Wege und Ziele der systematischen Anbahnung einer forschenden Haltung im Lehramtsstudium: Das Projekt „ForstAintegriert Lehramt³“ in den Fächern Englisch, Geschichte und Kunst

von Sabine Doff, Sabine Horn, Elif Kavadar und Maria Peters

Lehramtsstudierende der Universität Bremen empfinden nicht selten eine Überforderung in Bezug auf die obligatorischen Forschungsanteile der Abschlussarbeit im Master of Education; sie fühlen sich durch die vorangehenden curricularen Angebote nicht ausreichend darauf vorbereitet. Einige dieser Aussagen wurden im Rahmen von ForstAintegriert Lehramt³ festgehalten, zum Beispiel diese:

„Die Forschungsphase […] zur Erstellung der Master of Education-Arbeit, stellt eine plötzliche und erstmalig auftretende Herausforderung dar, die Aufgrund mangelnder Vorbereitung für uns Studierende nur schwer zu bewältigen ist […].“ (Studentische Stellungnahme im Projektantrag)

 

„Darüber hinaus kommt die Auflage, erst im Abschlussmodul des Masters of Education zu forschen,
viel zu spät. Es müsste wesentlich früher, vorzugsweise bereits am Ende des Bachelors angefangen
werden, sich Forschungsmethoden zu erarbeiten. Der Anspruch, in der Lehramtsausbildung zu
forschen, müsste darüber hinaus nicht nur noch besser vermitteln werden, es müssten uns
Studierenden dazu auch vielfältigere Möglichkeiten geschaffen werden.“ (Studentische Stellungnahme im Projektantrag)

 

Wie kann die Lehrer*innenbildung der Universität Bremen dieser Wahrnehmung begegnen? Diese von den Studierenden empfundene Lücke aufgreifend, ist den Fächern Englisch, Geschichte und Kunst durch die interdisziplinäre Kooperation der Fachdidaktik eines sprachlichen, eines gesellschaftswissenschaftlichen und eines künstlerischen Faches mit ForstAintegriert Lehramt³ ein bislang an der Universität Bremen einmaliges Projekt gelungen, das die Anbahnung der forschenden Haltung nicht nur modul-, sondern auch fächerübergreifend in Form eines Spiralcurriculums verankert hat. Durch die curriculare Verstetigung der Ergebnisse gewährleistet das Projekt zudem einen nachhaltigen Beitrag zur Ausbildung der Lehramtsanwärter*innen zum „reflective practitioner“ (u.a. Schön 1983).

Projektkonzeption

Das in enger Zusammenarbeit zwischen den Lehrenden der Fachbereiche 8, 9 und 10 erstellte Spiralcurriculum verzahnt die Praxisphasen des Lehramtsstudiums ­­­– Praxisorientierte Elemente (POEs), Praxissemester (PS) und Abschlussmodul (AM) – dergestalt miteinander, dass die Studierenden mit jeder durchlaufenen Phase Teilkompetenzen des Forschenden Lernens auf- bzw. ausbauen. Das Spiralcurriculum ist mit drei Stufen entlang des Research Skill Development Framework (Willison 2016) und des Zürcher Framework (vgl. Tremp & Hildbrand 2012) modelliert: 1. Prescribed/Bounded Research (POE) → 2. Scaffolded Research (PS) → 3. Self-initiated Research (AM). Die Studierenden lernen auf diese Weise konsekutiv die von Altrichter/Soukup-Altrichter zusammengefassten Stufen des Forschenden Lernens im Lehramtsstudium: Das Rezipieren wissenschaftlicher Texte, das Kennenlernen von Forschungsmethoden, das Einüben von Fallverstehen, das Mitwirken in angeleiteten Forschungsprojekten und das eigenständige praktische Forschen (Altrichter/Soukup-Altrichter 2012).

Abbildung 1: RSDF-Pentagon (nach Willison 2016)

Die Verzahnung dieser Lehrveranstaltungen und der zugehörigen forschungsorientierten Phasen wird in den Fächern Englisch, Geschichte und Kunst auf drei Ebenen realisiert:

A – Ein Fachinternes Curriculum, das die Veranstaltungen der Praxisphasen (POEs, PS, AM) modulübergreifend und konsekutiv miteinander verzahnt (vgl. Abb. 2);

Abbildung 2: Fachinternes Curriculum: Inhalte der konsekutiven Gestaltung und Vernetzung der forschungsorientierten Phasen und der zugehörigen Veranstaltungen

 

B – Eine Fachinterne Vernetzungsveranstaltung als integrativer Bestandteil der genannten Praxisphasen, in der sich die Studierenden modulübergreifend untereinander über ihre Forschungsminiaturen austauschen können (vgl. Abb. 3);

Abbildung 3: Fachinterne Vernetzungsveranstaltung: Input und Output für Studierende in den forschungsorientierten Phasen

 

C – Eine Fächerübergreifende Vernetzungsveranstaltung, in der alle Studierenden der Abschlussmodule fächerübergreifend in einen Austausch über ihre im Rahmen der Masterarbeit erstellten Forschungsposter kommen (vgl. Abb. 4)

Abbildung 4: Fächerübergreifende Vernetzungsveranstaltung: im forschungsorientierten Abschlussmodul

Das sowohl interdisziplinär als auch fachspezifisch ausgerichtete Spiralcurriculum wird durch die in der Laufzeit des Projekts konzeptualisierten innovativen Lehrveranstaltungsformate, die den Schwerpunkt auf das Forschende Lernen legen, eingesetzt. Die Innovation zeichnet sich nicht zuletzt durch die intensive Zusammenarbeit der Fachbereiche aus, die sowohl für die Überarbeitung der Curricula als auch für die Durchführung der Vernetzungsveranstaltungen notwendig ist. Durch diese enge Zusammenarbeit ist es gelungen, die unterschiedlichen Kohorten dreier Disziplinen in einen Austausch über ihre Forschungsabsichten und -ergebnisse in den Praxisphasen zu bringen und die Formate zu verstetigen.

Fragebogenevaluation

Die Lehrveranstaltungen der forschungsorientierten Praxisphasen wurden in Lehramt3 zweifach in Form von formativen und summativen Prä- und Post-Fragebögen evaluiert. Zu diesem Zweck kam ein Evaluierungsbogen aus dem Englisch-Vorgängerprojekt (vgl. Doff & Prüfer 2013) in modifizierter Form zum Einsatz. Die Erhebung diente der Erfassung des Beitrags der neu gestalteten Curricula zum Forschenden Lernen. Welche Relevanz wird dem Forschenden Lernen im Rahmen des Lehramtsstudiums von den Studierenden beigemessen? Wie wurden die Forschungsanteile und Berührungen mit Forschungsmethoden empfunden? Insgesamt wurden 421 Fragebögen erfasst:

Prä Post
POEs 149 166
PS 37 27
AM 33 9

Ein signifikanter Großteil der Studierenden in allen Praxisphasen beantwortete die Items „Ich habe eine für mich interessante Fragestellung gefunden“, „Ich habe/hatte generell Interesse an dem Thema meines Forschungsprojekts“, „Ich denke, dass ich aus dem Forschungsprojekt etwas lernen kann/Ich habe etwas aus dem Forschungsprojekt gelernt“ und „Eine forschende Grundhaltung ist für Lehrkräfte wichtig“ mit stimmt total oder stimmt eher. Weniger eindeutig fällt das Ergebnis bei den Fragen nach der Theorie-Praxis-Verzahnung und der Einsetzbarkeit von Forschungsmethoden im Berufsalltag aus.

Leitfadeninterviews

Exemplarische Leitfadeninterviews dienten der Vertiefung und Interpretation des Erkenntnisgewinns aus den Fragebögen. Für das Projekt war die Frage nach den Potentialen und Herausforderungen bei der Anbahnung einer forschenden Haltung im Lehramtsstudium von großem Interesse für die Lehrenden. Das nach dem episodischen Interview nach Flick (vgl. Flick 2011) und mit Moderationskarten nach den Stufen des Forschenden Lernens nach Altrichter/Soukup-Altrichter (vgl. Altrichter/Soukup-Altrichter 2012) konzipierte Interview dauerte ca. 30 – 45 Minuten und wurde mit sieben Studierenden durchgeführt. Durch die episodisch gestellten Fragen sollten die Studierenden dazu veranlasst werden, über Schlüsselmomente in ihrem Lehramtsstudium in Bezug auf das Forschende Lernen nachzudenken und diese anhand der Erfahrungen aus ihren Praxisphasen mit dem zukünftigen Berufsfeld zu kontextualisieren. Es wurden Studierende befragt, die sich im Beginn des Abschlussmoduls befinden und das Spiralcurriculum in den vergangenen Semestern selbst durchlaufen haben.

Fachkombination
Stud1 Geschichte, Deutsch
Stud2 Geschichte, Französisch
Stud3 Englisch, Geschichte
Stud4 Englisch, Kunst
Stud5 Kunst, Englisch
Stud6 Kunst, Deutsch
Stud7 Kunst, Politik

Aus allen Interviews ging eine insgesamt positive Bewertung der Forschungsinhalte im Lehramtsstudium und der forschenden Haltung im späteren Lehrberuf hervor. Geäußerte Zweifel bezogen sich auf den Mehraufwand in den Praxisphasen und die Einschätzung, dass es im zukünftigen Berufsalltag aufgrund von Zeitknappheit schwieriger sein könnte, Forschungsmethoden tatsächlich zielführend anzuwenden.

Die dem Projekt vorangegangene Unsicherheit von Studierenden, sich nicht hinreichend auf die Masterarbeit vorbereitet zu fühlen, ist in den Befragungen nicht mehr erkennbar. So scheint das Projekt sehr erfolgreich dazu beigetragen zu haben, dass die Studierenden im Abschlussmodul keine Schwierigkeiten darin sehen, empirisch zu forschen und wissenschaftlich zu arbeiten.

Evaluationsergebnisse der Interviews

Forschendes Lernen im Verständnis der Studierenden

Studierende verbinden Forschendes Lernen eher mit der Fachdidaktik als mit dem fachwissenschaftlichen Teil ihres Studiums. Dies ging aus den Leitfadeninterviews hervor. Es wird deutlich, dass der Fokus der beteiligten Fachdidaktiken auf das Forschende Lernen einen nachhaltigen und positiven Eindruck bei den Studierenden hinterlassen hat. Durch die Anteile in den Seminaren verorten sie diese eher im Kontext der Schule.

„Forschendes Lernen. Ähm in unserem Sinne würde ich sagen, ist (.) sich (…) zum Bereich Schule eine Fragestellung (.) suchen und sie (.) in Praxisphasen behandeln.“ (CS, Interview 2019)

Am häufigsten werden die Methoden Interview und Material-/Dokumentenanalyse mit dem Forschenden Lernen im Lehramtsstudium in Verbindung gebracht. Die interviewten Studierenden beschreiben das Forschende Lernen nicht nur als eine Reflexion des eigenen Handelns, wie es ihnen sonst aus den Begleitveranstaltungen der Praxisphasen bekannt sei, sondern als eine Einordnung in einen größeren, wissenschaftlichen Zusammenhang.

Wahrnehmung von Forschendem Lernen im Lehramtsstudium

Die Studierenden verorten das Forschende Lernen hauptsächlich in den Fachdidaktikseminaren aus dem Projekt und konnten keine Verknüpfungen zu Aspekten Forschenden Lernens in anderen Fächern feststellen. Das Kennenlernen von Forschungsmethoden und Erstellen von Forschungsminiaturen beschreiben sie als gute Vorbereitung auf die Masterarbeit. Mehrfach wird allerdings der Wunsch geäußert, das Forschende Lernen nicht in den großen Praxisphasen (POEs und PS) zu verorten.

„[…] da ist man völlig überfordert mit. […] weil letztlich waren wir halt im Sommersemester (.) komplett mit dieser Planung beschäftigt für die Schule und mussten, dann halt noch uns überlegen, was wir da jetzt erforschen sollen parallel, was halt total schwierig ist, weil wenn du gerade erst dabei bist, dir ein (.) Szenarium da zu überlegen, wie das/ was du machen möchtest, kannst du ja nicht/ eigentlich muss das ja früher fertig sein, damit du halt überlegen kannst.“ (YC, Interview 2019)

Weiterhin beschreiben einige der befragten Studierenden, dass sie in der Rückschau „den Plan“ des Forschenden Lernens erkennen. Hier bestätigt sich der Einsatz des Spiralcurriculums. Dass die Studierenden im Abschlussmodul die Verbindungen zu den vorherigen Praxisphasen mit Forschungsanteilen erkennen und diese positiv bewerten, ist ein signifikanter Erfolg des Projekts.

„Wie gesagt, es fiel halt vor allem (.) im Laufe des Seminars auf, worauf es hinausläuft. Ich gehe jetzt auch nicht in so ein Seminar rein und denke mir: ‚Hm, was ist wohl das Ziel?‘ Sondern man setzt sich erst mal rein und merkt dann halt irgendwann, es ist vielleicht etwas anders, auch gerade wenn man zwei Fächer hat, (.) wie der Unterschied ist und jetzt, wo ich jetzt auch schon ein oder eineinhalb Jahre weiter bin, kann ich auch den Plan erkennen, der dahintersteckte. Aber währenddessen habe ich das noch nicht so (.) wahrgenommen.“ (SK, Interview 2019)

Forschende Grundhaltung im Lehrberuf

Eine forschende Grundhaltung im Lehrberuf wird in den Evaluationen durchweg als wichtig eingestuft. In den Interviews wird die Notwendigkeit der Analysefähigkeit, der Selbstreflexion, das Weiterlernen/-bilden und das regelmäßige kritische Hinterfragen des Geschehens betont. Gleichzeitig äußern die Studierenden Zweifel an der Umsetzbarkeit von Forschung im Lehrberuf. Die Studierenden mutmaßen, dass es im Lehrberuf an den Ressourcen Zeit und Raum mangeln könnte.

„Weiß ich jetzt nicht, inwieweit das im (.) BERUF tatsächlich noch ähm einen Raum haben kann. Also, natürlich wäre es spannend, wenn wir jetzt sagen: ‚Okay, wir haben da irgendetwas, was wir (.) gerne wissen möchten und dann schaffen wir uns da jetzt Platz, um das eben zu erforschen.‘ Das klingt sehr ähm nett (lachen) und ich hoffe, dass es auch so sein wird. Die Frage ist natürlich, ich kann das jetzt noch nicht einschätzen, inwieweit dann wirklich Raum (.) und ähm Zeit dafür gegeben ist […]“ (CP, Interview 2019)

Als Lösungsansatz schlagen die Befragten vor, bestimmte Fragestellungen im Team zu behandeln, beispielsweise in Form einer Materialanalyse von Schulbüchern vor ihrer Anschaffung. Verpflichtende Fortbildungen mit eindeutig wissenschaftsorientiertem Fokus könnten laut den Studierenden zudem eine Möglichkeit sein, um Raum für Untersuchungen zu schaffen.

Optimierungsvorschläge der Studierenden

Für das bessere Gelingen der Anbahnung einer forschenden Haltung im Lehramtsstudium äußert die Hälfte der Befragten den Wunsch, die Forschungsminiaturen auf Praxisphasen außerhalb der zwei großen Praktika (POE und PS) auszulagern und Möglichkeiten für kleinere angeleitete Praxiseinheiten anzubieten.

„[…] ich weiß nicht, man muss ja nicht unbedingt, in der Schule was durchführen, vielleicht kann man ja auch erst mal unter anderen Studenten was durchführen oder so mit einer Fragestellung oder sich außerhalb irgendwie, wie vom ReBUZ oder so jetzt in EW sich halt irgendeinen Kooperationspartner oder so aus dem Bereich suchen […]. Dass man das halt einfach schon früher so ein bisschen, wenn halt weniger Druck da ist, ähm mal ausprobiert und lernt, als wenn (.) im/ in den POEs, wo man sowieso total hereingeworfen wird in die Fachdidaktik (.) ähm, (..) ja. Das dann halt auch noch und das hat man ja auch erst neu kennengelernt im Grunde […].“ (YC, Interview 2019)

Weiterhin schlugen mehrere der befragten Studierenden vor, die Anteile Forschenden Lernens in den Fächern aneinander anzupassen und zu vereinheitlichen.

Fazit

Aus den Evaluationen geht hervor, dass die Studierenden das Forschende Lernen insgesamt als sehr gewinnbringenden Teil ihres Studiums wahrnehmen und sich Grundzüge einer forschenden Grundhaltung bereits aneignen konnten. Die modul- und fächerübergreifenden Vernetzungsmöglichkeiten stufen die Studierenden als so gewinnbringend ein, dass sie das Bedürfnis nach weiteren Angeboten in dieser Form äußern.

„[…] also, dass man da noch mal so eine Art (.) Blockseminar vielleicht einrichtet für Forschungsmethoden. (..) Das würde ich ganz (.) gut finden. […] Ansonsten (.) ähm also, (.) ich fand (das?) immer ganz praktisch auch mit dieser Verbindung von einer Praxiseinheit in einer Klasse und dann der Auswertung hinterher […].“ (HB, Interview 2019)

Mehrere Befragte deuteten zudem an, das Spiralcurriculum in der letzten Praxisphase besser nachvollziehen und in der Rückschau erkennen zu können, wozu die Forschungsminiaturen dienten. Trotz dieser Erkenntnis und der positiven Bewertung der Forschungsinhalte äußern die Studierenden auch Überforderungserscheinungen in den Praktika und zweifeln bereits daran, ob sie im späteren Lehrberuf die Ressourcen hätten, um eine forschende Grundhaltung beizubehalten.

„[…] ich verbinde Forschung halt sofort mit irgendwie Datenerhebung, deswegen/ und das kann ich mir halt im Lehrerberuf, nachdem ich jetzt halt im Praxissemester war, zeitlich stelle ich mir das SEHR, SEHR schwierig vor irgendetwas wirklich professionell da (…) an Daten zu erheben.“ (YC, Interview 2019)

Das verdeutlicht eine Lücke zwischen der Einstufung einer forschenden Grundhaltung als relevanten Bestandteil des Lehrberufs und der tatsächlichen Umsetzbarkeit selbiger. An welcher Stelle geht der Forschungsdrang verloren? Weshalb hegen Studierende diese Befürchtungen? Und inwiefern kann das Studium einen Beitrag dazu leisten, dass der Verlust der forschenden Grundhaltung nicht eintritt? (vgl. auch Peters 2019).

Ausblick

Mit ForstAintegriert Lehramt³ ist ein Curriculumsprojekt gelungen, das drei Lehramtsfächer unterschiedlicher Disziplinen auf innovative Weise miteinander verbindet und die Anbahnung des Forschenden Lernens nachhaltig verankert. Die massiven curricularen Veränderungen und der große organisatorische Aufwand, durch den ca. 15 Lehrende der Universität Bremen und des Landesinstituts für Schule (LIS) intensiver miteinander vernetzt werden konnten, beförderten nicht nur den Austausch zwischen mehreren hundert Studierenden und Lehrenden dreier Fachbereiche und weiteren Mitarbeiter*innen der Universität Bremen und des Landesinstituts für Schule Bremen (LIS) , sondern schafften dadurch auch eine nicht nur fächer- und fachbereichsübergreifenden, sondern auch einer studiengangsübergreifenden Vergleichbarkeit. Eine Verstetigung dieser im Projekt erprobten fachinternen und fachübergreifenden Vernetzungsveranstaltungen ist erstrebenswert. Die Fortsetzung der studentischen Forschungskonferenz, die drei Mal im Januar stattgefunden hat, ist geplant, damit die Studierenden der Abschlussmodule auch weiterhin Gelegenheit haben, gegenseitig über ihre Forschungsposter in einen Austausch zu kommen. Eine Vernetzung aller Lehrenden der Abschlussmodule ist notwendig, um dies zu gewährleisten.

In Hinblick auf die Erfahrungen und Wünsche der Studierenden, sich für das Forschende Lernen in der Praxis intensiver Zeit nehmen zu wollen, sollte die Idee verfolgt werden, kleine Praxiseinheiten in Fachdidaktikseminaren anzusiedeln, die außerhalb der POEs und des PS stattfinden.

„[…] wäre glaub ich auch sehr interessant, mit Projektschulen zusammenzuarbeiten, wo eben (..) Lehrer, ähm, vielleicht selber noch (.) noch Forschendes Lernen betreiben? Ähm, oder, die man sich besonders interessant angucken kann. Ich glaube, das wär auch ’n guter Schritt.“ (CS, Interview 2019)

Hierfür müssten Verbindungen zu Schulen aufgebaut werden, die diese Ziele bereits umsetzen oder umsetzen wollen und in denen die Studierenden hospitieren können. Die Studierenden haben das Bedürfnis nach konkreten Umsetzungsbeispielen für eine forschende Grundhaltung im Lehrer*innenalltag. Kooperationen mit Projektschulen können hierbei helfen, um praxisorientierte Handlungsmöglichkeiten kennenzulernen.

Die Evaluation hat exemplarisch deutlich gemacht, dass eine forschende Haltung grundsätzlich als wichtiger Bestandteil des Lehrberufs angesehen wird, dass, wie oben erwähnt, allerdings eine Lücke zwischen der Intention und der Realisierung einer Forschenden Haltung gesehen wird. An welcher Stelle diese Lücke entsteht bzw. wo die forschende Grundhaltung verloren geht, muss gemeinsam mit den Studierenden konkretisiert werden. Geschieht das bereits im Studium oder erst im Referendariat bzw. den folgenden Berufsjahren? „Vergessen“ die Studierenden wieder, weshalb sie Forschung als relevant für den Lehrberuf eingestuft haben? Dieser Frage muss weiter nachgegangen werden. Auch sind weitere Überarbeitungen der Curricula im Lehramt notwendig, um das Leitbild des reflective practitioners zu verfolgen. Eine modul- und fächerübergreifende Vereinheitlichung ist erforderlich, um die Haltung zu Forschung im Lehramt vom „nice to have“ zur unbedingten Notwendigkeit umzuwandeln. ForstAintegriert Lehramt³ hat einen wichtigen Beitrag dazu geleistet und die curriculare Verstetigung forschender Inhalte in den Fächern Englisch, Geschichte und Kunst angestoßen.

Literatur:

  • Doff, Sabine; Prüfer, Katharina (2013): Difference matters. Heterogenität als Chance und Herausforderung für den Fachunterricht Englisch. In: Huber, Ludwig; Kröger, Margot; Schelhowe, Heidi (Hrsg.): Forschendes Lernen als Profilmerkmal einer Universität. Beispiele aus der Universität Bremen. Bielefeld: UVW, Universitäts-Verlag Webler, S. 91-103.
  • Flick, Uwe (2011): Das Episodische Interview – In: Oelerich, Gertrud; Otto, Hans-Uwe. (Hrsg.): Empirische Forschung und Soziale Arbeit. Ein Studienbuch. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 273-280.
  • Peters, Maria (2019): Entwicklungen, Inhalte und Merkmale Forschenden Lernens in der Lehrer*innenbildung. In: Kunz, Ruth; Peters, Maria: Der professionalisierte Blick. Forschendes Studieren in der Kunstpädagogik. München: kopaed Verlag, S. 102-124.
  • Schön, Donald A. (1983): The reflective practitioner. How professionals think in action. New York: Basic Books.
  • Soukup-Altrichter, Katharina; Altrichter, Herbert (2012): Praxisforschung und Professionalisierung von Lehrpersonen in der Ausbildung. In: Beiträge zur Lehrerinnen- und Lehrerbildung 30, Bd. 2, S. 238-251.
  • Tremp, Peter; Hildbrand, Thomas (2012): Forschungsorientiertes Studium – universitäre Lehre. Das „Zürcher Framework“ zur Verknüpfung von Lehre und Forschung. In: Tremp, Peter; Brinker, Tobina (Hrsg.): Einführung in die Studiengangentwicklung. Bielefeld: Bertelsmann Verlag, S. 101-116.
  • Willison, John (2016): Research Skill Development Framework. Adelaide, Australien. [online] https://www.adelaide.edu.au/rsd/framework/interactive/ 1.

Über die Autorinnen:

Sabine Doff (FB 10) ist Professorin für Fremdsprachendidaktik Englisch und Wissenschaftliche Direktorin im Zentrum für Lehrer/-innenbildung und Bildungsforschung (ZfLB). Zu ihren Schwerpunkten in Forschung und Lehre gehört das Forschende Lernen im Lehramtsstudium; dafür wurde sie mit einem Fellowship des Stifterverbandes für Innovationen in der Hochschullehre (2015) ausgezeichnet.

Sabine Horn (FB8) leitet die Arbeitsgruppe „Didaktik der Geschichte“. Zu ihren Schwerpunkten in Lehre und Forschung gehören: Digitale und filmische Geschichtsvermittlung, Forschendes Studieren/Lernen in Studium und Schule, Begabtenförderung im Geschichtsunterricht. Eine Besonderheit in der Lehre bilden studentische Publikationen (zuletzt „Spuren suchen. Tier-Mensch-Beziehungen im Geschichts- und Politikunterricht. Kassel, 2019, gemeinsame Herausgeberschaft mit Mieke Roscher).

Elif Kavadar befindet sich seit Februar 2020 im Referendariat für die Fächer Deutsch
und Geschichte. Von August 2018 bis Januar 2020 war sie Projektkoordinatorin im
Projekt „ForstAintegriert Lehramt³“.

Maria Peters (FB9) ist Professorin für Kunstpädagogik und Ästhetische Bildung und Studiendekanin im Fachbereich Kulturwissenschaften. Zu ihren Schwerpunkten in Forschung und Lehre gehört das Thema Forschendes Studieren im Lehramtsstudium der Kunstpädagogik. Sie ist Leiterin des Teilprojektes BOOC – Blended Open Online Courses, Entwicklung einer digitalen online-Methodenplattform, im Rahmen des Projektes Schnittstellen gestalten – Qualitätsoffensive Lehrerbildung an der Universität Bremen.

Bildnachweise:

Autorinnenfoto und Abbildung 1 bis 4: Sabine Doff; Sabine Horn; Elif Kavadar; Maria Peters; Jörg Klampäckel

  1. 12.2019

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