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RV 09

 

1. Erläutern Sie das in der Vorlesung thematisierte Spannungsfeld zwischen Inszenierung und Zuschreibung in Bezug auf Genderdynamiken und -pädagogik in der Schule. Nehmen Sie dafür Bezug auf die in der Vorlesung genannten theoretischen Ansätze.

In der Gesellschaft sind gendertypische Zuschreibungen häufig zu finden. Diese Art der Vorurteile passieren meist ganz aus Versehen und ohne es zu merken. Auch in der Schule lassen sich diese gendertypischen Zuschreibungen finden. Sie leiten dazu andere Personen zu bewerten und sich eine Person vorzustellen, die nicht zwingend der Realität entsprechen muss. Gendertypische Zuschreibungen stellen folglich ein Problem dar. Sie sind historisch geprägt und dennoch im Laufe der Zeit wandelbar.

Der Begriff Inszenierung, den man aus dem Vokabular des Theaters kennt, bedeutet so viel wie Darstellung und in diesem Fall Selbstdarstellung, die sich auf verschiedenster Weise im Leben deutlich macht. Im Vordergrund steht die Person selbst und ihre Art und Weise der eigenen Darstellung. Formen der eigenen Darstellung können Kleidung oder nonverbale Kommunikation sein.

Das Spannungsfeld im Bezug auf Genderdynamiken und -pädagogik entsteht folglich zwischen der gendertypischen Zuschreibung und der Inszenierung. Ziel ist es gendertypische Stereotypen und „Schubladendenken“ zu vermeiden und die Inszenierung der einzelnen Schülerinnen und Schüler zu beobachten und zu akzeptieren. Es besteht die Möglichkeit die einzelnen Inszenierungen mit bereits existierenden, historischen Zuschreibungen zu vergleichen, doch es wird noch immer eine Schwierigkeit bleiben, denn es gibt noch weiterhin gendertypische Zuschreibungen.

2. Reflektieren Sie ihre bisherigen Praxiserfahrungen aus der eigenen Schulzeit und ersten Praktika zum schulischen „Genderplay“, möglichst unter der Bezugnahme auf Mindestens ein anderes Heterogenitätsfeld der Ringvorlesung, wie Sprache, soziokultureller Background, Leistung, Inklusion.

Ich selbst habe in der neunten Klasse ein Praktikum an einer Grundschule gemacht. Schon dort waren Züge des schulischen „Genderplays“ zu erkennen. Mädchen wurde eine stärkere schulische Leistung zugeschrieben während Jungen eher in Sport glänzten.

Diese Art der Aufteilung zog sich auch durch meine Schulzeit und war besonders in der Oberstufe zu erkennen. Ich komme aus Schleswig-Holstein und wir hatten an unserer Schule eine Profiloberstufe. Aufgeteilt war diese in sprachliches, sportliches, naturwissenschaftliches und gesellschaftwissenschaftliches Profil. Seitens der Lehrer wurden das sprachliche Profil und das gesellschaftwissenschaftliche Profil immer als Mädchenklassen bezeichnet, denn sie seien angeblich leistungsstärker in Sprachen-lernen. Die Jungen wurden eher dem sportlichen Profil zugeschrieben, obwohl es durchaus üblich war, dass alle Klassen gut durchmischt waren.

3. Formulieren Sie eine Beobachtungsaufgabe für kommende Praktika zum Thema „gendersensible Pädagogik“, auch hier möglichst unter Bezugnahme auf mindestens ein anderes Heterogenitätsfeld der Ringvorlesung, wie Sprache, soziokultureller Background, Leitung, Inklusion, um deutlich zu machen, dass die Kategorie „Gender“ nicht für sich steht sondern andere Dimensionen von Heterogenität oftmals mit beeinflusst.

Beobachtungsfrage: Wird (Fremd-)Sprachenunterricht häufiger von Mädchen gewählt? Werden Jungs anders gefördert oder sogar benachteiligt? Unterscheiden sich die Leistungen z.B. im Fach Englisch stark voneinander im Bezug auf das Geschlecht des Schülers oder der Schülerin?

Eine Antwort auf „RV 09“

Hallo Tjorvin,

Zunächst einmal danke für deinen Blogeintrag. Insgesamt hat sich der gesamte Beitrag sehr schön lesen lassen und jegliche Punkte, die du dargestellt hast, sind sehr ausführlich formuliert worden.

Zu Aufgabe 1:
Ich finde deine Definition zur Zuschreibung sehr gut, besonders da du auch direkt mit eingebracht hast, dass diese Zuschreibung auch oft aus Versehen passieren. Dies stimmt und ich denke hat sich bereits mal in der Vergangenheit dabei erwischt, wie er oder sie ungewollt so eine Zuschreibung durchgeführt hat.
Jedoch ist gerade die Definition zur Inszenierung sehr schön durch den Einbezug des Theaters. Damit sollte der Begriff viel verständlicher sein, sollte jemand nach dem Konzept der Inszenierung fragen und was diese genau ist.
Zu dem Spannungsfeld stimme ich dir in deinen genannten Punkten zu. Persönlich hätte ich aber noch ein wenig mehr Bedeutung darauf gelegt, wie diese Inszenierung der SuS entsteht. Diese basiert häufig auf die Zuschreibungen, die SuS von allen möglichen Einflüssen wie Eltern, Freunde und auch Lehrern aufgenommen haben, wodurch diese Inszenierung eine indirekte Zuschreibung auf sich selber sein kann. Als Beispiel wäre hier, dass aufgrund der Zuschreibung „Mädchen mögen den Deutschunterricht“ sich die Schülerin oder der Schüler denkt „Hey, dass kenn ich doch bereits, dem muss ich mich anpassen“ und sich dadurch dann „selbst“ inszeniert.

Zu Aufgabe 2:
Deine Beispiele aus deinem Praktikum und deiner eigenen Schulzeit sind leider noch viel zu sehr verbreitet. Ich persönlich hatte noch kein Schulpraktikum absolviert, aber während meiner Zeit an einem Gymnasium, dass Wert darauf gelegt hat, ein „Genderplay“ möglichst zu vermeiden, gab es trotzdem noch einige Lehrerinnen und Lehrer, die dies nicht eingehalten haben, sowohl aus Versehen als auch beabsichtigt. Ähnlich wie bei dir hatten wir eine Profiloberstufe – Sprachliches, Naturwissenschaftliches, Künstlerisches und gesellschaftwissenschaftliches Profil. Gerade den weiblichen Schülerinnen wurde oft von den eben genannten Lehrerinnen und Lehrer vorgeschlagen, dass künstlerische oder sprachliche Profil zu wählen. Den männlichen Schülern wurde eher das naturwissenschaftliche Profil zugeschrieben.
Diese Lehrerinnen und Lehrer stellten zum Glück jedoch eine Minderheit da, denn die meisten haben sich nach den individuellen Leistungen, Stärken und Schwächen der SuS orientiert und aufgrund dessen ihre Vorschläge zur Profilwahl abgegeben und auch in den Kursen selber hatten sich oftmals gemischte Klassen ergeben, so wie bei dir auch.

Zu Aufgabe 3:
Die Beobachtungsaufgabe selber finde ich gut gewählt, da sie mehrstufig aufgebaut zu sein scheint. Die erste Frage bezieht sich nur auf eine bestimmte Gruppe von SuS, die gerade in diesem Moment vor einer solchen Wahl stehen (Was bei uns nur in der 10. und 11. Klasse möglich war). Die zweite Frage bezieht die vorherigen Vorlesung für eventuellen Förderbedarf mit ein was sehr schön zu lesen ist. Und die dritte Frage ist etwas, was man sich ständig und immer fragen kann, da der Englischunterricht ab der dritten bis hin zu mindestens der 10. Klasse von jedem SuS absolviert wird.
Das einzige, was ich hier kritisieren würde ist der direkte Bezug zur Aufgabenstellung. Die Aufgabenstellung hatte danach gefragt, ein anderes Heterogenitätsfeld zu wählen als in Aufgabe 2. In Aufgabe 2 bist du schon durch den Einbezug auf die Profiloberstufe auf das Heterogenitätsfeld der Sprache eingegangen, demnach hättest du formell gesehen ein anderes Feld wie soziokultureller Background, Leitung oder Inklusion wählen sollen. Jedoch sind deine Beobachtungsfragen abgesehen davon sehr gut formuliert und decken einen guten Bereich sowohl zur Inszenierung (Frage 1) als auch zur Zuschreibung (Frage 2 und 3) ab. Die dritte Frage ist zwar nur indirekt der Zuschreibung zuzuschreiben, jedoch kann die Antwort auf diese Frage ein Bild der Zuschreibung erstellen. Sollten in einer oder zwei Klassen wirklich die weiblichen SuS (viel) besser als die männlichen SuS sein, so würde dies das Bild der Zuschreibung, dass Mädchen besser im Sprachunterricht sind, entsprechen, dass sich in der Gesellschaft gefestigt hat.

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