1. Diskutieren Sie die Relevanz der Arbeitshypothese der „doppelten Heterogenität“ für eines ihrer Fächer und stellen sie dies anhand einen konkreten Unterrichtsinhaltes dar.
Um die Arbeitshypothese der sogenannten „doppelten Heterogenität“ genauer zu verstehen, muss man die doppelte Heterogenität defnieren. Laut Prof. Andreas Klee geht man bei der Arbeitshypothese von der „doppelten Heterogenität“ davon aus, dass SuS nicht nur aus verschiedenen Ländern kommen und einen unterschiedlichen Migrationshintergrund haben können. Außerdem bringen die SuS ganz unterschiedliche Fachkenntnisse, z.B. Sprachniveaus, naturwissenschaftliche Vorbildung etc. mit. Herr Klee erzählte außerdem von den sog. „undefinierten“ Begriffen, d.h. Schlagwörter wie z.B. Frieden oder Demokratie seien eher abstrakt und jeder SuS habe ganz unterschiedliche Vorstellungen von ihnen und gehe mit unterschiedlicher Arbeitsintensität an diese jeweiligen Arbeitsthemen. Derartige Begriffe spielen insbesondere im Politikunterricht eine Rolle. Die Abstraktion dieser Begriffe eröffnet mir als angehendem Lehrer aber auch die Möglichkeit, möglichst breiträumig verschiedene Vorstellungen von einem „undefinierten“ Begriff, wie z.B. Frieden erörtern zu lassen. So kann man als Lehrkraft möglichst alle SuS mit attraktiven Unterrichtskonzepten für auch schwierige Themen begeistern. Derartiger Unterricht ist auch existentielle Grundlage für einen offenen und gerechten Diskurs über Themen, der möglichst ergebnisoffen sein soll und darauf abziehlt, allen SuS des Klassenverbands und ihren unterschiedlichen Meinungen Gehör zu verschaffen.
2. Skizzieren sie unter Bezugnahme auf einen konkreten Unterrichtsinhalt drei methodische Varianten zur unterrichtspraktischen „Erhebung“ von Schüler*Innenvorstellungen.
Um mit meiner Vorstellung von einem diskursfreudigen Klassenverband zu beginnen: Die kommunikative Begegnung dient dazu, dass SuS ihre unterschiedlichen Gedanken und Meinungen sowie Ergebnisse in Form eines offenen Austauschs sich gegenseitig zu präsentieren. Dies kann zum Beispiel in Form von „Fish Bowls“, Gruppenmemorys oder Referaten geschehen.
Bei der selbstreflektierenden Begnung geht es insbesondere darum, dass die SuS individuell sich über ein Thema Gedanken machen. Um noch einmal das Thema „Frieden“ aufzugreifen: Hier wird jedem SuS zum Beispiel Zeit gegeben, eigene Gedanken in Form eines „Brainstorms“ niederzuschreiben. Hierbei geht es darum, dass alle SuS den Freiraum haben, ohne Wertung eigene Gedanken aufzuschreiben.
Bei der differenzierten Begegnung geht es vor allem darum, mit Fachwissen die Beobachtungen, Ergebnisse und Vorstellungen der SuS durch die jeweilige Lehrkraft zu ergänzen. So können wissenschaftliche Fakten den SuS näher gebracht werden, die dabei helfen können, eigene Vermutungen oder Vorstellungen sowohl zu bestätigen als auch zu dementieren. Sie ist der letzte Schritt zwischen SuS und ihren Lehrkörpern, um relevante Aspekte des Themas zu verfestigen.
3. Formulieren Sie eine Beobachtungsaufgabe in Bezug auf unterschiedliche Sprachwirklichkeiten von SchülerInnen und Lehrer
Zunächst muss die Lehrkraft sich darüber im Klaren sein, dass sie im Gegensatz zu den SuS eine akademische Karriere hinter sich hat. Sie besitzt profundes Fachwissen, welches es gilt weiter zu vermitteln. Also muss die Lehrkraft ihre Sprachwirklichkeit verlassen und die der SuS erreichen muss. Z. T. birgen Fachwörter einige Tücken, die es einigen SuS unmöglich machen, der Lehrkraft zu folgen. Diese Sprachwirklichkeit gilt es näher zu beleuchten und sowohl SuS als auch Lehrkörpern in eine gemeinsame Sprachwirklichkeit zu versetzen.
Hallo Rune,
ein toller Beitrag, bei dem mir vor allem Deine Methodenkenntnis und die konkrete Vorstellung von Deinem Unterricht positiv aufgefallen sind!
Schön, dass Du mit der Definition der doppelten Heterogenität startest. Mir ist dadurch nocheinmal aufgefallen, dass die Möglichkeiten der Vorstellungen, die SuS zu Unterrichtsthemen mitbringen können umso vielfältiger werden, desto undefinierter der Begriff ist (Bsp. Tisch – Demokratie aus der VL). In meinem Hauptfach, der Musik ist das Feld an möglichen Vorstellungen natürlich extrem weit, man stelle z.B. nur einmal die Frage „Was ist Musik?“. In meinem Nebenfach der Mathematik sieht des schon anders aus, da hier durch die Exaktheit der Mathematik eher entscheidend ist, ob die Schüler eine (richtige) Vorstellung der Begrifflichkeiten mitbringen, die zum Verständnis eines Themas wichtig sind. Wenn z.B. Matrizen thematisiert werden, müssen SuS bereits Lineare Gleichungssysteme kennen und eine Vorstellung davon mitbringen, da sonst ein Verständnis schwierig wird.
Sehr gefallen hat mir, dass Du Deinen SuS zunächst einen wertungsfreien Raum geben möchtest, in dem sie ihre Vorstellungen äußern können. ICh denke, dass dies wichtig ist, um als Lehrkraft auch über die doppelte Heterogenität einer Klasse einen Überblick zu erhalten.
Die Gedanken in Deinem letzten Absatz unterstütze ich sehr, denn als guter Pädagoge sollte man seine SuS „da abholen, wo sie stehen“, sprich: ein Dozieren im hochwissenschaftlichen Ton wird nur wenige bis gar keine SuS erreichen.
Ich hätte mir noch eine konkretere Beobachtungsaufgabe gewünscht, z.B. könnte man anknüpfend an Deine Gedanken die Frage formulieren, wie sich die Sprachwirklichkeit der Lehrkräfte und SuS auf die Motivation der SuS auswirkt.
Viele Grüße
Lorenz Bolle