Das Förderkonzept „Entdecken und Erzählen“ (Enter) verfolgt eine integrierte Förderung von Sprache und Mathematik im Elementarbereich. Einige zentrale Elemente lassen sich auch für die Grundschule sinnvoll übernehmen – insbesondere unter dem Aspekt sprachsensiblen Unterrichts.
Übertragbare Elemente des „Enter“-Projekts in den schulischen Kontext
Besonders wirksam erscheint mir das dialogische Vorlesen, das im Projekt Enter gezielt mit mathematischen Inhalten verknüpft wird. Die strukturierte Erschließung von Bilderbüchern mit mathematischem Potenzial – verbunden mit W-Fragen, Impulsen zur Erklärung und Wiederholung – kann auch in der Grundschule zur Erweiterung von Sprach- und Fachwortschatz beitragen (Bönig & Thöne, 2017). Diese Methode lässt sich etwa auf den Sach- oder Mathematikunterricht übertragen, wenn zum Beispiel bei Themen wie „Gewichte“ oder „Längen“ passende Bilderbücher eingesetzt werden.
Ein weiteres übertragbares Element ist die gezielte Elternarbeit mit Materialien, die auch zu Hause genutzt werden können. In der Schule könnten solche Formate zum Beispiel durch Mathe-Spiele mit Anleitung für zu Hause oder durch Lesehausaufgaben mit begleitenden Fragen weitergeführt werden – um auch bildungsbenachteiligte Familien stärker einzubeziehen und die sprachliche Bildung über das Klassenzimmer hinaus zu fördern.
Auch der strukturierte Einsatz von „Erzählkarten“ – wie im Stuhlkreis zur Unterstützung beim freien Sprechen – lässt sich auf Erzählanlässe im Deutschunterricht adaptieren. So kann mündliche Sprache gestärkt und gleichzeitig eine Brücke zur Bildungssprache aufgebaut werden.
Funktionen der Sprache im Unterricht – konkretisiert am Fach Deutsch
Sprache erfüllt im Unterricht verschiedene Funktionen, die sich je nach Fach und Zielsetzung unterscheiden. Im Fach Deutsch lassen sich diese Funktionen exemplarisch so differenzieren:
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Kognitive Funktion: Sprache strukturiert Denken. Beim Formulieren einer eigenen Geschichte müssen Erzählstruktur, zeitliche Abfolge und Figurenkonzepte sprachlich geordnet werden. So wird Denken durch Sprache sichtbar gemacht.
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Kommunikative Funktion: Sprache dient der Verständigung. Im Literaturunterricht äußern Kinder ihre Deutungen zu Textstellen und reagieren auf Meinungen anderer. Dabei wird Sprache zum sozialen Werkzeug im gemeinsamen Denkprozess.
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Symbolische Funktion: Sprache steht auch für Identitätsbildung. Wenn Kinder eigene Texte schreiben oder Gedichte interpretieren, nutzen sie Sprache, um eigene Erfahrungen, Gefühle und Sichtweisen auszudrücken. Gerade hier zeigt sich, wie Sprache auch zur persönlichen Aneignung von Welt beiträgt.
Beobachtungsfragen zur Sprachförderung im Mathematikunterricht (für das nächste Praktikum)
Um sprachliche Lernprozesse im Mathematikunterricht gezielt zu erfassen und zu fördern, möchte ich im nächsten Praktikum insbesondere auf folgende Aspekte achten:
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Wie werden mathematische Fachbegriffe eingeführt und gesichert? Werden dabei sprachliche „Gerüste“ (z. B. Wortspeicher, Satzanfänge) bereitgestellt, wie es das Scaffolding-Modell empfiehlt (Leuders & Prediger, 2016)?
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Wie gehen Lehrkräfte mit Mehrsprachigkeit und unterschiedlichen sprachlichen Voraussetzungen im Mathematikunterricht um – z. B. bei der Bearbeitung von Textaufgaben oder bei der Erklärung von Strategien im Gespräch?
Diese Fragen sollen helfen, Sprache nicht als Nebenschauplatz, sondern als integralen Bestandteil fachlichen Lernens zu verstehen. Die Erkenntnis aus der Vorlesung ist eindeutig: Sprachkompetenz ist kein „Zusatz“, sondern Grundvoraussetzung für mathematisches Verständnis – besonders in heterogenen Lerngruppen (Bönig et al., 2017).
Literatur
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Bönig, D. & Thöne, B. (2017). Integrierte Förderung von Mathematik und Sprache in Kita und Familie. In: Schuler, S., Streit, C. & Wipmann, G. (Hrsg.): Perspektiven mathematischer Bildung im Übergang vom Kindergarten zur Grundschule. Wiesbaden: Springer, S. 27–40.
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Bönig, D., Hering, J., London, M., Nührenbörger, M. & Thöne, B. (2017). Erzähl mal Mathe! Mathematiklernen im Kindergartenalltag und am Schulanfang. Seelze: Klett Kallmeyer.
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Leuders, T. & Prediger, S. (2016). Flexibel differenzieren und fokussiert fördern im Mathematikunterricht. Berlin: Cornelsen Scriptor.