Mehrsprachigkeit als Ausgangspunkt und Ziel schulischer Bildung in Gymnasium und Oberschule

An Ihrer Schule gibt es eine – wie üblich sehr heterogen besetzte – Vorklasse, in welcher sogenannte Seiteneinsteiger*innen Deutsch lernen und auf die Teilnahme am Regelunterricht vorbereitet werden. Für einige wird nun der Übergang diskutiert. Ein Großteil der Lehrkräfte plädiert – mit Verweis auf die noch nicht vollständig ausreichenden (bildungssprachlichen) Deutschkenntnisse – sie an eine Realschule zu überweisen, obwohl die Schüler*innen hinsichtlich ihrer Lernfähigkeit und ihrer Vorbildung eigentlich die Voraussetzungen für das Gymnasium mitbringen und gerne an der Schule bleiben würden. Nehmen Sie auf Basis der Vorlesung Stellung dazu.

Schüler, die ein Gymnasium erfolgreich besuchen, weisen in der Regel eine höhere Intelligenz als Realschüler auf. Das Tempo, in dem der Unterrichtsstoff unterrichtet wird, ist etwas schneller als vergleichsweise in Realschulen, da erwartet wird, dass die Schüler in der Lage sind schneller und effizienter zu lernen. Nun frage ich mich, was diese Unterscheidung der Leistung mit Sprache und ethnischen Hintergründen zutun hat? Genau so, wie wir diese Unterscheidung in Deutschland beobachten, kann man diese auch in der Türkei oder in China beobachten. Kinder werden immer und über all auf unterschiedlichen Leistungsständen sein. Natürlich ist es nicht ganz außen vor zu lassen, wenn ein Kind, welches die Vorraussetzungen für das Gymnasium mitbringt, keine ausreichenden Deutschkenntnisse mitbringt, jedoch ist davon auszugehen, dass wenn ein Kind hinsichtlich der Lernfähigkeit auf ein Gymnasium gehört, es auch in der Lage sein wird den nötigen Fleiß aufzubringen um Deutsch zu lernen. 

Welche Erfahrungen mit Mehrsprachigkeit – in der hier verstandenen breiten Sicht – in Schule und Unterricht (selbst als Schüler*in und(oder Praxiserfahrungen) haben Sie bislang gemacht? Diskutieren Sie die Erfahrungen vor dem Hintergrund dieser Vorlesung

Wenn es um Mehrsprachigkeit geht, kann ich aus eigenen Erfahrungen sprechen, da ich trilingual aufgewachsen bin. Ich habe von der 5. bis zur 12. Klasse durchgehend und ohne Probleme ein Gymnasium besucht. Zwar gab es die ein oder andere Situation in der ich bei mündlichen Beiträgen hinsichtlich der Deutschen Sprache von Lehrerinnen und Lehrer korrigiert wurde, jedoch wurde mir nie vermittelt, dass es sich für mich unangenehm oder gar schlecht anfühlen muss. Letztendlich war Deutsch sogar immer einer meiner besten Fächer, und das trotz (oder vielleicht gerade wegen?) meines Migrationshintergrundes. Und obwohl ich ausschließlich gute Erfahrungen gemacht habe, wurde ich auf Zeugin von eher negativen Vorfällen. In meiner Klasse gab es einen Schüler (M.), der aus Polen kam aber hier in Deutschland groß geworden ist. Seine Deutschkenntnisse unterschieden sich nur minimal von denen der anderen Mitschüler. Dennoch kam es zu folgendem Vorfall im Französischunterricht, es müsste in der 8. oder 9. Klasse gewesen sein: 

Die Französischlehrerin, die bei uns Schülern hinsichtlich ihrer fiesen Kommentare und Art nicht so beliebt war, stellte eine Frage während ihres Frontalunterrichts. M. meldete sich aus freier Entscheidung und lieferte zwar dir richtige Antwort, jedoch mit Aussprachefehlern bezogen auf sein Französisch. Anstatt ihm zu vermitteln, dass es die richtige Antwort war, er aber an seiner Aussprache arbeiten sollte, schrie die Lehrerin laut auf und sagte wortwörtlich: „M., wie wäre es denn wenn du erst einmal verünftig Deutsch lernst bevor du dich an Französisch herantraust?!“

Was möchten Sie nach dem Besuch dieser Vorlesung bei Ihrer zukünftigen Unterrichtsgestaltung beachten? Welches Wissen und welche Fähigkeiten fehlen Ihnen dafür noch?

Bei meiner zukünftigen Unterrichtsgestaltung möchte ich versuchen zu beachten, dass nicht alle Schüler homogen sind, dass sie verschiedenartig lernen, dass sie unterschiedliche Stärken und Schwächen haben und dass sie unterschiedliche Sprach- bzw. Deutschkenntnisse haben.  Meine Herausforderung wird sein, dies zu verinnerlichen und mich in die Schüler hineinversetzen zu können. Dazu fehlt mir denke ich aber noch Wissen und die nötige Technik für die Vorgehensweise. Wie gestalte ich meinen Unterricht denn so, dass jeder mir folgen werden kann?  Für mich wird es Priorität sein, dass ich jeden einzelnen Schüler mitziehen werden kann, und dass sich niemand verloren fühlt. Jedoch muss ich dabei auch an die Schüler denken, die keine großen Probleme haben werden, und darauf achten, dass sie sich nicht langweilen bzw. sich unterfordert fühlen. Ich hoffe mir wird im Laufe meines Studiums noch beigebracht wie ich am besten die Kontrolle über Heterogenität finde. 

Wie muss Schule unserer mehrsprachigen Gesellschaft gestaltet sein. Welche Rahmenbedingungen müssen gegeben sein, damit Sie die Mehrsprachigkeit ihrer Schüler*innen einbeziehen und einen registersensiblen Fachunterricht gestalten können?

Hier muss ich zugeben, dass ich die Beantwortung dieser Frage ziemlich schwer finde. Eine wichtige Rahmbedingung für mich wäre auf jeden Fall Akzeptanz gegenüber Mehrsprachigkeit. Denn viele Schule sehen diese ja eher als Nachteil an bzw. entstehen dann Situationen wie bei Frage 2 von mir beschrieben. Über die Akzeptanz hinaus, sollte Mehrsprachigkeit auch toleriert werden von den Schulen, und zwar als etwas Gutes. Etwas, was nicht direkt als schlecht angesehen werden darf. Die Schulen sollten Mehrsprachigkeit akzeptieren, tolerieren und letztendlich auch fördern.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert