Seit der Corona-Pandemie ist es immer beliebter geworden, sich neue Hobbies zu suchen und diese mit anderen Personen auf der Social Media App Tik Tok zu teilen. Auf Tik Tok entwickelten sich immer mehr Nischen zu verschieden Hobbies, so auch zum Lesen; die Nische „Book Tok“ ist entstanden.
Natürlich fragt man sich jetzt, was denn schon dabei sei, ein paar Bücher in die Kamera zu halten und über die gemeinsame Freude zum Lesen zu reden. Anfangs mochte ich die Idee, eine eigene Nische für Bücher auf Tik Tok zu haben auch und freute mich, dass so immer mehr junge Menschen zum Lesen gekommen waren.
Auch ich selbst fing wieder an mehr zu lesen und fand des öfteren neue interessante Buch-Tipps in der App. Doch ab einem gewissenen Zeitpunkt wiederholten sich diese einfach nur noch und spätestens dann, als Book Tok anfing, „mainstream“ zu werden, sah man gefühlt nur noch die gleichen fünf Bücher, die in die Kamera gehalten wurden. Manche Bücher wurden so stark gehypt, dass ich mir sicher war, sie müssten dann auch gut sein, nur um dann enttäuscht zu werden. Auch auf Diversität wird bei den Büchern, die man mittlerweile dort auffinden kann, kaum Wert gelegt; immer wieder geht es um heterosexuelle, meist weiße Paare, die eine „enemies to lovers“ (Hass zu Liebe) Liebesgeschichte durchlaufen. Dass viele dieser Liebesgeschichten meist toxische Elemente beeinhalten und dies romantisiert wird, wie es bei den Büchern der US- amerikanischen Autorin Colleen Hover der Fall ist, ist meist kaum der Rede wert.
Dass besonders sehr junge Menschen diese Bücher lesen und diese sogenannten Liebesgeschichten dann als erstrebenswert betrachten, ist in meinen Augen mehr als problematisch. Aber es kommt noch schlimmer: das beliebteste Book Tok- Buch des Jahres 2023 trägt den Titel „Haunting Adeline“ und handelt von einer Stalker-Opfer Romanze, in der sexueller Missbrauch verherrlicht wird.
Jedes mal, wenn ich sehe, wie Teenager-mädchen dieses Buch loben und es Gleichaltrigen (oder sogar noch Jüngeren) empfehlen, weiß ich nicht, ob ich schreien oder weinen möchte. Die Romantisierung der Werte, die in diesem Buch vermittelt werden, macht mich sprachlos.
Was allerdings aber auch immer weiter zunimmt, sind die Repräsentationen an Büchern auf der App, die gefühlt nur aus Sex- Szenen bestehen. Versteht mich nicht falsch, jeder darf lesen, was er/sie möchte und auch ich lese manchmal gern Bücher, mit der ein oder anderen solcher Szenen, jedoch hat dieses Genre so stark die Überhand auf Tik Tok übernommen, dass ich den Geschmack der Mehrheit der Nutzer*innen der Plattform anzweifele. Denn Repräsentationen von Büchern, die von Handlungen, Weltenaufbau oder Charakteren leben, sucht man dort vergebens.
Insgesamt muss ich sagen, dass ich Book Took als erstes als schöne Idee wahrgenommen habe, diese Meinung sich aber schnell geändert hat. Denn spätestens zu dem Zeitpunkt, an dem immer die gleichen Bücher, die auch noch frei von jeglicher Diversität sind, vorgzeigt worden sind, hat es angefangen mich zu nerven. Aber nicht nur deshalb bin ich kein Fan von Book Tok, auch sehe ich die Romantisierung von toxischen Beziehungen und Missbrauchs in Büchern, die vor allem von Jugendlichen gelesen werden, als höchst problematisch an.
Für die Zukunft würde ich mir deshalb mehr Aufklärung in Beziehung auf diese Themen und mehr Diversität auf Book Tok wünschen.
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