1. Bennen Sie bitte die für Sie zentralen theoretischen Aspekte aus der Vorlesung und
begründen Sie die Auswahl.

 

Ein Aspekt, der mir direkt am Anfang auch ein stückweit augenöffnend auf mich gewirkt hat, war das 5-Schritt-System der Inklusion, wo der letzte Schritt aus dem Punkt „Inklusion überwurden“ bestand. Diese Darstellung fand ich sehr passend, auch aufgrund eigener Erfahrungen mit dem Thema. Als Leiterin für Jugendgruppen (Zeltlager, Freizeiten,…) habe ich selbst schon inklusive Gruppen betreut und die Erfahrung gemacht, dass es für die Kinder nach möglichen anfänglichen Berührungsängsten überhaupt keinen Unterschied mehr macht, mit wem sie in einer Gemeinschaft zusammen sind.

Besonders anregend ist mir auch der letzte Teil der Vorlesung mit dem Thema „Werkstufe-inkludierende Exklusion“ in Erinnerung geblieben. Ich denke, dass das Thema Inklusion bzw. diese zu überwunden, noch lange nicht abgeschlossen ist. Dies ist mir an dem Beispiel besonders aufgefallen. Insgesamt hat die Vorlesung für mich einige neue Perspektiven erschlossen, die mir einen genaueren Blick auf das Thema Inklusion ermöglichen.

 

a. Wie würden Sie ihre Erfahrungen im Hinblick auf die theoretischen Aspekte aus der Vorlesung einordnen? (z.B. Modelle von Behinderung, „inkludierende Exklusion“).

 

In der 9. Klasse habe ich ein Schulpraktikum an einer Grundschule absolviert, wo in der einen Klasse auch ein mehrfach behindertes Mädchen unterrichtet wurde. Sie nahm mit Unterstützung durch eine pädagogische Fachkraft am Unterricht teil und bearbeitete meistens andere Aufgaben, als ihre  Mitschüler_innen. Manchmal verließ sie auch das Klassenzimmer, um in einem anderen Raum zu arbeiten. Auch in den Pausen war sie eher mit ihrer Begleitung in einem Klassenraum, als mit den anderen Kindern draußen. Rückblickend würde ich sagen, dass hier ein Ansatz der Inklusion zwar vorhanden war, aber eher „halbherzig“ umgesetzt wurde, was ich schade fand.

Ein anderes, positives Beispiel kann ich aus meinen Erfahrungen als Jugendgruppenleiterin berichten. Dies hat zwar nichts mit dem Schulalltag zu tun, aber ich denke, dass dieses Erlebnis auf diesen übertragen werden könnte. 2015 bin ich im Rahmen einer Konfirmandenfreizeit mit Plattbodenschiffen unterwegs gewesen. Auf diesem Schiff, das ausschließlich von Ehrenamtlichen geleitet wird, ist auch ein Mädchen mit Trisomie 21 mitgefahren. In meinem Betreuerteam war eine Kollegin, die Heilerziehungspflegerin gelernt hat, aber gekümmert haben wir uns alle gleich um die Gruppe. Einige Kinder ohne Behinderung haben mir unter Tränen von anfänglichen Berührungsängsten, die mit dem Down-Syndrom zusammenhingen, berichtet, nach kurzer Zeit jedoch festgestellt, dass sie diese ablegen konnten. Das Mädchen mit Trisomie 21 hat genau die gleichen Aufgaben wie die anderen übernommen: segeln, kochen, putzen, basteln,… Wenn die Stimmung einmal träge oder nicht so gut war, hat sie die Situation ergriffen und die Gruppe durch eine beliebige Aktion zum Lachen gebracht.

In der Schule kam es mir so vor, als wäre das Mädchen mit der Behinderung eher jemand, der nicht im Klassenverband, sondern eher außerhalb sein sollte. Daher passt „inkludierte Exklusion“ hier eigentlich gut, wobei es eher wie im Beispiel aus meiner Jugendarbeit laufen sollte: Dass letztendlich gar kein Unterschied zwischen den einzelnen Kindern bzw. Schüler_innen deutlich wird oder es zumindest für sie keinen Unterschied macht, wer welche Vorgeschichte mitbringt.

 

b. Welchen Meinungen zur Inklusion sind Ihnen im Praktikum / in Praxiserfahrungen an Schulen, insbesondere zu der Frage der Inklusion von SuS mit sonderpädagogischem Förderbedarf an Gymnasien, begegnet und welche Auffassung vertreten Sie selbst?

 

An meinem Gymnasium ist mir das Thema Inklusion gar nicht aufgefallen. Sowieso war meine Schule in dieser Hinsicht sehr homogen, da es kaum Schüler_innen mit Behinderungen oder Migrationshintergrund gab. In meiner Klasse war ein Autist, der aber keinen schulischen Förderbedarf hatte, sondern nur sehr zurückhaltend im Klassenverband war. In den Jahren 5-10, wo ich dort Schülerin war, wurde das Thema Inklusion überhaupt nicht behandelt, was ich sehr schade finde. In meiner Grundschulklasse gab es einen Schüler mit Lese-/Rechtschreibschwäche, einen mit sozial-emotionalen Förderbedarf, einen Rollstuhlfahrer, mehrere mit Migrationshintergrund und einen mit Lippen-Kiefer-Gaumenspalte. Offiziell war es nie eine inklusive Klasse, aber mittlerweile denke ich, dass es gerade deshalb auch eine gute Erfahrung war. Für uns Kinder gab es keine Probleme, es wurde nicht vorher gesagt: „Da sind welche anders als ihr“, was ich sehr gut finde. Das Thema Inklusion wird oft kritisch berachtet, aber ich denke, dass es ein Problem der Erwachsenen ist, obwohl es eigentlich um die Schüler_innen geht. Oft gehen jene mit Inklusion so selbstverständlich um, dass es gar nicht auffällt, dass gerade Inklusion passiert. Viele Schüler_innen sind glaube ich schneller am Punkt „Inklusion überwunden“, weshalb sich Erwachsene, nicht nur in dieser Hinsicht, ein Beispiel an Jüngeren nehmen können.

 

c. Was sind ihrer Meinung nach die größten Chancen und Herausforderung der schulischen Inklusion?

Meiner Meinung nach ist die Vielfalt, die mit der Inklusion erlebt wird, die größte Chance. Sie öffnet Augen, wie in meinem Beispiel aus der Jugendarbeit in Punkt 2a. Die Schüler_innen können beidseitig voneinander lernen und profitieren, neue Perspektiven kennenlernen und Heterogenität erleben. Das finde ich toll, weil Inklusion nicht nur in der Schule, sondern auch im Alltag und auf der Arbeit Thema ist. Deshalb finde ich es genau richtig, wenn die Auseinandersetzung bereits früh beginnt.

Eine Herausforderung für die Bildungspolitik ist es, genügend Lehrpersonal zur Verfügung zu stellen. Gerade beim speziellen Förderbedarf reicht eine „normale“ Lehrkraft möglicherweise nicht aus, um jeden bestmöglich zu fördern und auch zu fordern. Sowieso sind kleinere Klassen oder mehrere Lehrkräfte in einer Klasse/einer Gruppe schüler_innenfreundlicher, weshalb dieses System gefördert werden sollte. Die Umsetzung dessen ist wahrscheinlich leider eher schwierig, weshalb hier eine große Herausforderung besteht.

 

3. Formulieren Sie eine Beobachtungaufgabe für zukünftige Praktika. Entweder zur schulischen Inklusion oder zur beruflichen Inklusion bzw. zum Übergang Schule-Beruf.

 

Gibt es an der Schule/in der jeweiligen Klasse Schüler_innen mit individuellem Förderbedarf? Wenn ja, wie wird dieser geäußert und letztendlich auch umgesetzt? Gibt es speziell ausgebildetes Personal, das sich damit auseinandersetzt?