Kategorien
Allgemein

Dr. Eileen Schwarzenberg – „Also die Rahmenbedingungen sind absolut entscheidend“- junge Menschen mit einer Behinderung berichten retrospektiv über ihre Erfahrungen in der Schulzeit

Welche Modelle von Behinderung sind Ihnen in Ihrer eigenen Bildungsbiografie und den schulischen Erfahrungen als angehende Lehrkraft begegnet? An welchem Zuweisungspraktiken (z.B. durch Äußerungen) machen Sie das fest? (zum Weiterlesen: Waldschmidt, 2005)

Während meiner Schulzeit habe ich am Ende der neunten Klasse ein Praktikum machen dürfen in einer Grundschule für Kinder mit körperlicher und/oder geistlicher Behinderungen. In diesen drei Wochen lernte ich viel im Umgang mit den Kindern und Gesprächen mit den Eltern und Fachkräften an der Schule. Ich mochte es sehr an der Grundschule und wollte am Ende gar nicht mehr gehen.
Leider habe ich an meiner Schule nicht erleben können, dass Kinder mit Behinderungen mit einbezogen worden sind im Unterricht.

Bitte reflektieren Sie die Erfahrungen mit Exklusion und Inklusion in der Bildungsbiografie der beiden Gäste (Frau Dittmann und Herr Palkowski) vor dem Hintergrund Ihrer eigenen Erfahrungen:
Gab es Punkte in meiner Bildungsbiografie, an denen mein Bildungsweg befördert wurde? An denen er begrenzt wurde? Was spielte hierbei eine Rolle? Und welche Konsequenzen ergeben sich daraus für mich als angehende Lehrkraft?

Frau Dittmann und Herr Palkowski berichteten über unterschiedliche Erfahrungen mit ihrer Behinderung.
Frau Dittmann wurde gehörlos geboren. Während der Grundschulzeit hat sie positive Erfahrungen gemacht, weil sich ihre Schule gut an sie angepasst hat. Zum Beispiel machten Vorhänge und Teppich die Raumakustik für sie angenehmer. Auch Lehrer*innen und Mitschüler*innen hatten die Möglichkeit, durch das Tragen von Mikrofonen, den Unterricht für Frau Dittmann angenehmer zu gestalten. Die Inklusion, die Frau Dittmann während ihres Aufenthalts in der Grundschule erlebte, setzte sich zunächst in der weiterführenden Schule nicht fort.
Am Gymnasium hatte sie eine komplett andere Erfahrung, die miteinschloss ausgeschlossen und gemobbt zu werden von anderen Mitschüler*innen und teilweise auch von den Lehrkräften. Dementsprechend viel weniger Verständnis als auf der Grundschule. Zum Beispiel wurden Hilfsmittel wie das Mikrofon von Mitschüler*innen beschädigt und die Sitzordnung wurde nicht angepasst.
Herr Palkowski erzählte von positiveren Erfahrungen im Umgang mit seiner starken körperlichen Einschränkung von Menschen in seiner Umgebung. Er wurde von seinen Mitschüler*innen und Freund*innen nicht aufgrund der Folgen seines Unfalls „verlassen“ oder gar gemobbt. Er erhielt auch eine Lehrstelle, wo sich stark bemüht wurde die Umstände am Arbeitsplatzt so umzustellen und anzupassen, dass er dort gut mit dem Rollstuhl arbeiten konnte. Herr Palkowski nannte zum Beispiel die feuerfeste Türen, die ihm im Falle eines Brandes schützen sollen, bis er von der Feuerwehr geholt werden kann. Seine Schule erfüllte diese Anforderungen leider nicht.
Der Mangel an Unterstützung und Gleichgültigkeit der Menschen in seiner Bildungsbiographie, ist für ich ein weiterer Grund, mich bewusst mit dem Umgang und der Beziehung, die ich mir mit meinen Schüler*innen wünsche, auseinanderzusetzen.

In der Vorlesung wurde auch die Perspektive von Eltern angesprochen. Bitte schauen Sie sich das Video zum Engagement von Eltern (Gespräch mit Elke Gerdes) an: https://uni-bremen.de/themen/engagement-von-eltern/:
Welche Meinung haben Sie zum Elternwahlrecht? Was sind Vor- und Nachteile?, Welche Bedeutsamkeit messen Sie der Zusammenarbeit mit Eltern bei und was sind zentrale Gelingensbedingungen? (zum Weiterlesen: Wocken, 2017)

Wocken definiert das Elternwahlrecht als „das Recht der Eltern von Kindern mit Behinderungen […], zwischen einer inklusiven Unterrichtung an einer allgemeinen Schule und einem Unterricht an einer separierenden Sonder- oder Förderschule frei zu wählen“ (2017).
Ich denke , dass es wichtig ist, dass das Wohl des Kindes im Mittelpunkt steht und nicht die Sorge um die Qualifikation oder das Ansehen der Eltern.
Ich halte es für sinnvoll den Eltern ebenfalls Entscheidungsfreiheit zu geben, da sie ihr Kind am besten kennen und dementsprechend eine Behinderung nicht als Verpflichtung für die Schulwahl erklären wollen.
Um dieser Vielfalt gerecht zu werden, müssten sich aber auch die Systeme in der Schule ändern
Segregation sollte schon bei der Schulform vermieden werden und es sollte auch mehr Lehrkräfte geben, die nicht erst speziell dafür ausgebildete Fähigkeiten über Inklusion verfügen.
Hier könnte die Kooperation von Eltern, Schule und der Schulpolitik helfen.
Wichtig für eine erfolgreiche Inklusion ist Kommunikation , Verständnis, Offenheit gegenüber dem „Fremden “ und besonders bei manchen Lehrkräften, viel Geduld.

Ich bin für eine Gesellschaft, die aufeinander Acht gibt, sich versucht zu verstehen und sich gegenseitig hilft. Ich bin gegen radikale Kategorisierung und ebenfalls gegen Exklusion aufgrund von nicht veränderbaren Eigenschaften.