Inklusion – Umgang mit SchülerInnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf

Inklusion verfolgt das Ziel, die Heterogenität aller Schüler anzuerkennen. Vor allem bezieht sich Inklusion dabei auf SchülerInnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Dabei ist dieser Aspekt keine Eigenschaft der Person. Es ist vielmehr eine Vereinbarung, die auf Grundlage einer (medizinischen) Diagnose getätigt wird. Dabei gibt es viele verschiedene Förderschwerpunkte, welche je nach Art der Beeinträchtigung relevant sind. Für solche SchülerInnen gab es bisher sogenannte Förderzentren. Dort wurden sie exklusiv, fern ab von den Regelschulen, unterrichtet. Zudem bietet der „Web-Unterricht“ die Möglichkeit, beeinträchtigte SchülerInnen per Skype Videochat zu schulen. Diese Möglichkeiten haben jedoch zur Folge, dass solche SchülerInnen kaum bis keine sozialen Kontakte knüpfen können. Der „two track approach“ steht für den Erhalt dieser Doppelstruktur. Doch Inklusion verfolgt nun das Ziel, SchülerInnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf in den normalen Schulunterricht unter dem Motto: „Alle haben das gleiche Recht auf Bildung“, mit aufzunehmen. Dabei gibt es verschiedene Ansichten hinsichtlich der Effektivität dieses Vorhabens. Inklusion gewährleistet, dass alle die gleichen Chancen bekommen. Während an Förderzentren kein richtiger Schulabschluss absolviert werden kann, könnten Kinder an inklusiven Schulen dieses erreichen. Die Linie des „whole school approach“ verfolgt eben dieses Ziel, Inklusion durchzusetzen.  Doch es stellt sich die Frage, ob Inklusion für alle SchülerInnen mit Förderbedarf die beste Lösung ist. Während manche es schaffen, dem Regelunterricht zu folgen, haben andere förderbedürftige SchülerInnen große Probleme mit den Rahmenbedingungen, sodass sie scheitern würden.  Zudem fordert Inklusion einen grundlegenden Wandel des Systems. Es benötigt Zeit, Geld, Raum und vor allem Personal. Sobald nicht die ganze Lehrerschaft hinter dem Vorhaben der Inklusion steht, kann es zu Problemen kommen. Da beide Linien gewisse Problematiken aufweisen, hat sich der „twin track approach“ gebildet. Er erkennt die SchülerInnen mit Förderbedarf an, sieht aber gleichzeitig die Schwierigkeiten der Inklusion. Er bildet also eine Mittelstufe zwischen den anderen beiden Linien.

Ich habe in meiner Schullaufbahn kaum Erfahrungen mit Inklusion sammeln können. Ich war lediglich in der Oberstufe mit einem Jungen zusammen in zwei Kursen, welcher Autist war. Ich erinnere mich, dass er so gut wie nie etwas gesagt hat und es immer so schien, als wäre er mit seinen Gedanken woanders. Es kam nur sehr selten vor, dass er gesprochen hat. In den Pausen saß es meisten alleine auf dem Fußboden, häufig neben dem Klassenzimmer in dem er als nächstes Unterricht hatte. Die Lehrer waren mit der Situation überfordert und gingen nicht weiter auf seine Bedürfnisse ein. Sie zogen ihren Unterricht ganz normal durch und beklagten sich, dass sie nicht wüssten, wie man ihn denn benoten solle. Ich habe kein Wissen darüber, ob er sein Abitur bekommen hat bzw. ob er die Klausuren überhaupt mitschreiben durfte. Meine Schule war nicht darauf ausgerichtet, SchülerInnen mit Förderbedarf zu unterrichten. Als krasses Gegenteil dazu bekam ich vor einiger Zeit eine Führung an einer anderen Bremerhavener Schule, welche das Ziel der Inklusion nun schon seit einigen Jahren verfolgt. Uns wurden die behindertengerechten Räumlichkeiten gezeigt und die Schulform, welche mit Kompetenzrastern in Jahrgangsübergreifenden Klassenverbänden arbeitet, vorgestellt. Ich selber habe noch keine klare Position bezüglich dieses Themas entwickelt, tendiere jedoch zu dem Erhalt der Doppelstruktur, wobei diese durch Anteile der Inklusion ergänzt werden könnte. Ich denke, dass eine Problematik der Inklusion vor allem darin besteht, dass die Mehrheit der LehrerInnen keine sonderpädagogische Ausbildung hat bzw. bekommt, sie aber dennoch in ihrem Beruf schließlich damit umgehen müssen. Daher müsste für die Umsetzung von Inklusion meiner Meinung nach nicht nur das Schulsystem, sondern vor allem auch der Aufbau des Studiums verändert werden.

Eine Fragestellung für zukünftige Beobachtungen an Schulen könnte lauten:

Beobachten Sie, inwiefern die Lehrperson auf die SchülerInnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf eingeht. Gibt es eine Doppelbesetzung oder ist die Lehrperson alleine? Gibt es individuelle Förderung und wenn ja, wie sieht diese aus?

Ein Gedanke zu „Inklusion – Umgang mit SchülerInnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf“

  1. Hallo,
    dein Beitrag zum Thema Inklusion ist sehr umfassend. Über das Erlebnis am Gymnasium schreibst du, dass du dir nicht sicher bist, ob der Schüler seine Arbeiten schreiben durfte oder nicht. Wenn dies der Fall wäre, ist dies nicht ein soziales Modell von Behinderung? Die Person wäre von der Lehrkraft behindert worden, da hierbei personenspezifische Merkmale im Vordergrund stehen. Der Lehrer hätte sich bei einer solchen Überforderung mit einem Inklusionsbeauftragten bzw. einer Inklusionsbeauftragtin zusammensetzen und diesen bzw. diese um Unterstützung beten müssen. Auch eine gemeinsame Sitzung durch die Lehrerschaft hätte hierbei Lösungswege aufzeigen können. Ebenso wäre es möglich eine Fortbildung zum Thema Inklusion wahrzunehmen, die in Niedersachsen häufig kostenlos ist (Veranstaltungsdatenbank Niedersachsen, Online unter URL: https://vedab.de/veran_suche.php?such=Inklusion zuletzt Abgerufen am 27.05,2018).
    Da ich leider keine eigene Erfahrung während meiner Schullaufbahn gesammelt habe, kann ich diese nicht in Vergleich setzen.

    Des Weiteren möchte ich auf die Bergriffe Beeinträchtigung und Behinderung eingehen. Bei der Beeinträchtigung geht es um die funktionale Einschränkung einer Person aufgrund einer körperlichen, geistigen oder psychischen Schädigung. Behinderung beschreibt auf der anderen Seite den möglichen Verlust oder die Beschränkung der Teilnahme am Leben teilzunehmen aufgrund von räumlichen und sozialen Barrieren.

    Viele Grüße

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert