Während meines ersten Studiums der Pädagogik an der Universität Oldenburg habe ich mit anderen Studierenden ein Projekt zur politischen Bildung für Grundschulkinder mit den Schwerpunktthemen Migration, Flucht, personaler und struktureller Rassismus entwickelt. Angelehnt an das Projekt des DGB „für Demokratie Courage zeigen“ entstand so das Projekt „courage for kids“. Da es in diesem Bereich wenig Material gab, haben wir eine eigene Geschichte geschrieben, in der ein Mädchen einen geflüchteten Jungen kennenlernt und durch ihn mit den genannten Themenfeldern in Berührung kommt. Mit verschiedenen Methoden wie Rollenspielen, Standbildern, Inputs, Filmen, etc. wurden die einzelnen Themen bearbeitet und vertieft. Die Erfahrungen in der praktischen Umsetzung waren dabei zwiespältig. Die Kinder haben die Themen sehr interessiert, aber ich hatte teilweise den Eindruck, dass durch unsere Themensetzung überhaupt erst ein Bewusstsein für Unterschiede entstanden ist. So ist den Kindern nun aufgefallen, wer „Nicht-Deutsch“ aussieht. Es kam auch zu Missverständnissen, alle Migration sei Flucht. Ich denke, dass gerade in der Grundschule die Kinder sich der soziokulturellen Unterschiede nicht so bewusst sind, auch wenn sie natürlich schon eine Rolle spielen. Ich bin mir nicht sicher, ob es sinnvoll ist, diese bereits konkret zu thematisieren und ob dadurch nicht überhaupt erst Stigmatisierungen entstehen können.
Ebenfalls habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Kinder gut und schnell darin sind, die Erwartungshaltung von Erwachsenen zu bedienen. Ähnlich wie in Sozialtrainings können sie Kinder in Gesprächen sehr gut benennen, wie sich beispielsweise Ausgrenzung anfühlt und wie man diese verhindern kann. Das tatsächliche Alltagshandeln sieht aber meist ganz anders aus.
Das Projekt „courage for kids“ würde ich klar der Antirassistischen Pädagogik zuordnen. Ein Schwerpunkt war ganz deutlich ein Bewusstwerden über Diskriminierung auf individueller und struktureller Ebene sowie ein Nachdenken über Gegenmaßnahmen.
Ich denke, dass es für die Kinder schon ein Denkanstoß war, dennoch bin ich mir nicht sicher, ob es im Grundschulalter schon sinnvoll ist, so vertiefend zu diesen Themen zu arbeiten, da die Gefahr besteht, dass Unterschiede erst bewusst gemacht werden. Insgesamt halte ich zeitlich begrenzte Trainings für nicht sehr sinnvoll und nachhaltig, wenn die Themen nicht weiterhin in den Alltag einfließen. Die größte Bedeutung und den größten Einfluss hat meiner Meinung nach die Haltung der Lehrenden und die Thematisierung von Rassismen und Ausgrenzungen in dem Moment, in dem sie entstehen.
Für weitere Praxisphasen wäre dies mein Ansatz: wo und wie thematisieren Lehrende rassistische Äußerungen. Inwieweit denken und äußern sie sich selbst in Stereotypen und wie gehe ich damit um? Mein Ideal würde letztlich dem Ansatz der Diversity Education entsprechen: die Beziehungen und das Gruppengefühl zu stärken, indem Gemeinsamkeiten betont werden, aber auch ein Austausch auch über individuelle Unterschiede ohne negative Fokussierung. Wie genau dies zu erreichen ist, dafür muss ich noch Antworten suchen.