Nach Ausubel (1968) ist das Vorwissen ein entscheidenderer Faktor für den Lernerfolg als die Intelligenz. Dies wurde auch in einer Studie von Schneider, Körkel und Weinert (1989) nachgewiesen. Dafür wurde bei Kindern der 3., 5. Und 7. Klasse zum einen allgemein die Intelligenz gemessen (der IQ), zum anderen ihr spezielles Vorwissen in Bezug auf Fußball. Dann wurde den Kindern die Aufgabe gestellt, eine Geschichte, die von Fußball handelt und Auslassungen und Wiedersprüche enthält, nachzuerzählen. Bei der Auswertung zeigte sich, dass jeweils die Kinder mit einem hohen Vorwissen ein besseres Ergebnis erzielten relativ unabhängig von ihrem IQ. Ein hoher IQ konnte das mangelnde Vorwissen nicht ausgleichen.
Die wichtige Bedeutung des Vorwissens war mir in diesem Umfang nicht bewusst. Wenn dieser Zusammenhang bei den Lehrenden nicht bekannt ist, besteht die Gefahr, dass mangelndes Vorwissen mit geringerer Intelligenz verwechselt wird. Somit würden Kinder, aus einem bildungsfernen Elternhaus, in dem wenig Anregungen gegeben werden, deutlich benachteiligt. Es stellt sich die große Frage, wie ein geringeres Vorwissen ausgeglichen werden kann.
Die Bedeutung des Vorwissens hat in verschiedenen Unterrichtsfächern eine unterschiedliche Relevanz. Während insbesondere im Sachunterricht und im Deutschunterricht Kinder aus einem anregungsreichen Elternhaus einen großen Vorteil besitzen, ist vermutlich der Kenntnisstand in Mathematik weniger unterschiedlich, da mathematische Themen weniger im Familien-Alltag thematisiert werden.
Die große Herausforderung besteht meiner Meinung nach darin, den unterschiedlichen Stand des Vorwissens in einer Klasse zu erfassen und ihn auszugleichen und individuell am Kenntnisstand der einzelnen Kinder anzusetzen. Ich denke, das Vorwissen einzelner Kinder lässt sich gut für die Klasse nutzen, dennoch werden sich die unterschiedlichen Intensitäten von Anregungen im Elternhaus nicht ausgleichen lassen.
Wichtig erscheint mir, dennoch einen offenen Blick auf die Kinder zu haben und den Stand des Vorwissens einzubeziehen, wenn ihre Ergebnisse betrachtet werden. Eine tröstliche Erkenntnis der Sitzung war für mich, dass Schule ein gutes Intelligenzförderprogramm ist. Offen bleibt für mich die Frage, was genau Intelligenz ist und wie sie genau erfasst werden kann. Bei den Beispielen der Intelligenztests erschien mir jeweils auch Vorwissen nötig zu sein. Dementsprechend ließe sich Vorwissen und Intelligenz kaum voneinander getrennt messen. Ich denke, dass Intelligenz deutlich facettenreicher und komplexer ist, als es in vielen Studien operationalisiert wird.