Abschlussreflexion Meriliana Yohana

Abschlussreflexion 

1. Aus der Ringvorlesung „BAUMHET“ habe ich zwei zentrale Grundsätze mitnehmen können. Ein Aspekt ist die „Bildung in der Migrationsgesellschaft“, also das Thema von Klassismus aus der Kapitaltheorie von Pierre Bourdieus und das zweite die „Elternkooperation“, beide Themen sind für mich ausschlaggebende Punkte, mit denen ich mich als Lehrkraft beschäftigen möchte.

Bourdieus Kapitaltheorie befasst sich mit der Einteilung in verschiedenste Kapitale wie soziales, kulturelles und symbolisches. Er verdeutlicht, dass die Chance auf Bildung von Kindern und Jugendlichen nicht nur auf schulische Leistungen bezogen ist, sondern stark vom familiären Hintergrund abhängt. Dies zeigt, dass die Chancengleichheit nicht wirklich existent ist, sondern eher eine Illusion. Zum Beispiel zeigt die Studie von Kracke et al. (2018), dass Kinder von Akademikerfamilien eher studieren gehen, als sogenannte „Arbeiterkinder“. Auch aus eigener Erfahrung musste ich Klassismus erleben. Als Schülerin besuchte ich damals ein Gymnasium und war ein Kind ohne akademischen Hintergrund, an dieser Schule war das Thema Kapital ein zentraler Punkt für Anerkennung. Da ich aufgrund meiner sozialen Lage keine „teuren“ oder in den Augen der Kinder „richtige“ Klamotten leisten konnte und nicht an Klassenfahrten teilnahm, machten diese sich lustig über mich und kommentierten mein Aussehen sehr abwertend. Diese Situation zeigt mir heute, dass es stark vom symbolischen Kapital abhängig war. Aus der Sicht einer Lehrerin nehme ich mit, dass Gleichbehandlung nicht direkt gerechten Unterricht wiederspiegelt. In meinen Fächern Politik und Englisch ist es daher von großer Bedeutung, differenziertes Material zu erstellen, welches den Kindern nicht das Gefühl gibt, dass nur intelligente Kinder mithalten können. Auch ein Kind, dessen Eltern kein Abitur oder Bachelor Abschluss hat, sollte die Möglichkeit erhalten, gerechte Bildung zu bekommen um Klassismus entgegen zu wirken. Mit angepassten Schulmaterialien kann ich als Lehrerin die individuelle Voraussetzung der Schüler*Innen berücksichtigen. 

Der zweite mir wichtige Punkt ist die Elternkooperation, denn wie Karakasoglu und Vogel (2025) bereits betonen, richtige Bildungsarbeit funktioniert nur, wenn Eltern und Schule miteinander kooperieren. Da Eltern das Recht besitzen, Informationen zu erhalten (§ 61 BremSchulG) und eine Einsicht auf schulische Angelegenheiten ihrer Kinder haben (§& BremSchulG), sind wir als Lehrkräfte verpflichtet diese bereitzustellen. Es ist wichtig, den Eltern die Möglichkeit zu geben, die Unterlagen zu verstehen. Beispielsweise stehen Familien mit einem Migrationshintergrund häufig vor einer Herausforderung aufgrund sprachlicher Barrieren. Wenn die Eltern keine Möglichkeit von Übersetzungen haben und somit die Situation in Missverständnissen endet, werden diese oft als „desinteressierte“ Eltern wahrgenommen. Für mich heißt dies somit, ich habe keine zusätzliche Aufgabe, sondern arbeite auf einer persönlichen Ebene mit den Eltern und helfe ihnen mit mehrsprachigen Elternbriefen oder Dolmetschern. Somit werden nicht nur Eltern miteinbezogen, sondern auch die Kinder, da diese sich „gesehen“ fühlen. 

Beide Aspekte zeigen mir, dass Unterricht zwischen Beziehungsarbeit und sozialer Ungleichheit steht und wir als Lehrkräfte eine sehr große Rolle dabei spielen. 

2.  Wenn ich an meine Schulzeit zurück denke, fällt mir auf, dass der Umgang mit Neutralität und politischer Positionierung auf wiedersprüchliche Weise den Schualltag geprägt hat. Aus der Vorlesung von Barasi (2025) lernen wir, dass der Beutelsbacher Konsens (Wehling 1977) den Lehrkräften als Orientierung dienen sollte. Das Kontroversitätsgebot zeigt, dass Fragen aus der Politik und Gesellschaft genau so behandelt werden muss, wie die Wissenschaft es tut. Als Politiklehrerin, muss ich dafür sorgen, dass ich mit meiner Meinung nicht überwältige, sondern dafür sorge, dass die Schüler*Innen ein eigenes Urteil bilden können. Aber zu meiner Schulzeit, waren die Lehrer eher „neutral“ und dies sorgte für eine politische Lethargie (Gessner et al. 2016). Aber gleichzeitig gab es auch „extreme“ Lehrkräfte, die deren Meinung durchzusetzen versuchten. Daher ist es Hilfreich, den Unterschied zwischen Mitteilen und Vermitteln (Giesinger 2021) zu kennen. Im Kontext Heterogenität, zeigte sich während der Corona-Pandemie, wie unterschiedlich Lehrkräfte mit dem Thema umgingen und für meine Praxis nehme ich daher mit, dass der Umgang mit Fake News und Verschwörungstheorien durch Medien und Argumentationskompetent gefördert werden kann.

3.  Die Vorlesungen haben das Thema Heterogenität und seine Herausforderungen seht gut verdeutlicht. Die Frage der Individualisierung im Fremdsprachenunterricht aus der Vorlesung von Fischer und Giesler sowie das Thema der politischen Meinung von Lehrkräften aus der Vorlesung von Barasi interessieren mich sehr. Beispielsweise hat die Vorlesung zum Thema Fremdsprachenunterricht gezeigt, dass die Individualisierung sich positiv auf die Schüler*Innen auswirkt, aber trotzdem zur Vereinzelung führen kann. Da stellt sich mir die Frage, wie Inklusion pädagogisch und didaktisch umgesetzt werden kann, ohne auszuschließen. Die zweite Frage, inwiefern die Lehrkräfte ihre Meinung äußern können und im Bezug auf den Beutelsbacher Konses zeigt mir, dass ich trotzdem die Herausforderung habe, wie ich die Schüler*Innen dazu bringe, kritisch zu denken ohne dabei in Indoktrination zu enden.

Ich hätte mir das Thema Umgang mit Sozialen Medien und Digitalen Medien näher gewünscht zu behandeln, da diese das politische Meinungsbildung und den Spracherwerb beeinflussen. 

Quellen 

1) Barasi (2025): Darf ich als Lehrkraft meine Meinung sagen? 

2) Bourdieu, Pierre (1983): Ökonomisches Kapital, kulturelles Kapital, soziales Kapital. In: Kreckel, R. (Hg.): Soziale Ungleichheiten. Göttingen: Schwartz

3) Gessner, Rebekka; Hoffmann, Kora; Lotz, Mathias; Wohning, Alexander (2016): Brauchen wir den Beutelsbacher Konsens? In: Widmaier/Zorn (Hg.): Brauchen wir den Beutelsbacher Konsens? Frankfurt a.M.: bpb. 

4) Giesinger, Johannes (2021): Vermitteln und Mitteilen. In: Drerup et al. (Hg.): Dürfen Lehrer ihre Meinung sagen? Stuttgart: Kohlhammer. 

5) Kracke, Nancy; Middendorff, Elke; Buck, Daniel (2018): Beteiligung an Hochschulbildung. Chancen(un)gleichheit in Deutschland. DZHW-Brief, 3/2018.  

6) Karakaşoğlu, Yasemin; Vogel, Dita (2025): Migration bewegt Schule. Transnationalität als Impuls für Schulentwicklung und Lehrkräftebildung. Stuttgart: Kohlhammer. 

7) Weinert, F. E. (1997): Notwendige Methodenvielfalt. In: Friedrich-Jahresheft, 50–52. 

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