Othering

Das „Othering“ beschreibt die Eigenschaft bestimmter Gruppen von Menschen, sich von anderen Gruppen aufgrund ihrer Unterschiede zu distanzieren und gegebenfalls unterschiedlich zu werten.

Im Allgemeinen ist meines Erachtens zumindest die Distanzierung von anderen Interessensgruppen weitgehend gefahrlos, jedoch entstehen erhebliche Probleme, sobald diese Distanzierung in Radikalismus übergeht und die Angst vor dem „Fremden“ Überhand gewinnt und Diskriminierung stattfindet.

Dass man sich verschiedenen Gruppen zuordnet, entsteht dadurch, dass man sich selbst in der heutigen Gesellschaft schon fast gezwungenermaßen mit anderen vergleicht und dabei Gemeinsamkeiten mit den Einen und Unterschiede zu den Anderen entdeckt. Problematisch wird diese Aufteilung der Gesellschaft, sobald man den Menschen nicht lehrt, dass diese Unterschiede völlig normal und okay sind und dass deswegen niemand anderes weniger wert ist – völlig unabhängig von der Art der Unterschiede, ob Geschlecht, Sexualität, Nationalität, politische Gesinnung usw.

Thema im Geschichtskurs auf erhöhtem Niveau während der Vorbereitung auf das Abitur 2014 war in Niedersachsen der spanische Kolonialismus und der Nationalsozialismus in Deutschland. Im Zusammenhang damit wurde uns gelehrt, dass „Rechtsfaschismus“ zu nichts Gutem führt. Dass „Linksfaschismus“ genauso wenig zielführend ist, wurde wiederum kaum bis gar nicht besprochen. Damit soll eine linkspolitisch gerichtete Orientierung nicht schlecht dargestellt werden – mir geht es um den Radikalismus allgemein. „Nazis sind schlecht“ wurde gelehrt. Schön und gut, aber dass „Nazis diskriminieren und gewaltsam gegen sie vorgehen“ nicht besser ist, wurde nicht behandelt. Sobald man einem Menschen – völlig egal weswegen – seine Grundrechte absprechen will, weil er oder sie eine andere Meinung vertritt, wird es problematisch und bedarf einer Aufklärung.

Ich wurde in meiner Schulzeit, als politische Orientierung langsam ein Thema wurde, des Öfteren von Leuten, mit denen ich sonst immer gut reden konnte, schief angeguckt und irgendwann gemieden, weil ich absolut kein Verständnis dafür geäußert habe, dass sie Rechtsgesinnte verprügeln wollen, anstatt durch Aufklärung zu versuchen, diese Menschen eines Besseren zu belehren.

Zur Vermeidung solcher Probleme ist es also wichtig, die jungen Menschen allgemeiner über Heterogenität in ihrer ganzen Vielfalt und die Grundrechte eines jeden Menschen aufzuklären.

Umgang mit soziokultureller Heterogenität in Vergleichsmodellen

Ich selbst habe in meiner Schulzeit nie wirklich Probleme mit soziokultureller Heterogenität miterlebt. An den Schulen, die ich besuchte, war der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund zwar recht gering, aber man hat uns von Anfang an einen respektvollen Umgang miteinander gelehrt, ohne speziell auf die Herkunft verschiedener Schülerinnen und Schüler einzugehen, sodass es uns egal war, woher ein Mensch kam oder an was er glaubte, da wir ihn so respektierten, wie er war.

Meines Erachtens entspricht es einem Wunschdenken, wenn man irgendwoher ein anständig klingendes Modell zum Umgang mit soziokultureller Heterogenität nimmt und dieses dann der Gruppe vorhält, wenn es zu Konflikten kommt. Dieses Vorgehen wirkt sehr gekünstelt und dürfte alles andere als zielführend wirken.

Bisher kommt es mir in der Vorlesung so vor, als bestünde der professionelle Umgang mit Heterogenität im ständigen Aufzeigen dieser und ich hoffe, dass das nicht der Weg ist, den man uns wirklich vermitteln möchte. Der wirklich respektvolle Umgang entsteht doch erst, wenn man sieht „da braucht jemand Hilfe, dann unterstütze ich ihn“ und nicht, wenn man denkt „oh, da hat jemand eine Beeinträchtigung, deswegen muss ich ihm helfen, weil das gut ist“.

Nach meinem Abitur habe ich noch vor meiner Entscheidung für das Studium ein Jahr lang in einem Metallbaubetrieb gearbeitet. Menschen unterschiedlichster Herkunft arbeiten dort gemeinsam und pflegen einen respekt-, aber auch humorvollen Umgang miteinander, Stichwort „Darf er das?“. Mitarbeiter, die die deutsche Sprache weniger gut beherrschen, verständigen sich mit einzelnen Worten, kurzen Sätzen sowie Händen und Füßen, was auf beiden Seiten des Öfteren zu Lachern führt, ohne dass sich jemand beleidigt fühlt.

Ich halte es für nicht ganz richtig, wenn man im Umgang mit verschiedensten Menschen zu sehr in Strukturen denkt, die „wissenschaftlich erwiesen“ wurden. Ein Mensch ist kein Programm, das man durch explizites Aufzeigen und Vortragen einer bestimmten Moral in seiner Meinung oder seinem Handeln umstimmt, dafür ist ein ausführlicher, andauernder Dialog nötig. Daher halte ich es für wichtig, dass man insgesamt Respekt vor Anderen lehrt, ohne dabei ständig gesondert auf verschiedene Herkünfte oder Beeinträchtigungen einzugehen, eben damit im Denken nicht der Zwang entsteht „der oder die ist beeinträchtigt, ich muss helfen“, sondern der eigene Wille durchkommt mit „da braucht jemand Hilfe, ich WILL helfen!“

Außerdem sollte die Lehrkraft den Mut haben, gegen die Regeln der in der Vorlesung aufgeführten Modelle zu verstoßen, wenn sie selbst merkt, dass diese im Spezialfall nicht zielführend sind. Die Heterogenität ist viel zu facettenreich, als dass man den Umgang mit ihr auf ein kleines Modell hinunterbrechen könnte, um es als „Leitfaden“ durchzubringen – dieser Ansatz wirkt in meinen Augen sehr konstruiert und in der Schule gab es nichts schlimmeres als eine Lehrkraft, die sich aufgrund solcher Modelle völlig verstellt hat, sodass man merkte, dass sie im Grunde nur etwas vorspielt und wahrscheinlich gar nicht so viel Ahnung von einem realitätsnahen Umgang mit einer heterogenen Gruppe hat.

Heterogenität und Homogenität im schulischen Feld

Reduziert auf das schulische Feld ergeben sich für die Menge der Menschen sowohl heterogene als auch homogene Aspekte: Zum Einen verfolgen die Schülerinnen und Schüler ein gemeinsames Ziel – den Schulabschluss – zum Anderen tun sich hier bereits die ersten Unterschiede auf. Es gibt unterschiedliche Schulabschlüsse und demnach „erreichen“ die jungen Menschen unterschiedliche Ziele. Betrachtet man einzelne Personen näher, so fällt auf, dass sie zwar allesamt Menschen sind, sich jedoch durch verschiedene Merkmale auch grundlegend voneinander unterscheiden. Es gibt Jungen und Mädchen in unterschiedlichen Altersgruppen, verschiedene Phasen in der persönlichen Entwicklung und absolut unterschiedliche Interessen in jeder Hinsicht. Die sexuelle Orientierung der einzelnen Persönlichkeiten kann voneinander abweichen, politische Interessen unterscheiden sich, auch werden mit hoher Wahrscheinlichkeit unterschiedliche Religionen in der Gruppe vertreten sein. In Deutschland leben Menschen unterschiedlichster Herkunft, die in der Schule zusammenkommen. Des Weiteren können Menschen Beeinträchtigungen haben, die von körperlichen Unterschieden bis hin zu geistigen Unterschieden in der Gruppe führen. Die Schülerinnen und Schüler lernen im Allgemeinen unterschiedlich schnell, einige verstehen sofort alles, andere brauchen ein wenig länger. So hat jedes Mitglied seine „Stärken“ und „Schwächen“, die es als allgemeine Stärke der Gruppe zu nutzen gilt: Wo der/die Eine nicht weiter weiß, kann der/die Andere aushelfen und so den Gesamterfolg der Allgemeinheit erhöhen.

Ziel ist es also meines Erachtens, die homogenen Interessen unter Berücksichtung der Heterogenität und vielleicht sogar durch dessen „Ausnutzung“ (im positiven Sinn) in einer respekt- und rücksichtsvollen Gesellschaft durchzusetzen.