Mehrsprachigkeit als Ziel und als Ausgangspunkt schulischer Bildung in der Grundschule

  1. Während allgemeinsprachliche Kompetenzen relativ schnell erworben werden können (innerhalb von 6 Monaten), dauert der Erwerb bildungssprachlicher Kompetenzen mehrere Jahre. Ein Schüler, der erst seit 2 Jahren die Sprache lernt, befindet sich dementsprechend noch inmitten des Spracherwerbprozesses. Diesen Schüler aufgrund seiner noch unzureichenden sprachlichen Kompetenz von einer höheren Bildung auszuschließen, wäre meiner Meinung nach fatal, da ihm somit auch der Zugang zur Bildungssprache verwehrt würde. Wenn das Kollegium seine übrigen Leistungen so einschätzt, dass er den Anforderungen an einem Gymnasium gewachsen ist, sollte er ihn jedem Fall eine Gymnasialempfehlung erhalten. Es bleibt zu hoffen, dass er dort auf sprachsensible LehrerInnen trifft, die ihn beim Erwerb der Bildungssprache weiterhin unterstützen und diese nicht als gegeben voraussetzen.
  2. In der Schulklasse, in der ich gearbeitet habe, wurde Mehrsprachigkeit nicht thematisiert. Während der Zeit, in der ich in einer Bibliothek gearbeitet habe, bin ich auf ein interessantes Projekt gestoßen. „Lilo Lausch fördert eine wertschätzende Zuhörkultur in Bildungseinrichtungen und Familien, die Vielfalt als Chance versteht. Jedes Kind soll sich mit seiner Sprache und Kultur willkommen fühlen und gerechte Bildungschancen erhalten.“ (http://www.lilolausch.de/konzept/) Das Projekt setzt bereits in Kindergarten bzw. Krippe ein. Es findet eine intensive Beschäftigung zunächst mit Geräuschen und dann mit Sprache statt. Die unterschiedlichen Muttersprachen der Kinder werden positiv einbezogen, in dem beispielsweise die Eltern die Kindergartengruppe besuchen und den Kindern Lieder, Gedichte oder Geschichten in ihrer Muttersprache mitbringen. Hier können die Kinder die Vielfalt von Sprachen, den besonderen Klang und die biographische und emotionale Seite von Sprache erleben. Ich finde dies einen sehr schönen und positiven Ansatz.
  3. Mein Ziel ist es, einen wertschätzenden Umgang mit den Mehrsprachigkeiten der Kinder zu finden und diese miteinzubeziehen. Als große Herausforderung empfinde ich es, alle Kinder, mit ihren unterschiedlichen sprachlichen Voraussetzungen, dabei zu unterstützen, die Registerdifferenzierung in der Sprachentwicklung zu durchlaufen.
  4. Da die Mehrsprachigkeit in der Schule wie in der Gesellschaft ein Fakt ist, ist es wichtig in der Schule mit diesem Bewusstsein zu arbeiten. Es sollte Zeit und Raum sein, um sich mit Sprachen auseinander zu setzen, und alle Kinder zu befähigen, die Bildungssprache zu erlernen. Sehr wichtig finde ich es, alle Sprachen, die Kinder und Familien sprechen als Ressourcen zu verstehen. Ebenfalls wichtig finde ich es, dass auch LehrerInnen mit anderen Muttersprachen in der Schule vertreten sind.

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