rv04 Heterogenität im Schriftspracherwerb elementare Schriftkultur

1. Wählen Sie ein „leeres Blatt“ oder die „Memory mit Schrift“-Szene von Mia und Anastasia und beschreiben Sie möglichst genau an Beispielen aus dem Material, welche Zugänge zur Schrift die Kinder bereits gefunden haben (z.B. Was wissen sie über Schrift? Wie nutzen sie Schrift?, Was bedeutet ihnen Schrift?, Worin unterscheiden sich ihre Schrifterfahrungen?)

Die Verwendung eines leeren Blattes in der Präsentation verdeutlicht, dass Kinder bereits ein Bewusstsein dafür entwickelt haben, dass bestimmte Wörter, wie Nomen und Namen, groß geschrieben werden sollten (vgl. RVL: Folie 9). Dies zeigt sich darin, dass sie diese Wörter so schreiben, wie sie sie sprechen, was darauf hindeutet, dass sie bestimmte Laute und Wörter bereits verinnerlicht haben (vgl. Dehn/Hüttis-Graff 2000: S. 38). Darüber hinaus sind sie in der Lage, das gesamte Alphabet in Großbuchstaben niederzuschreiben (vgl. RVL: Folie 9).
Im Gegensatz dazu kann ein anderes Kind bereits kurze Sätze formulieren, wie zum Beispiel „Mama malt Timo“ (vgl. RVL: Folie 10). Es ist anzunehmen, dass beide Kinder Wörter verwendet haben, die ihnen im Alltag häufig begegnen und somit ein integraler Bestandteil ihrer Lebenswelt sind, wie zum Beispiel Mama, Papa oder die Namen von Freunden, Familienmitgliedern oder Haustieren. Des Weiteren zeigen sie ein intuitives Verständnis für das phonographische Prinzip, indem sie Wörter so schreiben, wie sie sie aussprechen. Diese Wörter stellen einen leicht zugänglichen Einstieg in den Schriftspracherwerb dar, da jedes Kind einen individuellen Zugang zu einer Vielzahl von Bezugswörtern hat.

2. Erklären Sie den Begriff „elementare Schriftkultur“, grenzen Sie ihn von dem Begriff der Kulturtechnik ab. Führen Sie anschließend drei Beispiele konkret aus, in denen Sie Kindern in Kita oder Unterricht bereits Zugänge zur elementaren Schriftkultur ermöglicht haben bzw. ermöglichen könnten.

Der Begriff „elementare Schriftkultur“ bezieht sich auf die grundlegenden Fähigkeiten und Praktiken im Umgang mit Schrift, die Kinder entwickeln, um sich in schriftlicher Form ausdrücken zu können (vgl. Klett/Kallmeyer 2021: 7). Im Gegensatz dazu umfasst der Begriff der „Kulturtechnik“ ein breiteres Spektrum an Fähigkeiten, die für die Teilhabe an der Gesellschaft erforderlich sind, einschließlich Lesen, Schreiben und Rechnen (vgl. Klett/Kallmeyer 2021: 7 ff).
Ein Beispiel, wie Kindern in der Kita Zugänge zur elementaren Schriftkultur ermöglicht werden könnten, ist das regelmäßige Vorlesen von Bilderbüchern und das gemeinsame Betrachten der Bilder, um sie mit dem geschriebenen Wort vertraut zu machen (Klett/Kallmeyer 2021: 20). Im Unterricht könnten Lehrkräfte den Schüler*innen auch ermöglichen, Gedichte zu lesen und schwierige Wörter zu erklären, um ihr Verständnis für die Bedeutung von Wörtern zu fördern (vgl. Klett/Kallmeyer 2021: 21f). Darüber hinaus könnten digitale schriftkulturelle Angebote genutzt werden, um den Kindern den Umgang mit verschiedenen Formen von Schrift und Literatur näherzubringen (ebd.).

3.Die neuesten Ergebnisse der IGLU Studie 2022 zeigen einmal mehr, dass sich die Leistungsheterogenität im Lesen(lernen) weiter verschärft. Stellen Sie vor dem Hintergrund des weiten Begriffs von Schriftspracherwerb (Folie 19) und insbesondere des Begriffs der elementaren Schriftkultur Überlegungen dazu an, wie es zu diesen Ergebnissen kommen konnte und wie sich Leseunterricht verändern müsste, damit viel mehr Kinder zu Leser*innen werden können

Der Schriftspracherwerb umfasst nicht nur das Erlernen von Schreib- und Lesetechniken, sondern auch die grundlegenden Schriftkulturen und literarischen Praktiken (RVL: Folie 18). Die elementare Schriftkultur bildet dabei eine wesentliche Grundlage für den Schriftspracherwerb (vgl. Dehn 2011, S. 129). Es wird angenommen, dass die Vielfalt der erlebten elementaren Schriftkulturen zu unterschiedlichen Erfolgen im Lesen beiträgt. Die Ergebnisse der IGLU-Studie 2022 zeigen, dass die Leistungsheterogenität im Lesen zunimmt. Möglicherweise liegt dies daran, dass nicht alle Kinder ausreichend Erfahrungen mit elementarer Schriftkultur machen. Um mehr Kinder zu Leserinnen und Lesern zu machen, sollte der Leseunterricht möglicherweise verstärkt auf den Erwerb von elementarer Schriftkultur setzen, z.B. durch Vorlesen, Geschichtenschreiben und diktierendes Schreiben.

Literatur:
– Dehn, Mechthild/Hüttis-Graff, Petra (2000) (Hrsg.): Zeit für die Schrift II. Beobachtung und Diagnose. Berlin, S. 32-54.
– Weinhold, Swantje (2024) Ringvorlesungsfolien zur „Heterogenität im Schriftspracherwerb elementare Schriftkultur“
– Schüler, Lis (2021) (Hg.): Elementare Schriftkultur in heterogenen Lernkontexten. Zugänge zu Schrift und Schriftlichkeit. Seelze: Klett/Kallmeyer, S. 7-26.


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