Mehrsprachigkeit als Ausgangspunkt und Ziel schulischer Bildung in der Gymnasialen Oberstufe

Liebe Leser*innen,

dieser Beitrag bezieht sich auf den Vortrag von Prof. Dr. Andrea Daase.

 1. An Ihrem Gymnasium gibt es eine – wie üblich sehr heterogen besetzte – Vorklasse, in welcher sogenannte Seiteneinsteiger*innen Deutsch lernen und auf die Teilnahme am Regelunterricht vorbereitet werden. Für einige wird nun der endgültige Übergang diskutiert. Ein Großteil der Lehrkräfte plädiert – mit Verweis auf die noch nicht vollständig ausreichenden (bildungssprachlichen) Deutschkenntnisse – sie an eine Oberschule zu überweisen, obwohl die Schüler*innen hinsichtlich ihrer Lernfähigkeit und ihrer Vorbildung eigentlich die Voraussetzungen für das Gymnasium mitbringen und gerne an der Schule bleiben würden. Nehmen Sie auf Basis der Vorlesung Stellung dazu.

Die Aufgabe der Lehrer ist es unter anderem die bildungssprachliche Deutschkenntnisse zu lehren. Sei die Lernfähigkeit und die Vorbildung der Schüler*innen gut, sollten die Schüler*innen die Möglichkeit bekommen auf ein Gymnasium versetzt zu werden. Hierbei sind die Sprachkenntnisse nicht mit den Kompetenzen der Lernfähigkeit vergleichbar. Die Struktur der Schulen bieten nur wenige Möglichkeiten die Mehrsprachigkeit aufzugreifen. Nach Frau Prof. Dr. Daase, sollte die Mehrsprachigkeit als Möglichkeit gesehen werde, verschiedene sprachliche Repertoires zu schöpfen, und nicht als Defizit (vgl. Folie 13).

 2. Welche Erfahrungen mit Mehrsprachigkeit – in der hier verstandenen breiten Sicht – in Schule und Unterricht (selbst als Schüler*in und/oder Praxiserfahrungen) haben Sie bislang gemacht? Diskutieren Sie die Erfahrungen vor dem Hintergrund dieser Vorlesung.

Wenn man nach der Definition von Apeltauer (2001, Folie 3) entscheidet, habe ich mich in meiner Schulzeit täglich mit Mehrsprachigkeit auseinandergesetzt. Ich war auf einem Bilingualen Gymnasium und hatte täglich verschiedene Fächer auf Englisch, dazu gehörten Geschichte, Geographie und Sport. Dadurch wurden meine sprachlichen Kenntnisse in Englisch in die jeweiligen Fachrichtungen erweitert. Die Auffassung der Funktionalen Mehrsprachigkeit nach Oksaar (1980, Folie 4) beschreibt dabei zutreffend, dass das Umschalten von einer zur anderen Sprache dabei möglich ist. Es war nicht erlaubt während des Unterrichts auf deutsch zu reden, um unsere Sprachkenntnisse zu erweitern und zu fördern. Hatte man mal ein Problem bei der Wortfindung, hatte man keine Scheu, da alle ab und an mal dieses Problem in der Klasse hatten. Da es sich um den Unterricht handelte, mussten sich alle auf der gewünschten Sprache verständigen. Die Schüler*innen mit weiteren Sprachkenntnissen konnten und durften sich dann nur in der Pausen untereinander, in ihren bevorzugten Sprachen verständigen.

Wird „Intimität und Formalität“ (vgl. Folie 11) in den Begriff der Mehrsprachigkeit mit einbezogen, so fällt es besonders in und außerhalb der Schule auf, dass sich bei der Kommunikation in der Klasse und außerhalb der zu verwendende Sprachschatz unterscheidet. Bei einem Gespräch im Unterricht mit den Lehrer*innen und der Schüler*innen achtet man mehr auf die Formalitäten und die Wortwahl.

 3. Was möchten Sie nach dem Besuch dieser Vorlesung bei Ihrer zukünftige Unterrichtsgestaltung beachten? Welches Wissen und welche Fähigkeiten fehlen Ihnen dafür noch?

Schüler*innen sollten ihre Mehrsprachigkeit mehr nutzen. Als Lehrkraft habe ich eine Verantwortung den Schüler*innen die bildungssprachlichen Kompetenzen näher zu bringen und die Schule soll den Schüler*innen beim lernen helfen. Dazu gehört auch alle Sprachen zu fördern und nicht diese zu verbieten. Aus persönlichen Erfahrungen kann ich sagen, dass es teilweise leichter ist manche Gedanken in der Mutter- oder Erstsprache wiederzugeben/ zu formulieren. Dabei kann die Lehrkraft die Schüler*innen darin unterstützen, die Gedanken dann in dir deutsche Bildungssprache zu übersetzten. Um diese Möglichkeiten zu verwirklichen, ist es wichtig, für alle gesprochenen Sprachen der Klasse offen gegenüber zu stehen. Man hilft nicht nur den Schüler*innen, sondern ermöglicht sich selbst auch noch sein Vokabular in weitere Sprachen zu erweitern und sich neue Wörter anzueignen. Die Fähigkeit offen den Schüler*innen gegenüber zu stehen und auch flexibel mit der Sprache umzugehen, kann dabei sehr hilfreich sein.

 4. Wie muss Schule unserer mehrsprachigen Gesellschaft gestaltet sein? Welche Rahmenbedingungen müssen gegeben sein, damit Sie die Mehrsprachigkeit ihrer Schüler*innen einbeziehen und einen registersensiblen Fachunterricht gestalten können?

Es muss auf das gesamte sprachliche Repertoire geschaut werden und die Mehrsprachigkeit soll nicht als Defizit gesehen werde. Es ist auch wichtig, dass die Sprachfähigkeit nicht mit der Intelligenz, der Kompetenz und den Fähigkeiten gleichzusetzen ist (vgl. Folie 13).  Diesbezüglich sollte die Sprache nicht unbedingt vom Erwerb der bildungssprachlichen Kompetenzen getrennt werden. Darin sollte die Schule die Schüler*innen unterstützen. Bei Projekten können sprachlich gemischte Gruppen fachlich mehr beitragen, da jeder etwas aus der eigenen Sprache hinzufügen kann und der Eigenwert jeder Sprache kann anerkannt werden (vgl. Folie 23). Hinzu kommt, dass aller Schüler*innen gleich behandelt werden, denn sonst besteht die Gefahr auf eine Stigmatisierung (vgl. Folie 15). Macht man den Schüler*innen bewusst, dass es auch Ihre Kompetenzen fördert, kann die Mehrsprachigkeit an Schulen wachsen.

Abschließend sollte noch gesagt sein, dass die Schulen die Vorbereitung der Lehrkräfte daraufhin unterstützen kann. Durch eine „Grundausbildung in Sprachförderung“ (SVB: online) und auch die pädagogische Ausbildung sollte interkulturell erfolgen (vgl. Folie 23).

Danke für Eure Aufmerksamkeit!

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Ein Kommentar

  1. Liebe Anna,
    Ich habe deinen Beitrag gerne gelesen und bin der Meinung, dass du schon viele wichtige Aspekte erwähnt hast. Du beschreibst ja in deinem Blogbeitrag viele interessante und sehr gute Argumente zur Umsetzung mehrsprachiger Bildung in der Schule.

    Auch aus meiner Sicht sind die Sprachkenntnisse nicht mit den Kompetenzen der Lernfähigkeit vergleichbar. Es hat meiner Meinung nach nichts damit zu tun, auch wenn ja die Deutsche Sprache zu beherrschen ist, das ist klar. Aber Kinder sind eben dafür bekannt, eine Fremdsprache schneller zu lernen als Erwachsene und ich bin überzeugt, dass Seiteneinsteiger zu sein, bzw eine andere Muttersprache zu haben nicht inkompatibel ist mit dem Lernen an einem Gymnasium. Auch für die anderen Schüler sollte diese Mehrsprachigkeit als Möglichkeit gesehen werden, sein sprachliches Repertoire zu erweitern. Häufig wird Mehrsprachigkeit als ein Hindernis für Schüler und für die Lehrkraft gesehen, obwohl es eigentlich eine Bereicherung der Sprache sein kann.

    Schließlich, die Struktur der Schulen bietet ganz richtig leider nur wenige Möglichkeiten die Mehrsprachigkeit aufzugreifen, es wird leider oft schlecht verstanden und wenig unterstützt, da hast du auch wieder Recht.

    Zu der zweiten Frage: Ich finde deine Erfahrung mit Mehrsprachigkeit im Unterricht sehr interessant. Grundsätzlich halte ich es für eine sehr gute Idee, im Sprachunterricht den Schülern zu verbieten, Deutsch zu sprechen, damit man sich verbessern kann. Ich kann mir allerdings nur schwer vorstellen als zukünftige Lehrerin für Französisch dies als Grundsatz für jede Stunde zu fordern, weil ich Angst hätte, meine Schüler zu demotivieren. Aber ich halte es für sinnvoll für einen Teil der Stunden des Semesters.

    Ich persönlich, wenn ich auch kurz was von mir schreiben dürfte, bin ich nicht direkt mit Mehrsprachigkeit großgezogen worden. Ich lebe es aber nun als Erwachsene seit ich nach meinem Umzug nach Deutschland die Sprache erlernt habe.
    Ich habe im Laufe der Zeit, seitdem ich hier den Alltag als Einwanderin lebe, festgestellt, dass es doch sehr unterschiedlich bewertet wird, je nachdem welche Sprache die Muttersprache ist. Wenn man registriert, dass ich Französin bin, werde ich sofort willkommen geheißen und unterstützt, aber wenn man nur den fremden Akzent wahrnimmt, ohne zu wissen, dass es ein französischer ist, wird meine Person schlechter bewertet.
    Die Tatsache ist, dass Französisch und damit die Herkunft eine größere Wertschätzung erfährt als einige andere Sprachen/Herkunftsländer und wenn ich Französisch mit meinem Kind spreche, wird es immer sehr gut angesehen. Und ich weiß, dass es leider mit anderen Sprachen nicht der Fall ist, was ich nicht für fair halte. Eine solche Differenzierung dürfte eigentlich nicht existieren, denn alle Sprachen sollten gleich bewertet sein.

    Noch mal Danke für den Beitrag !

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