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3. Mai 2024

RV04: Heterogenität im Schriftspracherwerb – elementare Schriftkultur

Filed under: Allgemein — Schlagwörter: — Leena @ 8:53

1. Wählen Sie ein “leeres Blatt” oder die “Memory mit Schrift”-Szene von Mia und Anastasia und beschreiben Sie möglichst genau an Beispielen aus dem Material, welche Zugänge zur Schrift die Kinder bereits gefunden haben (z.B. Was wissen sie über Schrift? Wie nutzen sie Schrift? Was bedeutet ihnen Schrift? Worin unterscheiden sich ihre Schrifterfahrungen?). Sie können zur Unterstützung den Text von Dehn, Mechtild/Hüttis-Graff, Petra (2000) (Hrsg.): Zeit für die Schrift ll. Beobachtung und Diagnose. Berlin, S. 32-54 nutzen.

Im Video wird eine Situation dargestellt, in der die Kinder Mia und Anastasia mit dem “Memory mit Schrift” interagieren. Das “Memory mit Schrift” ist ähnlich wie das “normale” Memory ein Spiel, bei dem man Karten aufdeckt und probiert Paare zu finden, das “Memory mit Schrift” unterscheidet sich dadurch, dass auf immer auf einer Karte eines Paares der dazugehörige Begriff verschriftlicht ist (vgl. Bär, 2022). Erst wird eine “leere” Karte aufgedeckt und anschließend geschaut, welches Wort zu dem Bild passt. Genauer gesagt sprechen Mia und Anastasia immer das aus, was sie meinen zu sehen, nachdem sie die erste Karte umgedreht haben, um dann zu schauen, welches niedergeschriebene Wort dazu passt. Dadurch lässt sich vermuten, dass sie sich auf die Graphem-Phonem-Korrespondenzen beziehen, die sie bereits kennen. Des Weiteren gibt es noch andere, verschiedene Wege, wie die Kinder bereits Zugang zur Schrift gefunden haben: sie konnten die Bilder auf den Karten erkennen und die Anlaute der Substantive identifizieren. Wie bereits zuvor erwähnt, werden die Anlaute bei der Suche nach der zweiten richtigen Karte laut ausgesprochen. Manchmal gelingt es ihnen jedoch nicht, die richtige Karte aufzudecken, weil sie nur den Anlaut lesen (zum Beispiel bei “Bus” und “Buch”). Dennoch erkennen sie größtenteils das gesamte Wort richtig und verfolgen es beim Sprechen mit dem Finger (vgl. Dehn, Mechthild/Hüttis-Graff, Petra (2000), S. 32-54). Im Gegensatz zu den beiden Kindern aus dem Video der Ringvorlesung 04, können Mia und Anastasia bereits deutlich schneller erkennen, was sie sehen und es dem passenden Wort zuordnen. Sie brauchen das Wort nicht zu buchstabieren, sondern können es flüssig einordnen.

 

2. Erklären Sie den Begriff „elementare Schriftkultur“, grenzen Sie ihn von dem Begriff der Kulturtechnik ab. Führen Sie anschließend drei Beispiele konkret aus, in denen Sie Kindern in Kita oder Unterricht bereits Zugänge zur elementaren Schriftkultur ermöglicht haben bzw. ermöglichen könnten.
Sie können zur Unterstützung den Text aus Schüler, Lis (2021) (Hg.): Elementare Schriftkultur in heterogenen Lernkontexten. Zugänge zu Schrift und Schriftlichkeit. Seelze: Klett/Kallmeyer, S. 7-26 nutzen.

Von dem Begriff selbst der “elementaren Schriftkultur” lässt sich ableiten, dass es sich um eine grundlegende und geläufige Art der Schriftkultur handelt. Demnach bezieht sie sich auf grundlegende und essenzielle Fähigkeiten und Kenntnisse im Umgang mit der Schrift, genauso wie das Lesen und Schreiben der Buchstaben (auch in Wörtern und Sätzen). Demnach beinhaltet sie jegliche erste Zugänge und Verknüpfungen, die mit der Schrift geschaffen wurden. Dadurch haben unterschiedliche Kinder auch unterschiedliche Berührungspunkte mit niedergeschriebener Sprache. Diese Berührungspunkte können entweder formell oder informell erworben werden, also entweder beispielsweise im schulischen Kontext oder aber auch privat. Schilder, Plakate und Co., die man unterwegs sieht, sind demzufolge ebenfalls ein Anstoß für den Schriftspracherwerb. Anderen Leuten beim Schreiben zuschauen oder aber auch jegliche mediale Stimuli, das einfache Ausprobieren von Schrift und ganz persönliche Bezüge veranlassen die Förderung und Weiterentwicklung des Schriftspracherwerbs (vgl. Schüler, 2022, S.152-154).

Der Begriff der Kulturtechnik ist insofern abzugrenzen von der zuvor beschriebenen elementaren Schriftkultur, indem man festhalten kann, dass die Kulturtechnik ein viel breiter gefächerter Begriff ist, welcher sich mit verschiedenen Fähigkeiten befasst die wichtig sind um als Individuum in der Gesellschaft teilhaben zu können. Somit kann man die elementare Schriftkultur der Kulturtechnik unterordnen. 

Man könnte Kindern in Kita oder Unterricht beispielsweise durch das diktierende Schreiben einen Zugang zur elementaren Schriftkultur ermöglichen (vgl. Folie 22, RV04). Dadurch, dass die Kinder beispielsweise der Lehrkraft diktieren, was geschrieben werden soll, haben sie die Möglichkeit einen persönlichen Bezug herzustellen und können gleichzeitig zusehen, wie die eigens ausgewählten Worte niedergeschrieben werden. 

Des Weiteren könnte man regelmäßige Sprachspiele und Reime in den Kita- oder Unterrichtsalltag einführen. Durch Sprachspiele, Reime und Lieder können Kinder spielerisch mit Lauten und Buchstaben experimentieren und erste phonologische Bewusstheit entwickeln. Die Kinder könnten sich somit beispielsweise Dienstags und Donnerstags im Rahmen eines Morgenkreises damit auseinadersetzen.

Zu guter letzt spielt man selbst durch die eigene Vorbildsfunktion eine wichtige Rolle. Man kann nämlich die eigene Begeisterung für das Lesen und Schreiben zeigen und dadurch die Kinder dazu ermutigen sich mit Schriftsprache zu beschäftigen. Um dies authentisch rüberbrignen zu können, muss man aber bereit sein selbst regelmäßig Bücher zu lesen, Geschichten zu erzählen oder Gedichte vorzutragen. Die Kinder sollten am besten ermutigt werden, Fragen zu stellen, ihre Gedanken zu teilen und ihre eigene Ideen zu schreiben. Um dies zu verwirklichen kann man zum Beispiel ein Format wie „das Buch der Woche“, „mein Lieblingssatz der Woche“ oder „mein Lieblingswort der Woche“ einführen, wobei man sich selbst auch daran beteiligt.

 

3. Die neuesten Ergebnisse der IGLU Studie 2022 zeigen einmal mehr, dass sich die Leistungsheterogenität im Lesen(lernen) weiter verschärft. Stellen Sie vor dem Hintergrund des weiten Begriffs von Schriftspracherwerb (Folie 19) und insbesondere des Begriffs der elementaren Schriftkultur Überlegungen dazu an, wie es zu diesen Ergebnissen kommen konnte und wie sich Leseunterricht verändern müsste, damit viel mehr Kinder zu Leser:innen werden können.

Das Erlernen des Lesens ist eine zentrale Fähigkeit, die jedes Kind in der Schule entwickeln sollte. Im Kontext der grundlegenden Schriftkultur können Kinder besser lesen und schreiben lernen, wenn sie persönliche Erfahrungen mit Schrift machen und in ihrer Umgebung viele Begegnungen damit haben. Es scheint jedoch, dass Vorleseaktivitäten zu Hause zunehmend durch Handys, das Internet usw. ersetzt werden, wodurch Kinder weniger mit Büchern in Berührung kommen und potenzielle Leseerfahrungen vermissen. Darüber hinaus hat das Homeschooling während der Pandemie und auch die Pandemie im Allgemeinen den Austausch mit Gleichaltrigen und die Diskussion über das Lesen generell unterbrochen. Dies führt nicht nur dazu, dass natürliche Begegnungen mit Schrift fehlen, sondern auch, dass die offizielle Einführung in das Schreiben verzögert wird. Da Lesen eine Schlüsselkompetenz ist, kann sie auch in anderen Fächern wie Mathematik, Kunst oder Sachunterricht integriert und gefördert werden. Zum Beispiel kann das laute Vorlesen gezielt in Partnerarbeit im Deutschunterricht geübt werden. Zusätzlich kann die Einrichtung einer Leseecke dazu beitragen, Schrift präsenter zu machen und Kindern, die möglicherweise zu Hause keine Bücher haben, den Zugang zu ermöglichen. Zentral ist auch, den Kindern einen Grund zu geben, beziehungsweise mit den Kindern einen Grund zu finden, warum Schreiben und Lesen für sie selbst wichtig und von Vorteil sein können. Dies haben wir während der Ringvorlesung 04 am Beispiel von Pascal gesehen!

Da Kinder unterschiedliche Lernvoraussetzungen in den Leseunterricht einbringen, die ihren Schriftspracherwerb beeinflussen können, ist ein individualisierter und differenzierter Unterricht, der den Bedürfnissen jedes Kindes gerecht wird, von großer Bedeutung. Der Leseunterricht sollte möglichst auf die individuellen Lernbedürfnisse der Kinder zugeschnitten sein und differenzierte Lernangebote sowie intensive Fördermaßnahmen umfassen, um den unterschiedlichen Lerngeschwindigkeiten gerecht zu werden. Kleingruppenarbeit, individuelle Förderpläne und gezielte Fördermaßnahmen könnten hier unterstützend wirken.

 

 

Quellen:

Bär, Christina/Last, Sandra/Merklinger, Daniela (2022): Grundschule Deutsch Nr. 54 – Sprachförderung in der Klasse: Spiel mit Schrift und als Beobachtungsfeld. Hannover. URL: Spiel mit Schrift als Lern- und Beobachtungsfeld). 

Dehn, Mechthild/Hüttis-Graff, Petra (2000) (Hrsg.): Zeit für die Schrift II. Beobachtung und Diagnose. Berlin, S. 32-54.

Schüler, Lis (2021) (Hg.): Elementare Schriftkultur in heterogenen Lernkontexten. Zugänge zu Schrift und Schriftlichkeit. Seelze: Klett/Kallmeyer, S. 7-26.

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