Was kann man nun nach diesem Interview für die Frage „Was hat die Bewegung bewirken können?“ mitnehmen?
Zunächst kann auf den Interviewten, Hans-Martin Grotjahn, geschaut werden. Aus dem Interview ging hervor, dass er sich der Bewegung anschloss, weil er diese attraktiv fand und den Meinungen größtenteils zustimmen konnte. Dabei muss betrachtet werden, dass dies eine Veränderung seines vor allem politischen Wesens ausmachte. Im Interview erwähnte er, dass er ein konservativer CDU naher Mensch gewesen ist. Er kam aus einem Elternhaus mit einem Pastor als Vater und besuchte eine Klosterschule, welche nun eben nicht auf die Entwicklung von liberalen oder linken demokratischen Gedanken abzielte. Außerdem wurde zu Hause mit einem alternden ehemaligen preußischen General konfrontiert. Er wurde nicht direkt von der Bewegung angezogen und hatte beispielsweise nie daran gedacht Professoren zu kritisieren oder respektlos zu behandeln. Auch wurde er nicht, wie viele in seiner Generation, von den Eltern in die Richtung der Bewegung, durch Verbote und ein dadurch aufkeimendes rebellisches Gemüt, getrieben.
Er hatte sich zwar schon politisiert gefühlt, durch das Interesse an der Verangenheit seines Vaters oder des Generals oder auch durch die Auschwitz Prozesse, aber nicht in die Richtung der 68er Bewegung. Er behauptet von sich selbst, dass er politisch gesehen naiv war als er mit diesen politischen Ideen und Figuren der Bewegung zum ersten Mal konfrontiert wurde.
Und dennoch unterstütze er die Bewegung nachdem er nach Göttingen kam. Er nahm an Demonstrationen teil und fiel gefallen an den Ideen undMeinungen aus der Bewegung. Die Bewegung politisierte ihn, wie er selbst sagt.
Außerdem veranlasste sie ihn dazu den Status Quo zu hinterfragen. Im Zusammenhang mit dem Anschlag auf Rudi Dutschke erkannte er, wie er sagt, zum erste Mal was der Staat zu verbergen hatte. Ein Gedanke der sich bis heute getragen zu haben scheint, da er kritisiert wie mehrere Folgegenerationen sich auf das Grundgesetz verlassen haben ohne für die Demokratie zu kämpfen, sodass ein Rechtsruck bis zuletzt gedeihen konnte. Dazu kommt, dass er auch z.B. die Vergangenheit seines Onkels (Jochen) hinterfagte und hinter seine Fassade blickte und im Nachhiein so hrausfand, dass dieser ein strenger Nazi war.
Die Bewegung hat aus einem CDU nahem Menschen, außerdem einen linken Wähler gemacht, der, er selber behauptet, nach der Bewegnug SPD und Die Linke wählte.
Außerdem scheint die Bewegung auch auf Hans-Martin als Menschen eingewirkt zu haben, denn auch er probierte verschiedene Dinge wie Joints oder die Musik der Zeit aus oder probierte die Mode der Zeit aus (Stichwort Holskette). Auch das Verhalten mag auf gewisser Ebene beeinflusst worden sein, denn wie er sagt wurde er auf Zurückhaltung erzogen, doch er erzählt auch, dass er wenn auch erst nach einiger Zeit Bücher klaute oder bei Karstadt stahl. Dennoch bleibt seine Zurückhaltung sichtbar.
Die Bewegung hat also definitiv bei der Person Hans-Martin Grotjahn etwas bewirken können. Aus dem interview wird, aber auch deutlich, dass sich Veränderungen auf einer größeren Ebene vollzogen haben.
Zunächst kann man betrachten, dass diese Bewegung genug Menschen um sich sammeln konnte, dass sie ein Identifikationsmerkmal einer ganzen Generation wurde, wie aus dem Gespräch mit Hans-Martin, aber auch der Allgemeinen Wahrnehmung hergeht.
Des weiteren sorgte die Bewegung laut Hans-Martin ebenfalls dafür, dass die Mitbestimmung an den Universitäten Fortbestand hatte und dass aber nun auch der politische Diskurs Teil der Universitäten wurde, welche bis heute auch von mir selbst an der Universität erlebt werden kann.
Am gravierendsten wirkte die Bewegung wohl auf das politische Verständnis der breiten Bevölkerung. Hier kann man festhalten, dass die “politische Denke aufgebrochen wurde“, wie Hans-Martin mir im Interview erzählt. Damit gemeint ist, dass in Deutschland die Bewegung dafür gesorgt hat, dass das linke politische Spektrum und linke Ideen mehr Ansehen bekommen haben. Dies zeigt sich ja beispielsweise daran, dass die CDU nicht für ewig die dominierende Partei in der Bundesrepublik ist und dass sich, wie Hans-Martin im Interview beschrieb, in manchen Ländern die SPD geradezu etablierte. Diese Enwticklung zegt sich sicherlich auch an der Parteiendiversität im linken Spektrum, welche sich über die Zeit hinweg entwickelt hat.
Man könnte sagen die Bewegung hat dazu beigetragen, dass linke Ideen in vielen Köpfen hängen geblieben sind, unter anderem auch im Kopf von Hans-Martin Grotjahn
Abschließend lässt sich dazu wohl passend sagen, dass die Bewegung wohl nicht zu systematischen Veränderungen oder irgendwelchen Revolutionen geführt hat, aber sie hat in den Köpfen vieler Menschen einen (positiven) Eindruck hinterlassen und einer Generation ein Identifikationsmerkmal gegeben.