Viele der von Prof. Dr. Natascha Korff vorgestellten positive Aspekte, die eine inklusive Schule im Vergleich zu vorherigen Schul-/Integrationskonzepten mit sich bringt, finde ich einleuchtend und überzeugend, dennoch stellt sich mir, ebenso wie anderen Studierenden die Frage, wie dieses Ideal der inklusiven Schule in der Praxis gut und für alle Kinder gewinnbringend umgesetzt kann. Frau Korff argumentierte, dass ein inklusiver Unterricht funktionieren könne, wenn das Lernen selbstorganisiert stattfinde, da dann Zeit sei, sich um einzelne Kinder zu kümmern. Das selbstorganisierte Lernen ist derzeit ein großer pädagogischer Trend, seine Effekte sind aber nicht unumstritten, gerade in Bezug auf leistungsschwache Kinder. In der Mathedidaktik wurde uns von der Dozentin vermittelt, welch große Bedeutung der Austausch über die mathematischen Inhalte und Lösungsstrategien für das Lernen hat. Wichtig ist dabei, dass eine Lehrperson dabei ist und den Austausch moderiert und mit gezielten Fragen weiterführt. Ein Austausch ist durchaus in einer heterogenen Gruppe möglich, so dass alle profitieren. Ab einem gewissen Grad der kognitiven Unterschiede, ist es aber meiner Meinung nach kaum möglich, allen Kindern gerecht zu werden. Ich sehe eine Gefahr darin, dass das freie Lernen als die einzig wahre Lernmethode angesehen wird und dadurch der Austausch zu kurz kommt und die Kinder viel allein mit mehr oder weniger geeignetem Material arbeiten. Für mich schlussfolgere ich, dass ich mich weiter mit dem selbstorganisierten Lernen in Theorie und Praxis beschäftigen möchte und zwar ergebnisoffen.
Vor meinem Studium habe ich 2 Jahre als persönliche Assistentin eines hörbeeinträchtigten Jungen in einer Grundschulklasse gearbeitet. Der Junge hatte dadurch die Chance die Grundschule in seinem Stadtteil zu besuchen. Auch wenn meine Stelle an seinen diagnostizierten Förderbedarf gebunden war, fiel dies im Schulalltag nicht weiter auf. Ich habe die Klasse jeden Tag von der ersten bis zur letzten Stunde begleitet und war für alle Kinder eine wichtige Bezugsperson. Auch konnte ich den LehrerInnen jeweils genau Rückmeldungen darüber geben, wenn etwas Besonderes vorgefallen war (Streitigkeiten, Unfälle, andere Vorkommnisse). Dieser „Luxus“ eine konstante Bezugsperson zu haben, war für die Klasse ein großer Gewinn, weil die Kinder immer eine Ansprechpartnerin und Vertrauensperson in der Nähe hatten und viele Probleme direkt im Ansatz bearbeitet werden konnten. Auch wenn ich es nicht direkt auf den Plakaten gefunden habe, weiß ich, dass es Schulen gibt, die mit festen Begleitern (oft ErzieherInnen) arbeiten. Dies finde ich für die Klassenatmosphäre und das soziale Lernen sehr sinnvoll und gewinnbringend.
„Ein kleines Ziel zur Reduktion von Barrieren“ – das klingt nach einer unlösbaren Aufgabe oder zumindest nach einer sehr schwierigen. Ich denke eine Reduktion von Barrieren ist kaum innerhalb einer Unterrichtseinheit zu schaffen. Es ist eine längerfristige Aufgabe für die es wichtig ist, die Kinder gut zu kennen, einschätzen zu können und ein Vertrauensverhältnis mit ihnen zu haben. Was mir wichtig wäre, ist ein sozial-emotionales Klima in der Klasse zu schaffen, in dem Abweichungen und Irrtümer willkommen sind, an denen dann gemeinsam gelernt werden kann. Solch ein Klima zu schaffen ist allerdings ein langer Prozess.