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RV13 – Prof. Dr. Yasemin Karakasoglu: Schule in Kanada

1.) Wenn Sie an die Schwerpunktvorlesungen zu Migration (RV02 Karakasoglu) und Inklusion RV06 (Frau Schwarzenberg) und RV07 (Herr Müller) zurückdenken, wo sehen Sie Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Inklusionsverständnis zwischen Kanada und dem, was Sie in der Vorlesung über Deutschland gelernt haben? Bitte nennen Sie mindestens 2 Aspekte und begründen Ihre Wahl mit Bezug zu den Vorlesungsinhalten.

Die Idee von Inklusion scheint  in Kanada und Deutschland ähnlich zu sein, aber die praktisch Umsetzung ist trotzdem anders. Dies kommt teilweise daher, dass beide Länder einen unterschiedlichen historischen Bezug zu den Themen Migration und Diversität haben, und dass die Schulbildung anders wahrgenommen wird. 

Hinsichtlich der Aspekte Migration und Diversität und bezüglich des 2. Beitrags dieser Vorlesung kann man sagen, dass Kanada eine besondere Geschichte hat. Es ist wichtig zu betonen, dass Kanada ein koloniales Land ist, das sich zu einer multikulturellen Gesellschaft entwickelt hat. Dieser Kontext von Besiedlung hat natürlich einen Einfluss auf die Inklusion in Schulen heutzutage, weil sich dort verschiedene Kulturen treffen.  Die Situation für Deutschland ist anders, da Europa mit Diversität eine andere Geschichte hat und Diversität hier einen anderen Klang hat. In Kanada hat sich Diversität schneller in Frage gestellt, weil das Land auf Multikulturalismus gebaut ist, und Diversität deswegen eine hohe Priorität hatte. 

Die Frage von Mehrsprachigkeit zum Beispiel ist interessant. Von Anfang an hat Kanada sich mit mehrere Sprachen beschäftigt und hat zwei offizielle Landessprachen, die Förderung von Sprachen ist daher anders. In Deutschland ist Deutsch erforderlich in der Schule, und daher gibt es Kurse für Deutsch als Fremdsprache als Angebot für Schüler*Innen mit Migrationshintergrund in fast jeder Schule. In Kanada ist die Sprachförderung für Englisch als Zweitsprache gut entwickelt und was ich persönlich sehr beeindruckend finde, ist dass Englisch nicht als “Ersatzsprache”, sondern als “Zusatzsprache” behandelt wird, da sie für eine Übergangsphase den Unterricht in ihre Muttersprache haben. Es bedeutet, dass Kinder, die andere Sprachen können, erstmal Zeit haben um Englisch zu lernen und dass sie sich nicht schlecht fühlen, weil sie mit anderen Sprachen aufgewachsen sind. Außerdem sind die Richtlinien im Bezug auf Diskriminierung sehr gut entwickelt und ich finde die Repräsentation der ethnischen Vielfalt im Schulpersonal besonders relevant. 

Ein anderen Aspekt ist die Organisation des Kurssystems. Schüler*Innen in Sekundarstufen sind nicht in Klassen verteilt und jede*r hat einen besonderen Lernplan. Es bedeutet, dass die SuS in konstanter Bewegung sind und nicht immer die gleichen Mitschüler*Innen haben. Natürlich kann man argumentieren, dass dieses System Vorteile hat. Aber wie Christine Carstens es in ihrem Interview begründet hat, das wir für den Beitrag 7 von Herr Müller gesehen haben, kann es sehr wichtig sein, einen Klassenraum zu haben, um die Gruppe zu fördern. Frau Carstens erklärt, wie sie selber es erlebt hat, dass der Klassenraum und dessen Organisation ein Einfluss auf die SuS und die Klasse als Einheit haben und dann natürlich die Inklusion vereinfachen. 

2.) Eine plastische Vorstellung von der Umsetzung der im Vortrag geschilderten Leitlinien der kanadischen Schulpolitik in der Praxis vermittelt der Blog aus meinem Forschungs- und Entwicklungsprojekt TraMiS (Transnationale Mobilität in Schule) unter folgendem Link. Bitte lesen Sie ihn sich durch. Welche Fragen stellen sich Ihnen als angehende Lehrer*in hinsichtlich der Übertragbarkeit von dort erwähnten inklusiven Maßnahmen und Projekten auf den deutschen Schulkontext. Begründen Sie ihre Perspektive:

Ich finde das kanadische Modell ziemlich beeindruckend und würde es sehr positiv sehen, wenn das deutsche System sich davon inspirieren lässt. Natürlich wird so eine Änderung erstmal viel kosten und man kann sich fragen ob es finanziell möglich ist. In der Tat muss man nicht unbedingt die Schulen umbauen, aber die Ressourcen um das Schulpersonal auszubilden und Förderprogramme zu starten können trotzdem viel kosten. Was mir noch als Herausforderung einfällt, ist die politische Situation und der Fakt, dass das Schulsystem in Deutschland von den einzelnen Bundesländern verwaltet wird. Weil das Schulsystem in jedem Bundesland variiert, würde der Anpassungsprozess lange andauern. 

Jedoch kann man, glaube ich, einfache Schritte machen auf dem Weg zu einer besseren Inklusion. Ich finde zum Beispiel, dass die Projekte um “Student Well Being”/ “Empowerment” herum und die Anstrengung, eine tolerante Atmosphäre zu entwickeln in der Schule ein erreichbares Ziel sind. Sie können Schritt für Schritt angesetzt werden,wie beispielsweise ein Raum als Gebetsraum für muslimische SuS oder Unisex-Toiletten (All Gender Washroom). Was mir auch positiv auffällt und auch hoffentlich möglich wäre, ist die Schule als Sozialraum weiter auszubauen. Ich finde es toll, dass die Schule mehrere Funktionen hat und  Räumlichkeiten für die Gemeinschaft bietet.