Reflektieren Sie die Konsequenzen der Aussonderung von Schüler:innen mit Förderbedarf?
Inklusion ist mehr als ein pädagogisches Konzept. Sie ist ein gesellschaftlicher Auftrag. Die Aussonderung von Schüler:innen mit Förderbedarf hat weitreichende Folgen. Nicht nur die betroffenen Kinder leiden darunter. Auch ihre Mitschüler:innen verlieren die Chance, den Umgang mit der Vielfalt der Gesellschaft zu erlernen. Für die betroffenen Kinder entsteht häufig ein Gefühl des Ausgeschlossenseins. Oft ist es der Fall, dass sie lange Wege zu speziellen Schulen auf sich nehmen. Damit werden sie aus ihrem sozialen Umfeld herausgelöst. Helga Deppe-Wolfinger betont, dass Schule ein Ort sein sollte, an dem das gesellschaftliche Miteinander eingeübt wird. Inklusion ermöglicht das (Deppe-Wolfinger in Müller 2018). Auch für das spätere Berufsleben ist gemeinsame Bildung wichtig. Laut Berger (2015) erleben etwa zehn Prozent der Menschen Einschränkungen am Arbeitsplatz. Schule kann helfen, früh Verständnis und Akzeptanz zu fördern.
Welche Informationen sind in der Diagnose „Förderschwerpunkt Wahrnehmung & Entwicklung“ bzw. „Förderschwerpunkt Lernen“ enthalten? Nützt die Diagnose „Trisomie 21“ Ihnen als Lehrer:in mehr? Welche Informationen benötigen Sie von einer Schüler:in, um Ihren Unterricht ggf. anzupassen?
Die Diagnose „Förderschwerpunkt Lernen“ ist sehr breit gefasst. Sie kann Hinweise auf Schwierigkeiten mit Arbeitstempo, Frustrationstoleranz oder Konzentration geben (Folie 13). Dennoch bleibt sie oft ungenau. Eine solche Diagnose reicht nicht aus, um gezielt Unterricht anzupassen. Auch die Diagnose „Trisomie 21“ liefert keine vollständigen Informationen. Sie kann zwar helfen, bestimmte Verhaltensweisen einzuordnen. Gleichzeitig besteht die Gefahr, vorschnelle Annahmen zu treffen. Denn Trisomie 21 äußert sich bei jedem Menschen unterschiedlich. Es ist daher notwendig, individuelle Informationen zu sammeln. Dazu gehören Interessen, Stärken und Unterstützungsbedarfe der Schüler:innen. Diese lassen sich am besten durch Gespräche mit dem Kind, den Eltern und durch Beobachtung im Unterricht ermitteln. Das Beispiel von Lotta, einer Schülerin mit Trisomie 21, zeigt, wie unterschiedlich Lebensrealitäten sein können. Sie besucht eine Regelschule und nimmt aktiv am Alltag teil.
Wie können Sie in Ihrem Unterricht die Zugänglichkeit und Anschaulichkeit von Medien/Materialien verbessern? Welche Verbündeten können Sie dazu gewinnen?
Die Zugänglichkeit von Unterrichtsmaterialien kann durch einfache Maßnahmen verbessert werden. Symbolgestützte Materialien, Bilder oder Audioversionen machen Inhalte greifbarer. Auch digitale Hilfsmittel und Lesehilfen sind nützlich. Wichtig ist der Austausch mit Kolleg:innen, Sonderpädagog:innen und Eltern. In Teams lassen sich Materialien gemeinsam anpassen. So können sie verschiedenen Lernniveaus gerecht werden. Plattformen wie leseninklusive.net oder arasaac.org bieten frei verfügbare Inhalte (Folie Freie Materialien, Symbolsammlungen). Diese können im Unterricht genutzt und weiterentwickelt werden. Eine abgestimmte Zusammenarbeit im Kollegium, besonders im Jahrgangsteam, erleichtert die Umsetzung im Alltag.
Wählen Sie eines der Lernvideos/der Podcasts/der Kapitel auf path2in.uni-bremen.de oder all-means-all.education aus, schauen Sie es sich an und schreiben Sie kurz eine begründete Empfehlung für Ihre Kommiliton:innen, warum es sich ggf. lohnt, sich das Video/den Podcast/den Text anzusehen.
Ich habe mir das folgende Video angeschaut: „Sichtweisen von Menschen mit Beeinträchtigung“ mit Carina Kühne auf path2in.uni-bremen.de. Carina Kühne berichtet dort aus ihrer Sicht als Frau mit Trisomie 21. Sie ist Schauspielerin, Aktivistin und setzt sich für Inklusion ein. Im Interview spricht sie über persönliche Erfahrungen mit Vorurteilen, Barrieren und gelungener Teilhabe. Besonders eindrücklich schildert sie, wie wichtig Sprache, Haltung und der selbstverständliche Umgang im Alltag sind. Sie plädiert dafür, Menschen nicht auf ihre Einschränkungen zu reduzieren, sondern ihre Stärken zu sehen. Das Video bietet einen authentischen Einblick in die Perspektive von Betroffenen und regt zum Nachdenken über den Umgang mit Menschen mit Beeinträchtigungen an.
Literatur
Deppe-Wolfinger, Helga [Interviewte], Müller, Frank J. [Interviewer], 2018. Interview mit Helga Deppe-Wolfinger. Psychosozial-Verlag.
Berger, Catrin, 2015. Deutschland noch weit von UN-Zielvorgaben entfernt: Analysen zur Arbeitsmarktsituation von behinderten Menschen in der EU.
Folien, Prof. Dr. Frank J. Müller, Universität Bremen
path2in.uni-bremen.de – Interview mit Carina Kühne: Sichtweisen von Menschen mit Beeinträchtigung
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