Reflektieren Sie die Konsequenzen der Aussonderung von Schüler/-innen mit Förderbedarf.

Sogenannte „Restklassen“, also Klassen, in denen sich nur SuS mit einem Förderbedarf befinden, behindern und schränken die Bildungsmöglichkeiten ihrer SuS ein. Dies resultiert einerseits aus der fehlenden Orientierung der SuS mit Förderbedarf an denen ohne Förderbedarf, die ein Vorbild für die sprachliche, motorische, emotional-soziale Entwicklung, wie auch die Lernentwicklung sein können. Zudem können in homogen Klassen von SuS mit denselben Förderschwerpunkten “schlechte“ Gewohnheiten weiter ausgeprägt und gestärkt werden. Des Weiteren führt die Bildung von „Restklassen“ zu einer Ausgrenzung, die sich im späteren Leben, insbesondere auch im Berufsleben in Form von Problemen hinsichtlich der Integration und Anpassung zeigen könnte, da nie der Kontakt mit „Anderen“ erlernt wurde. Andererseits profitieren SuS ohne Förderbedarf genauso von der Inklusion, die ihnen zunehmend die Möglichkeit bietet ihre Toleranz, Empathie, Rücksichtnahme zu stärken & ihnen Vorurteile, sowie Kontaktangst zu nehmen.

Warum sollte also weiterhin eine Aussonderung der SuS mit Förderbedarf stattfinden? Ich möchte hier, um diesen Standpunkt zu stärken die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte zitieren:

„Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren“

(Artikel 1 (Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit); Allgemeine Erklärung der Menschenrechte; UN Department for General Assembly and Conference Management German Translation Service (Stand: 30.10.2009) http://www.ohchr.org/EN/UDHR/Pages/Language.aspx?LangID=ger)

 

Welche Informationen sind in der Diagnose „Förderschwerpunkt Wahrnehmung & Entwicklung“ bzw. „Förderschwerpunkt Lernen“ enthalten? Welche Informationen benötigen Sie von einer Schüler/-in um Ihren Unterricht ggf. anzupassen?

Die Förderschwerpunkte „Lernen“ und „Wahrnehmung & Entwicklung“ umfassen ein breites Spektrum, das von SuS mit einer Lese-Rechtschreib-Schwäche bis hin zu SuS mit einer geistigen Einschränkung (Behinderung) reichen kann. Welche Einschränkung aber nun genau vorliegt, ist diesen Kategorisierungen nicht zu entnehmen. Diese Kategorisierung ist also eine Art und Weise, um einen groben Überblick über SuS zu erlangen, jedoch sollte niemals vergessen werden, dass jedem SuS individuell geholfen werden sollte und jedes Individuum mit Förderbedarf andere Erfahrungen, Interessen und auch eine andere Lernbereitschaft besitzt. Eine individuelle Hilfestellung für SuS wird erst ermöglicht, sobald ich über die Kategorie hinausdenke, mir durch Gespräche mit dem betreffenden Kind, den Eltern und auch Mitschüler/-innen ein Bild der Ausprägung des Förderbedarfs und auch des Individuums an sich erlange.

 

Wie können Sie der Vielfalt der Schüler/-innen gerecht werden und welche Verbündeten können sie dazu gewinnen?

In erster Linie ist meiner Meinung nach wichtig, dass erkannt werden muss, dass ein standardisierter Unterricht niemals die Möglichkeit bieten kann der Vielfalt der SuS gerecht zu werden. Vielfältige SuS benötigen ein vielfältiges Unterrichtsangebot. Um dies erreichen zu können, kann mit Niveaustufen, individualisierende Bewertung, Lernzeiten, Zielvereinbarungen u.vm. gearbeitet werden. In der Vorlesung wurde zudem von Herrn Prof. Dr. Frank J. Müller die norwegische Website ndla.no vorgestellt, bei der es sich um eine staatliche Plattform für freie Bildungsmaterialien, die weltweit nutzbar ist, handelt. Diese Art und Weise Unterrichtsmaterialien frei zur Verfügung zu stellen, kann die Unterrichtsgestaltung vereinfachen und beschleunigen, sodass im Endeffekt mehr Zeit für jeden einzelnen SuS bleibt. Diese Vielfältigkeit des Unterrichts alleine zu (er-)schaffen ist schwer, wodurch notwendig ist, die erfahreneren Kolleg/-innen um Hilfestellung zu beten, die Eltern mit einzubeziehen und dass die SuS voneinander und miteinander lernen.

 

Warum stellte die Entwicklung der Sonderschulen historisch betrachtet einen Fortschritt dar? (vgl. Feuser in Müller 2019)

Sonderschulen boten zum ersten Mal SuS mit Förderbedarf einen Zugang zum Bildungssystem und waren somit auch der erste Schritt zu einer öffentlichen Anerkennung von „Behinderten“. Insbesondere nach dem zweiten Weltkrieg war es meiner Meinung nach wieder wichtig Menschen, die vorher stark ausgegrenzt und auch misshandelt wurden wieder einen Platz in der Gesellschaft zu bieten. Meine eigene Schwester war wegen ihrer geistigen Behinderung auf so einer Sonderschule, die sie in der Entwicklung ihrer Sprache, motorischen Fähigkeiten und auch der Stärkung ihres Selbstbewusstseins unterstützte. Natürlich erfolgte hierdurch nur eine Integration in die Gesellschaft, aber nicht wirklich die Inklusion. Ich denke wir haben noch einen sehr weiten Weg vor uns, bis jedem Menschen das geboten werden kann, was ihm eigentlich zusteht.