I.
Hier sind wir wieder beim Thema ‚Gender‘. Jeder hat es und kann es aufgrund seiner Sexualität auch nicht folgenlos ignorieren. Trotz sexueller Revolution und dem nun schon über fünfzig Jahre bestehenden Artikel 3 des Grundgesetzes, bestehen wenig Themen an denen sich die Gemüter weniger erhitzen lassen. Wie viele Geschlechter gibt es? Ist das Geschlecht ‚Natur‘ oder ‚Gesellschaftliche Zuweisung‘? Wer bestimmt mein Geschlecht? Viele Fragen werfen sich zu dieser Thematik auf und um sie nachzuvollziehen muss man erst mal einen Schritt zurück machen.
Das Fundament der Geschlechtlichkeit bildet das biologische Geschlecht: Zwischen der Polarität von X-Chromosomen und Y-Chromosomen spielt sich die Geschlechtlichkeit ab: Da der Löwenanteil aus ‚Männern‘ (XY) und ‚Frauen‘ (XX) besteht, ging man in der Geschichte auch nur von zwei Geschlechtern aus und es verhält sich so, dass das Y-Chromosomen physische Überlegenheit verursacht hat und das ‚männliche‘ Geschlecht somit die Spielregeln quasi von der Existenz des Menschen an bis ins zwanzigste Jahrhundert bestimmt hat. Das andere Geschlecht wurde dominiert und ihm seine Rolle zugewiesen. Ein gutes Beispiel der neueren Popkultur hierfür sind die Schlümpfe, bei denen jeder Schlumpf durch ihre spezifische Eigenschaft charakterisiert wird: Schlaubi der Schlaue, Papa (!) Schlumpf der Anführer, Hefty der Handwerkliche und schließlich Schlumpfine die Weibliche. Die Frauen haben nicht an der Gesellschaft teil genommen und waren auf ihre Funktion zur Triebabfuhr für den Mann und zur Reproduktionsarbeit marginalisiert. Nun sind aber wie angemerkt seit der Subjektwerdung der Frau 50 Jahre vergangen, und Rollenzuschreibungen bestehen längst nicht mehr in der radikalen „Schlumpf-Form“ fort, jedoch haben sie sich auch nicht vollends verflüchtigt. Warum das?
Wichtig ist zum Verständnis scheint die Unterscheidung zwischen der ersten Natur und der zweiten (gesellschaftlichen) Natur des Menschen. Die erstere ist nur soweit hintergehbar, wie es die äußere Naturbeherrschung zulässt: So wird es wohl vorerst das Schicksal der Frau bleiben, dass sie die Kinder gebären wird und diese Grundanlage weiter beeinträchtigt sein wird. Durch das Gebären von Kindern initiiert sich aber dann auch schon die Mutter-Kind-Beziehung (mit all ihren libidinösem Seiten), wodurch schnell das Bild der Kümmernden Frau evozieren kann. Dieses wird dann schnell ohne große Reflexion auf die erste Natur projiziert und schon steht es für viele Menschen fest, dass z.B. Frauen ‚an sich‘ emotionaler seien und eher für Kümmerarbeit geeignet seien. Zwischen solchen Verwirrungen zwischen erster und zweiter Natur spielt sich auch das ‚Spannungsfeld von Inszenierung und Zuschreibung in Bezug auf Gender‘ ab.
Genau diese Konfliktlinien ziehen sich natürlich auch bis in die Schule hinein.
II.
Die Pubertät fällt, wie viele Lehrer erleiden müssen, ja mitten in die Schullaufbahn. Dementsprechend kann wohl jeder der in Schule war ein paar aussagen zu dem Thema ‚Gender‘ machen. In meiner Schulzeit war selbstverständlich noch alles nach Zweigeschlechtigkeit getrennt. In der Grundschule kam es freilich öfters zu ersten geschlechtsidentitären Versuchen und einige von diesen wurden auch von anderen sanktioniert, was ‚männlich‘ und was ‚weiblich‘ sei. In der fünften Klasse dann wurde ich mit einem Schulfreund an einem Vier-Personen-Gruppentisch mit zwei Mädchen gesetzt, da diese eher die ’stillen und ordentlichen‘ waren und wir ‚ungehobelte‘ Jungs. Selbstverständlich hatte meine damalige Lehrerin auch völlig Recht damit, hat aber direkt die Geschlechterklischees getroffen. In diesem Falle gibt es keine Problematik, da die Klischees zutrafen, aber nach außen hin hatte er natürlich klischeereproduktiven Charakter. Schließlich ist noch zu sagen, dass nicht wir diszipliniert wurden, sondern die beiden Mädchen nach einem Halbjahr mit uns an einem Tisch nicht mehr nur ’still und ordentlich‘ waren. Dementsprechend hatte es ein gutes Ende – nur nicht für den Geräuschpegel in der Klasse. In den folgenden pubertären Jahren wurden dann gerade auf Seiten der Jungen pubertäre Triebkräfte eher in eine homoerotische als in eine ‚genderplay‘ Richtung gelenkt.
Ehrlich gesagt ist auch schwer hier etwas genaues zu formulieren, weil der Bergriff ‚Gender‘ gelinde gesagt ziemlich schwammig ist. Arbeiten wir hier mit ‚Gender‘ als Selbstzuschreibung oder gesellschaftlicher Zuschreibung? Im Verbund mit dem biologischen Geschlecht? Soll ich hier alle meine eigenen Ideen in den Begriff rein projizieren? Es schwer so wichtige Themen kindliche Geschlechtlichkeit bzw. Sexualität zu reflektieren. Soll ich hier eher eine psychoanalytische oder soziologisch Perspektive aufmachen? Wahrscheinlich eher ‚Gender‘ in einem rezeptiven Sinn, aber das wird leider nicht klar und wenn man diesen überladenen Begriff in den Ring wirft, wird auch vieles nicht klarer.
III.
Beschreibe Elemente „gendersensibler Pädagogik“, möglichst unter Bezugnahme auf mindestens ein anderes Heterogenitätsfeld, die du in deinem Praktikum beobachten kannst.