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(Welt-)Gesellschaftliche Veränderungen, Migration und die Reaktion von Schule- 2. Sitzung, 28.04.2020 rv02

1. Was ist gemeint mit einer ´nationalen Orientierung des Bildungssystems´? Woran kann das festgemacht werden im Hinblick auf seine Zielgruppen, Inhalte/Fächer, Strukturen? (denken Sie hier auch an ihre eigenen Erfahrungen aus der Schulzeit zurück)

Das Bildungssystem in Deutschland kann immer noch als „national orientiert“  angesehen werden.

Migration als Normalfall bzw. der praktischen Realität wird im Schulsystem strukturell noch nicht mit einbezogen. Insoweit wird stattdessen von einer „nationalstaatlich verfasste (n) Gesellschaft“ (Fend 2009, S. 49), nämlich der der deutschen ausgegangen innerhalb derer Migration als praktische Realität nicht vorzukommen scheint. Es wird mithin im Allgemeinen von einer scheinbar homogenen „deutschen“ Kultur ausgegangen in der andere Kulturen oder die Auffassungen oder Vielfältigkeit anderer Kulturen als Bestandteil nicht auftauchen. Anstatt Migration als Teil des Schulsystems und der Schulpraxis zu integrieren, werden in selektiver Weise Neu-Zugewanderte in Parallelstrukturen und Sondermaßnahmen untergebracht und sie so nicht integriert, sondern vielmehr exkludiert.

Ein weiteres Problem ist zudem der undifferenzierte und unsichere Umgang mit Migration im Schulalltag. Begriffe wie „Ausländer“, „Fremde“, „Migranten“ oder „Menschen mit Migrationshintergrund“ werden laut einer Studie aus dem Jahre 2015 (GEI 2015, S. 68) nahezu synonym ohne jegliche Unterscheidung mit Berücksichtigung auf ihre jeweilige Bedeutung in Schulbüchern verwendet. Dies ist insoweit problematisch als dass so ein differenzierter und sensibler Umgang von Schülern mit Migration nicht eingeübt werden kann. Schüler lernen schlichtweg nicht, was es heißt, mit Migration im praktischen Alltag umzugehen.

Im praktischen Alltag wird zum Beispiel der Religionsunterricht vorwiegend reduziert auf das Christentum (evangelisch oder katholisch). Der Umgang mit Glaubensrichtungen anderer Kulturen wird dabei nicht vom Curriculum abgebildet. In Anbetracht der Vielfältigkeit von Religions- und Weltanschauungsgruppen und deren heutige gesellschaftliche Relevanz wäre das Vermitteln des Umgangs mit religiöser Heterogenität dringend indiziert im Schulalltag. Ein Unterrichtsfach, die religiöse Pluralität vermittelt gibt es nicht. Sprachliche Unterrichtsfächer beschränken sich häufig auf Deutsch, Englisch, Französisch und Spanisch, wohingegen andere (zB. arabische) Sprachen selten Eingang finden im Lehrplan. Unterrichtsfächer wie GSW oder Politik haben einen stark westlichen bzw. deutschen Blickwinkel, der im Umgang mit anderen Kulturen wenig Sensibilität vermittelt. In Geschichte wird vorwiegend die Deutsche Geschichte, weniger die Europäische oder die Globalgeschichte vermittelt.

2. Was nehmen Sie aus dem öffentlichen Diskurs über ´Migration als Herausforderung für die Schule´ und über sog. ´Schüler mit Migrationshintergrund´ als Informationen wahr und welche (neuen?) Perspektiven hat die Vorlesung dazu für Sie eröffnet?

Migration ist in der Öffentlichkeit ein Thema, welches oft verbunden ist mit Vorurteilen,  stereotypen Zuschreibungen und Unwissenheit. In Bezug auf „Schüler mit Migrationshintergrund“ wird im öffentlichen Diskurs selten von einer Bereicherung von Kultur gesprochen denn von auszugleichenden Defiziten. Vielfach geht es darum, dass Schüler mit Migrationshintergrund ihre Kenntnisse der deutsche Sprache verbessern sollten bzw. sie individuell zu fördern seien, um sie bestmöglich in die Gesellschaft zu integrieren. Einem individuellen Förderungsbedarf nachzukommen ist dabei zwar erforderlich, jedoch werden Schüler mit Migrationshintergrund nicht selten als „hilflose Opfer“ dargestellt, die sie tatsächlich aber gar nicht sind. Dass Migration als Herausforderung im Schulalltag häufig nicht gerecht werden kann, wird oft pauschal mit zu geringen Kapazitäten abgetan. Statt über nachhaltige, bundeseinheitliche Konzepte nachzudenken wird häufig nur vereinzelt etwas am Schulsystem geändert. Schulrecht ist Ländersache und daher hat jedes Bundesland oft seine eigenen Entwürfe, wie mit Migration im Schulalltag umgegangen werden kann.

Mich hat die Vorlesung vor allem dazu angeregt, Migration als ein allgemeines gesellschaftliches Phänomen zu betrachten, das vor allem auch Chancen im Rahmen einer kulturellen Bereicherung einer Gesellschaft beitragen kann. Ich selbst wurde angehalten, über Migration neu nachzudenken und auch das Schulsystem kritisch zu betrachten. Migration muss im Schulalltag ankommen und es müssen adäquate Mechanismen entwickelt werden, um Migration Teil des Schulsystems werden zu lassen. Ich wurde durch die Vorlesung schließlich auch angehalten, meine eigene Vorurteile zu überprüfen und zu hinterfragen.

3. Inwiefern kann das folgende Beispiel (nächste Folie) von Betül (Interviewausschnitt aus einer qualitativen Studie von Martina Weber) als Ausdruck von ´DoingCulture´ durch Lehrer*innenhandeln im Unterricht herangezogen werden? Erinnern Sie sich aus ihrer eigenen Schulzeit an ein Beispiel für ´DoingCulture´ im Lehrer*innenhandeln?

Das Beispiel von Betül stellt einen typischen Fall von „Doing Culture“ dar. Die Lehrerin besitzt eine spezifische Vorstellung von der türkischen Kultur, deren kulturelle Merkmale sie der Schülerin zuschreibt und von dieser aus ihrer Sicht entsprechend erfüllt werden müssen. (Hier Schwierigkeit von türkischen Mädchen, sich ihren Freund selber aussuchen zu dürfen) Dies kommt bei der Schülerin befremdlich an, da sie weder türkisch noch deutsch, vielmehr europäisch denkt. Sie selbst sieht sich also ganz entgegen der Zuschreibung durch ihrer Lehrerin als von der europäischen Kultur geprägt. Ferner besitzt die Lehrerin eine Erwartungshaltung gegenüber der Schülerin, hinsichtlich des Unterrichtsinhaltes entsprechende Parallelen zu ihrer vermeintlich eigenen Kultur zu ziehen. (Nichterlauben der Heirat von Romeo und Julia durch die Eltern)  Auf diese Weise wird ein kulturelles Bild von der Lehrerin bezüglich der Schülerin erzeugt, welchem diese in keinster Weise entspricht oder entsprechen möchte.

Ein typisches Bespiel aus meiner eigenen Schulzeit waren diverse Bemerkungen gegenüber Schülern mit Migrationshintergrund innerhalb derer die Kultur durch Zuschreibung herabgewürdigt wird. Wenn zum Beispiel der Lehrer aussagt, ein gewisses Verhalten könne man vielleicht „in der Türkei, nicht dagegen in Deutschland an den Tag legen.“ gehen solche Äußerungen bereits weit über die Praxis von „Doing Culture“ hinaus und tragen eindeutig bereits rassistische Züge, die die Diffamierung einer Kultur zum Gegenstand haben.

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Umgang mit Heterogenität in der Schule Einführung in die Thematik und Systematik der Ringvorlesung Teil I 21.04.2020, rv01

1.) Bitte begründen Sie unter Rückgriff auf die Ausführungen in der Präsentation, warum Heterogenität im schulischen Kontext häufig als ´Herausforderung´, die bewältigt werden muss, wahrgenommen wird?

Heterogenität ist eine im öffentlichen Diskurs viel erörtertes Thema. In Bezug auf Schule zeigt sich in der Realität oft eine Vielzahl an Herausforderungen im schulischen Alltag, denen von Seiten der Schule, insbesondere von LehrerInnen gerecht werden muss. Von überfüllten Klassen mit unterschiedlichen Schülern mit unterschiedlichen Herkünften, unterschiedlichen Sprach- und Leistungsniveaus bis hin zur Frage der individuellen Förderung von SchülerInnen sehen sich LehrerInnen einer Arbeitsbewältigung gegenüber, die bei ihnen vielfach einen Ordnungswunsch gegen Überforderungsbefürchtungen aufkommen lässt. („Komplexitätsreduktion“, Luhmann 1975) Der Wunsch der Entdeckung von Gemeinsamkeiten kommt dabei schnell auf, um auf vielfältige Herausforderungen adäquat zu reagieren, sodass möglichst vielen SchülerInnen gerecht werden kann. Die Verwendung von Stereotypen als „Rettungsanker“ kommt dabei in der Praxis allzuoft vor, um den individuellen Herausforderungen scheinbar gerecht werden zu können. Diese Vorgehensweise birgt jedoch oft (wenn auch teils unbewusst) die Basis für Diskriminierung und Vorurteile innerhalb derer den Individuellen Bedürfnissen von Schülerinnen eben nicht mehr gerecht werden kann.

Im praktischen Schulalltag bedeuten diese unterschiedlichen Herausforderungen, dass innerhalb eines relativ homogenisierten Schulsystems (zB.: einheitliches Schuleingangsalter, einheitliches Curriculum für eine Altersstufe) Lehrer SchulerInnen nach ihren jeweiligen Bedürfnissen entsprechend individuell und bestmöglich fördern sollten. Dies ist in Anbetracht der Personalstruktur (jeweils ein Lehrer pro Klasse, derzeitiger Lehrermangel, unzureichende Unterrichtsausstattung, fehlendes Fachpersonal wie Schulpsychologen oder Sozialpädagogen) nicht einfach zu bewältigen. Heterogenität gemeinhin als „Chance“ zu begreifen bleibt dabei oftmals mehr einer Idealvorstellung denn praktische Realität.

2.) Was ist damit gemeint, wenn von dem ´Konstruktionscharakter´ von Heterogenität die Rede ist? Bitte erklären Sie das in eigenen Worten.

Heterogenität ist eine soziale Konstruktion. Sie hängt von der Vorstellung ab, dass in einer Gesellschaft eine bestimmte Norm, ein gewisser Maßstab existiert. Dies bedeutet, dass davon ausgegangen wird, dass hinsichtlich eines Sachverhaltes eine Einheitlichkeit existiert, die von bestimmten gleichen oder ähnlichen Merkmalen ausgeht. In Abgrenzung zu dieser Homogenität, dessen, was der Norm bzw. des Maßstabes nach normal ist, werden die entsprechenden Abweichungen differenziert. Was passt nicht zu dem Maßstab? Was passt nicht zu dieser Norm? Was liegt dementsprechend außerhalb der Norm und ist demzufolge heterogen?

3a) Welche Erfahrungen/Beobachtungen mit dem Umgang von Lehrer*innen mit verschiedenen Dimensionen von Heterogenität (AGG + soziale Schicht) haben Sie in ihrer Schulzeit gemacht? Bitte beschreiben Sie ein aus Ihrer Perspektive besonders positives oder auch negatives Beispiel.

Ich persönlich erinnere mich gut eine Situation aus der Grundschule in Bezug auf einen leistungsschwachen Schüler, der, bedingt durch eine ärztlich diagnostizierte Lernschwäche die Klasse wiederholen musste. Nachdem auch das Wiederholungsjahr nicht erfolgreich von dem Schüler absolviert werden konnte, kam er auf die Sonderschule. Es war von vornherein ersichtlich, dass dieser Schüler Anforderungen von allgemein-bildenden Schulen nicht würde gerecht werden können. Im Ergebnis wäre der Besuch der Sonderschule viel früher indiziert gewesen, nicht zuletzt wegen der ärztlichen Diagnose. Stattdessen hatte man ihn vergeblich die Klasse wiederholen lassen. Hier wäre ein individuelles, adäquates Reagieren viel früher indiziert gewesen.

 

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