkt an viele reale Situationen erinnert. Die Karikatur zeigt auf eine klare Weise, was im Schulalltag oft unausgesprochen bleibt: Die Annahme, Eltern mit Migrationsgeschichte seien entweder nicht interessiert, nicht informiert oder nicht bildungsfähig.

    In der Vorlesung wird genau dieses Problem beschrieben: Eltern mit Migrationserfahrung werden in der schulischen Kommunikation häufig als „Klientinnen“, „Zulieferinnen“ oder gar als Störung“ adressiert – selten als gleichberechtigte Akteur*innen mit eigenem Wissen und Erfahrungshorizont (vgl. Karakagoglu/Vogel 2025). Statt echter Kooperation dominiert eine Haltung der Kontrolle. Auch in der Forschung wird immer wieder darauf hingewiesen, dass diese Perspektive paternalistisch ist – Eltern sollen nicht unterstützt, sondern angepasst werden (vgl. Kollender 2023).

    Was mir besonders in Erinnerung geblieben ist: In der Präsentation hieß es, gute Elternarbeit sei keine Frage der Methode, sondern der Haltung (vgl. Foitzik 2017). Ich glaube, genau das trifft es. Denn meine Mutter hätte keine neuen Tools oder Broschüren gebraucht – sie hätte einfach ernst genommen werden wollen. Als Mutter. Als Expertin für ihr Kind. Und als Teil der Schule – nicht als Randfigur.

    Was ich mir wünsche: Dass Schulen mehr zuhören. Dass sie nicht entscheiden, was Eltern verstehen oder können – sondern dass sie nachfragen. Dass sie Vorurteile reflektieren, statt sie zu bestätigen. Und dass sie Eltern nicht nur als Erziehungsberechtigte sehen, sondern als Partnerinnen. Und ja, auch als Menschen mit Akzent, die trotzdem etwas zu sagen haben.

     Literatur

    • Karakagoglu, Yasemin; Vogel, Dita (2025): Migration bewegt Schule. Transnationalität als Impuls für Schulentwicklung und Lehrkräftebildung. Stuttgart: Kohlhammer.
    • Kollender, Ellen (2023): Eltern in der Schule der Migrationsgesellschaft – eine rassismuskritische Perspektive. In: Georgi, Viola B. & Karakagoglu, Yasemin (Hg.):
      Allgemeinbildende Schulen in der Migrationsgesellschaft. Stuttgart: Kohlhammer.
    • Foitzik, Andreas (2017): Eine Frage der Haltung – Grundsätze der Eltern(bildungs) arbeit im Migrationskontext. In: Aich, Gernot et al. (Hg.): Kommunikation und Kooperation mit Eltern. Weinheim: Beltz.
    • Bremisches Schulgesetz (BremSchulG): §6, §60, §61.
  • Dabeisein reicht nicht – was Inklusion wirklich braucht

    Inklusion ist ein großes Wort. Aber was bedeutet es eigentlich im Schulalltag. Die Vorlesung mit Amelie und Elke Gerdes sowie Silas Palkowski hat mir nochmal gezeigt, dass es nicht reicht, wenn Schülerinnen und Schüler einfach nur dabei sind. Inklusion bedeutet, dass sie mitgestalten können, sich zugehörig fühlen und ernst genommen werden. In der Klasse, im Kollegium, im Studium und im späteren Beruf.

    Besonders die Erfahrung von Amelie Gerdes ist mir im Kopf geblieben. Sie studiert Theater und Tanz, obwohl sie immer wieder mit Vorurteilen zu kämpfen hatte. Man hat ihr gesagt, sie solle lieber etwas machen, das besser zu ihr passt. Genau solche Aussagen zeigen, dass es nicht nur um bauliche Barrieren geht, sondern um das Denken dahinter. Inklusion beginnt da, wo Menschen nicht sofort als anders gesehen werden.

    Der Satz nicht über uns ohne uns wurde in der Vorlesung mehrfach erwähnt. Und ehrlich gesagt, er sagt alles. Menschen mit Behinderung sollten nicht nur von Entscheidungen betroffen sein, sondern mitentscheiden. Arnade beschreibt in ihrem Text zwei konkrete Beispiele, wie das gelingen kann. Ich finde, so etwas müsste viel früher anfangen, vor allem schon in der Schule. Warum nicht Schülerinnen und Schüler mit Behinderung in Klassensprecherteams, Projektgruppen oder bei Raumgestaltungen einbeziehen. Oft wird Inklusion aus Hilfsbereitschaft gedacht, aber eigentlich geht es um Teilhabe und Mitsprache.

    Ein Punkt, der in der Vorlesung auch angesprochen wurde, war die Perspektive der Eltern. Viele Eltern müssen sehr dafür kämpfen, dass ihr Kind überhaupt angemessen gefördert wird. Ich finde, als zukünftige Lehrkraft ist es meine Verantwortung, Eltern nicht nur mit einzubeziehen, sondern wirklich mit ihnen zusammenzuarbeiten. Sie kennen ihr Kind am besten. Ihre Sicht kann Unterricht verbessern und nicht komplizierter machen.

    Was ich aus der Vorlesung mitnehme ist, dass Inklusion nicht erledigt ist, sobald jemand im Raum ist. Sie beginnt erst dann, wenn man Menschen zuhört, sie mitreden lässt und ernst nimmt. Es geht nicht darum, alles perfekt zu machen, sondern darum, eine Haltung zu entwickeln. Und genau die beginnt bei uns.

    Literaturverzeichnis

    Arnade, S. aus dem Jahr zweitausendfünfzehn: Nichts über uns ohne uns. Die Zivilgesellschaft spricht mit. In: Degener und Diehl, Handbuch Behindertenrechtskonvention. Bundeszentrale für politische Bildung. Zugriff am achten Mai zweitausendfünfundzwanzig.

    Fürstenau, S. aus dem Jahr zweitausendelf: Mehrsprachigkeit als Voraussetzung und Ziel schulischer Bildung. In: Fürstenau und Gomolla, Migration und schulischer Wandel. Wiesbaden, VS Verlag für Sozialwissenschaften.

    Schwarzenberg, E. aus dem Jahr zweitausendfünfundzwanzig: Nicht über uns ohne uns – junge Menschen berichten über ihre Erfahrungen mit Inklusion in der Schule und im Beruf oder Studium. Vortrag in der Ringvorlesung Heterogenität in der Schule, Universität Bremen, am dreizehnten Mai.

  • Wenn der Englischunterricht zur Bühne wird – Zwischen Anerkennung und Druck

    Wenn ich an meinen Englischunterricht zurückdenke, fällt mir als Erstes ein: Ich war immer die, die am meisten geredet hat. Ich habe mich ständig gemeldet, war immer aktiv und genau deshalb wurde auch sehr viel von mir erwartet. Eine bestimmte Lehrerin hat das besonders deutlich gemacht. Sie hatte hohe Erwartungen an mich und ließ mich das auch spüren.

    Ich erinnere mich daran, dass ich oft den Druck gespürt habe, im Unterricht dauerhaft zu glänzen. Wenn ich mich mal etwas weniger gemeldet habe, wurde das sofort registriert. Während es bei anderen Schülerinnen und Schülern kein Thema war, wenn sie eher ruhig blieben, wurde bei mir sofort hinterfragt, ob ich „nachgelassen“ habe. Ich hatte oft das Gefühl, dass von mir eine konstante Leistung erwartet wurde, fast wie ein Standard, den ich nie unterschreiten durfte.

    Der Grund dafür war, dass Englisch meine Muttersprache ist. Das wussten die Lehrkräfte  und daraus entstand automatisch die Erwartung, dass ich immer perfekt sein müsste. Ich durfte mir eigentlich keine Schwächen erlauben, obwohl Lernen doch genau das braucht, dass man Fehler macht und daraus lernt.

    In der Vorlesung von Fischer und Giesler (2025) wurde das Thema „Sprachrichtigkeit“ als zentrales Spannungsfeld im Englischunterricht dargestellt. Es wurde kritisch hinterfragt, inwiefern das Ideal eines fehlerfreien Native Speakers Schülerinnen und Schüler unter Druck setzen kann. Ich habe genau das erlebt. Ich war zwar in einer privilegierten Position, weil ich die Sprache fließend sprechen konnte, aber gerade deshalb wurde meine Leistung nicht als normal, sondern als Maßstab betrachtet. Fehlerfreies Sprechen wurde nicht nur erwartet, sondern vorausgesetzt.

    Trotz des Drucks habe ich auch gute Erfahrungen gemacht. Besonders hilfreich war es, wenn Aufgaben individuell auf mich abgestimmt wurden. Gerade in den ersten Jahren war der reguläre Stoff für mich oft zu einfach. In solchen Fällen habe ich zusätzliche oder erweiterte Aufgaben bekommen, die mich mehr gefordert haben. Auch in anderen Fächern wurde manchmal auf meine sprachlichen Voraussetzungen Rücksicht genommen, indem mir Dinge erklärt oder übersetzt wurden. Solche Formen der Anpassung habe ich als sehr hilfreich empfunden.

    Ich finde es wichtig, dass man auf die individuellen Lernvoraussetzungen von Schülerinnen und Schülern eingeht, ohne sie damit alleine zu lassen. Denn genau darin liegt laut Dose (2019) auch eine zentrale Herausforderung im inklusiven Englischunterricht: individuelle Förderung darf nicht zu Ausgrenzung führen, sondern sollte so gestaltet sein, dass alle Lernenden aktiv teilhaben können.

    In der Vorlesung wurde das ebenfalls betont: Individualisierung kann dann inklusiv sein, wenn sie nicht in Vereinzelung endet, sondern gemeinsames Lernen weiterhin möglich bleibt (vgl. Vygotskij 1987; Fischer und Giesler 2025). Ich sehe das genauso. Es bringt nichts, wenn jeder nur für sich lernt. Lernen braucht Austausch, vor allem im Fremdsprachenunterricht, der auf Kommunikation angewiesen ist.

    Was den Einsatz von künstlicher Intelligenz im Unterricht betrifft, da habe ich persönlich in der Schule noch keine Erfahrung gemacht. Privat habe ich aber zum Beispiel Duolingo benutzt. Ich finde, dass solche Tools sinnvoll sein können, vor allem um auf das eigene Lerntempo einzugehen. Aber ich denke auch, dass der Kontakt zu anderen und das gemeinsame Sprechen im Fremdsprachenlernen nie fehlen sollte. Technik kann unterstützen, aber nicht ersetzen, was echte Interaktion leisten kann.

    Verwendete Quellen:

    • Dose, Jan (2019): Inklusiver Englischunterricht. Eine empirische Studie zum Status quo in der Sekundarstufe I. Wiesbaden: Springer.
    • Vygotskij, Lew (1987): Ausgewählte Schriften. Band 2. Arbeiten zur psychischen Entwicklung der Persönlichkeit. Köln: Pahl-Rugenstein.
    • Vortrag: Fischer, Lea und Giesler, Tim (2025): Englischunterricht zwischen Selektion und Inklusion. Ringvorlesung „Heterogenität in der Schule“.
  • Mehrsprachigkeit im Schulalltag: Potenziale statt Defizite sehen

    Es passiert leider immer wieder: Mehrsprachige Schülerinnen und Schüler sollen trotz gymnasialer Eignung auf eine Oberschule gehen, nur weil ihre Deutschkenntnisse angeblich nicht ausreichen. Ich finde das ehrlich gesagt ziemlich problematisch. Schule sollte doch gerade der Ort sein, an dem sprachliche Entwicklung gefördert und nicht durch starre Maßstäbe verhindert wird.

     Daase (2025) betont, dass Bildungssprache nichts ist, was Kinder von zu Hause mitbringen müssen. Sie muss in der Schule erlernt und aufgebaut werden. Wenn Kinder, die fachlich mitkommen und sozial integriert sind, wegen sprachlicher Feinheiten ausgeschlossen werden, zeigt das, wie defizitorientiert unser Bildungssystem oft denkt. Statt Ressourcen zu stärken, bauen wir Hürden auf.

    Ich habe selbst erlebt, wie es ist, mit einer anderen Erstsprache nach Deutschland zu kommen. Am Anfang hatte ich einen starken Akzent, und obwohl ich grammatikalisch korrekt gesprochen habe, wurde ich oft nicht richtig ernst genommen. Einfach, weil es ungewohnt klang. Das war ziemlich frustrierend. Zum Glück gab es Lehrkräfte, die mich unterstützt und mein Potenzial gesehen haben aber eben auch andere, die mich unterschätzt haben. Ich erinnere mich noch gut daran, wie es war, sich ausgeschlossen zu fühlen, einfach weil ich sprachlich noch nicht „mithalten“ konnte. Erst durch Freundschaften habe ich mich wohler gefühlt und genau diese sozialen Kontakte haben mir wiederum geholfen, schneller Deutsch zu lernen.

    Eine weitere Herausforderung war meine Mehrsprachigkeit selbst. Ich spreche insgesamt vier Sprachen, und je mehr ich mich auf Deutsch konzentrieren musste, desto mehr hatte ich das Gefühl, in den anderen Sprachen nachzulassen. Das war ein Balanceakt, für den im schulischen Alltag wenig Raum ist. Busch (2013) beschreibt, wie wichtig es ist, dass Schule die Mehrsprachigkeit von Kindern nicht nur duldet, sondern aktiv einbindet. Genau das ist bisher noch zu selten der Fall. In diesem Zusammenhang frage ich mich auch, warum in den meisten Schulen nur Sprachen wie Englisch, Französisch oder Spanisch als Fremdsprachen angeboten werden. Natürlich sind diese Sprachen wichtig aber sie decken nicht die Vielfalt ab, die unsere Gesellschaft längst prägt. In der Vorlesung wurde zum Beispiel ein Kind erwähnt, das gerne besser Polnisch lernen wollte, aber dafür keine Möglichkeit hatte. Ich glaube, dass solche Angebote nicht nur den sprachlichen Fähigkeiten zugutekommen würden, sondern auch der Identitätsentwicklung. Es würde den Kindern zeigen: Deine Sprache zählt auch im Klassenzimmer.

    Mir gefällt zum Beispiel der Gedanke, Eselsbrücken in anderen Sprachen zuzulassen. Wenn ein Kind durch ein Sprichwort in seiner Muttersprache einen Sachverhalt besser versteht, warum sollten wir das nicht nutzen? Es zeigt: Deine Sprache ist nicht im Weg, sie hilft dir beim Lernen. Gleichzeitig merke ich, dass mir noch konkrete Methoden fehlen, um mit sprachlich heterogenen Gruppen gut zu arbeiten. Ich wünsche mir Strategien, die alle Kinder mitnehmen, ohne jemanden zu überfordern oder auszuschließen. Fürstenau (2011) stellt heraus, wie wichtig es ist, Schülerinnen und Schüler an die Bildungssprache heranzuführen, ohne sie dabei zu entmutigen.

    Wir leben längst in einer mehrsprachigen Gesellschaft. Es ist Zeit, dass Schule das auch anerkennt. Sprache sollte kein Grund sein, jemanden auszuschließen. Es muss als Teil der Lebensrealität unserer Schülerinnen und Schüler verstanden werden. Ich stelle mir eine Schule vor, in der Herkunftssprachen genauso ernst genommen werden wie Deutsch oder Englisch. In der Sprachvergleiche, Übersetzungen oder auch Codeswitching zum Alltag gehören. Dafür braucht es nicht nur passende Materialien und Fortbildungen, sondern vor allem eine Haltung, die Mehrsprachigkeit als Schatz begreift und nicht als Hürde.

    Literaturverzeichnis

    Busch, Brigitta (2013): Mehrsprachigkeit. Wien: facultas.

    Daase, Andrea (2025): Mehrsprachigkeit als Ausgangspunkt und Ziel schulischer Bildung in der gymnasialen Oberstufe. Vortrag im Rahmen der BAUMHET-Ringvorlesung am 22. April 2025, Universität Bremen.

    Fürstenau, Sara (2011): Mehrsprachigkeit als Voraussetzung und Ziel schulischer Bildung. In: Fürstenau, S.; Gomolla, M. (Hrsg.): Migration und schulischer Wandel: Mehrsprachigkeit. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 25–50.

  • Migration im Klassenzimmer: Strukturen, Zuschreibungen und persönliche Erfahrungen

    Schule in Deutschland ist historisch auf Homogenität ausgerichtet, also darauf, dass die Schülerinnen und Schüler eine gemeinsame Sprache, Geschichte teilen und möglichst ohne Unterbrechung durch das System gehen. Migration bringt jedoch Brüche und Vielfalt mit sich, zum Beispiel wenn Kinder mitten im Schuljahr aus einem anderen Land kommen und erst Deutsch lernen müssen. Ich selbst bin aus Ghana nach Deutschland gekommen und musste zuerst die Sprache lernen. Schon damals habe ich gemerkt, wie sehr das Bildungssystem auf sprachliche und kulturelle Einheit eingestellt ist. Alles andere stört scheinbar die Routine. Dabei war es für mich völlig normal, mit einer anderen Schulbiografie anzukommen. Karakaşoğlu und Vogel (2025) betonen, dass genau solche Perspektiven ernst genommen und strukturell mitgedacht werden müssen. Auch die Grafik auf Folie 5 der Präsentation zeigt das deutlich: In manchen Bundesländern hat mehr als die Hälfte der Schülerinnen und Schüler eine Zuwanderungsgeschichte. Migration ist längst Normalität und sollte als solche in der Schule anerkannt werden.

    Fend (2009) beschreibt Schule unter anderem als Ort der Integration (Kohäsionsfunktion) und der gerechten Verteilung von Bildungschancen (Legitimierungsfunktion). In einer Migrationsgesellschaft stoßen beide Funktionen an ihre Grenzen, wenn Vielfalt nicht systematisch mitgedacht wird. Die Kohäsionsfunktion kann nur erfüllt werden, wenn Schule nicht auf kulturelle Einheit, sondern auf Anerkennung von Unterschiedlichkeit setzt, zum Beispiel durch mehrsprachige Materialien und diversitätsbewussten Unterricht. Auch die Legitimierungsfunktion wird infrage gestellt, wenn Lehrkräfte mit Vorannahmen oder unbewussten Erwartungen bewerten. Karakaşoğlu und Vogel (2025) fordern deshalb eine migrationssensible Schul- und Unterrichtsentwicklung, die strukturelle Benachteiligung abbaut und Chancengleichheit tatsächlich ermöglicht.

    Das Beispiel auf Folie 24 der Präsentation zeigt, wie schnell Lehrer und Lehrerinnen stereotype Erwartungen an Schülerinnen und Schüler haben können. Eine Schülerin wird immer wieder im Matheunterricht aufgerufen, obwohl sie sich nicht meldet, nur weil sie asiatisch aussieht und der Lehrer denkt, sie müsste es ja wissen. Das ist ein klarer Fall von Kulturalisierung, wie sie auch auf Folie 19 beschrieben wird. Die Reduktion eines Menschen auf vermeintlich kulturelle Merkmale. Daraus entsteht Othering. Die Schülerin wird nicht als Individuum gesehen, sondern als Vertreterin eines Klischees.

    Ich habe in meiner eigenen Schulzeit Ähnliches erlebt. Weil ich anfangs der deutschen Sprache nicht mächtig war, wurde mir auch in Fächern wie Mathe weniger zugetraut, obwohl das Fach ja sprachlich gar nicht im Vordergrund steht. Ich hatte oft das Gefühl, dass meine Hautfarbe und Herkunft automatisch mit einem Mangel an Wissen verbunden wurden. Solche Zuschreibungen sind verletzend und sie beeinflussen auch, wie ernst man genommen wird.

    Um Othering zu vermeiden, müssen Lehrkräfte lernen, ihre eigenen Bilder zu hinterfragen. Das bedeutet, Schülerinnen und Schüler nicht auf Herkunft, Aussehen oder Akzent zu reduzieren, sondern sie als individuelle Persönlichkeiten wahrzunehmen.

    Literaturverzeichnis

    Fend, H. (2009): Neue Theorie der Schule. Einführung in das Verstehen von Bildungssystemen. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

    Karakaşoğlu, Y. & Vogel, D. (2025): Migration bewegt Schule. Transnationalität als Impuls für Schulentwicklung und Lehrkräftebildung. Stuttgart: Kohlhammer.

    Karakaşoğlu, Y. (2025): (Welt-)Gesellschaftliche Veränderungen, Migration und die Reaktion von Schule. Präsentation zur Sitzung am 15.04.2025, Universität Bremen, BAUMHET GO

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