RV09Mehrsprachigkeit als Ausgangspunkt und Ziel schulischer Bildung in der Gymnasialen Oberstufe

An Ihrem Gymnasium gibt es einen – wie üblich sehr heterogen besetzte – Vorkurs, in welchem sogenannte Seiteneinsteiger*innen Deutsch lernen und auf die Teilnahme am Regelunterricht vorbereitet werden. Für einige wird nun der endgültige Übergang in die Regelklasse diskutiert. Ein Großteil der Lehrpersonen plädiert – mit Verweis auf die noch nicht vollständig ausreichenden (bildungssprachlichen) Deutschkenntnisse – die Schüler*innen an eine Oberschule zu überweisen, obwohl die Schüler*innen hinsichtlich ihrer Lernfähigkeit und ihrer Vorbildung eigentlich die Voraussetzungen für das Gymnasium mitbringen und gerne an der Schule bleiben würden, da sie dort durch die Teilintegration in die Regelklassen auch schon Kontakte zu anderen Schüler*innen geknüpft haben. Nehmen Sie auf Basis der Vorlesung Stellung dazu.

Durch die Versetzung an eine Oberschule wird den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit des Abiturs erst einmal genommen. Sie nur aufgrund fehlender bildungssprachlicher Deutschkenntnisse auf eine andere Schule zu schicken sehe ich als fatal und absolut nicht angemessen. Die Schülerinnen und Schüler besitzen die nötige Vorbildung und Lernfähigkeit und haben auch schon Kontakte in Regelklassen geknüpft. Durch weitere Förderung von Lehrerinnen und Lehrern und dem regelmäßigen Kontakt mit muttersprachlichen Mitschüler*innen in Schule und Freizeit besteht die Möglichkeit sprachliche Lücken aufzufüllen und den Lernprozess zu beschleunigen. (Folie 30) Durch den Wechsel auf eine andere Schule wird das bekannte Umfeld genommen und die SuS werden nur vor neuen Schwierigkeiten und Herausforderungen stehen.

Welche Erfahrungen mit Mehrsprachigkeit – in der hier verstandenen breiten Sicht – in Schule und Unterricht (selbst als Schüler*in  und/oder Praxiserfahrungen als unterrichtende Person) haben Sie bislang gemacht? Reflektieren Sie diese Erfahrungen vor dem Hintergrund dieser Vorlesung.

Da ich aus einer sehr ländlich gelegenen Kleinstadt komme hatte ich nie viel Erfahrung mit Mehrsprachlichkeit an meiner Schule. Die Schülerschaft meiner Schule war immer sehr homogen, der Großteil kam aus Familien ohne Migrationsgeschichte und hatte erst im schulischen Fremdsprachen Unterricht Kontakte mit anderen Sprachen. Bei Problemen mit dem Spracherwerb bekamen die meisten meiner Mitschüler*innen entweder Nachhilfe oder Unterstützung von bildungserfahrenen Eltern und anderen Familienmitgliedern. Dies wird sich heute allerdings sicherlich geändert haben.

Was möchten Sie nach dem Besuch dieser Vorlesung bei Ihrer zukünftigen Unterrichtsgestaltung beachten? Welches Wissen und welche Fähigkeiten fehlen Ihnen dafür noch? Was wollen Sie dafür tun?

Da ich selbst die Fächer Englisch und Spanisch unterrichten werde, wird mein Unterricht größtenteils auf Sprachen stattfinden die für die meisten Schüler*innen neu sind. Dies gibt mir die Möglichkeit Schüler*innen individuell an Sprachen heranzuführen und die Komplexität erst mit der Zeit zu steigern. Mehrsprachliche Schüler*innen können aber auch den Lernprozess ihrer monolingualen Mitschüler*innen unterstützen. Wortschatz und Grammatik

können Ähnlichkeiten aufweisen und den Schüler*innen fällt der Spracherwerb dann leichter.
Außerdem kann man den Spracherwerb mit individuellen Lernmaterialien für alle Sprach und Lernniveaus fördern. Schüler*innen sollten immer die Möglichkeit der individuellen Förderung haben um in eigenem Tempo zu lernen und die Motivation nicht zu verlieren.

Wie muss Schule unserer mehrsprachigen Gesellschaft gestaltet sein? Welche Rahmenbedingungen müssen gegeben sein, damit Sie die Mehrsprachigkeit Ihrer Schüler*innen einbeziehen und einen registersensiblen Fachunterricht gestalten können?

Um Mehrsprachlichkeit in Schulen zu normalisieren und zu fördern sollte „Mehrsprachigkeit als Bildungsziel deklariert, gefördert und in den Schulen institutionalisiert werden“ (Fürstenau 2011, S. 46).
Der kulturelle und sprachliche Austausch bietet für die SuS viele Vorteile und Deutsch als Zweitsprache zu haben sollte für niemanden ein Nachteil sein. Chancengleichheit ist im Bildungssystem essentiell und damit geht die Inklusion aller SuS einher.
Individuelle Förderung und Unterstützung kann hierbei allerdings nicht die alleinige Aufgabe der Lehrkräfte sein. Schüler*innen sollten die Möglichkeiten haben Sprachkurse zu besuchen und bei Bedarf auch noch andere Lernhilfen zu erhalten.
Es sollte die Möglichkeit des Austausches zwischen Schüler*innen bestehen und die verschiedenen Kulturen sollten kennengelernt und wertgeschätzt werden.

Quellen:

Fürstenau, Sara (2011): Mehrsprachigkeit als Voraussetzung und Ziel schulischer Bildung. In: Fürstenau, S., Gomolla, M. Migration und schulischer Wandel: Mehrsprachigkeit. VS Verlag für Sozialwissenschaften

Daase, Andrea. Mehrsprachigkeit als Ausgangspunkt und Ziel schulischer Bildung in der gymnasialen Oberstufe. (Juni 2023, Universität Bremen). Folie 16-34

Helbrock, Dr. Maria (2012): Sprachbarriere vermindert Lernerfolg, Bildungschancen und ein gutes Miteinander – Schulentwicklung durch Sprachförderung, Schulpsychologische Bildungsberatung, Landesschulrat für Voralberg, S.3.

 


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