Mehrsprachigkeit und Deutschunterricht

Deutschland ist ein Migrationsland. Besonders im Zuge jüngster Zuwanderung stellen sich viele neue Herausforderungen. Will man zugewanderten Menschen die Integration ermöglichen, so ist es unabdingbar, dass sie die deutsche Sprache erlernen. Für das System Schule bedeutet dies, sich der Sprachheterogenität seitens der SuS bewusst zu werden und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, die den Spracherwerb sowie die Sprachentwicklung fördern. Selbstverständlich ist es für eine/n Schüler/in, der/die Deutsch kaum bis gar nicht beherrscht quasi unmöglich, dem Regelunterricht zu folgen. In sogenannten Vorbereitungsklassen wird neu zugewanderten Kindern und Jugendlichen die Integration in unser Bildungssystem erleichtert, indem sie eine spezielle Förderung ihrer Deutschkenntnisse erhalten: den Deutsch-als-Zweitsprache-Unterricht (DaZ-Unterricht). Dieser DaZ-Unterricht kann dann je nach individueller Sprachkenntnis z.B. im Rahmen eines Alphabetisierungskurses stattfinden. Somit soll diesen „SeiteneinsteigerInnen“ eine gleichberechtigte Teilnahme an Unterricht und Bildung ermöglicht werden. An Bremer Schulen soll Sprachförderung von SeiteneinsteigerInnen (DaZ) in Vorkurs und Regelunterricht langfristig von zentraler Bedeutung sein und teil-integriert realisiert werden. Ziel ist es, diese SuS so schnell wie möglich auf solch ein Sprachniveau zu bringen, mit dem sie in einer inklusiven Regelschulklasse zurechtkommen können. Bisher gibt es im Land Bremen noch keine einheitlichen Curricula bzw. Lehrpläne in Hinblick auf die DaZ-Unterrichtsgestaltung; man orientiert sich jedoch an dem gemeinsamen europäischen Referenzrahmen für Sprachen.

Leider habe ich bisher keine persönlichen Praxiserfahrungen zum Thema Sprachförderung von SeiteneinsteigerInnen sammeln können. Ich kann mir jedoch gut vorstellen, dass binnendifferenzierende Unterrichtsinhalte bei solchen SuS absolut von Vorteil sein könnten. Gerade die Zusammenarbeit mit anderen SuS und der damit zusammenhängende Austausch von Wissen innerhalb der Gruppengespräche kann im optimalen Falle den SeiteneinsteigerInnen einen viel größeren Kompetenzzuwachs bringen als stumpfer Frontalunterricht nach Schema F. Noch dazu kommt der Vorteil, dass SeiteneinsteigerInnen viel stärker in den Unterricht und die Klassengemeinschaft durch Gruppenarbeit integriert werden, was wiederum das „Wir-Gefühl“ stärkt.

Nach vorsichtiger Einschätzung eines mir bekannten Lehrers ist die Lesekompetenzentwicklung ehemaliger VorkursschülerInnen grundsätzlich gesehen eher defizitärer als bei Deutscherstsprachlern. Dazu ist jedoch anzumerken, dass ganz allgemein die Lesekompetenz bei vielen SuS beeinträchtigt ist, auch bei Deutscherstsprachlern, also ganz unabhängig von der Muttersprache. Gründe dafür könnten sein, dass viele SuS heutzutage viel weniger (Bücher) lesen als früher, weil u.a. die Ablenkung durch Social Media, Videospiele und Online-Streaming-Dienste sehr hoch zu sein scheint. Mündlich seien seine SuS deutlich besser als schriftlich, was wiederum dafür spricht, dass die Sprachpraxis zwar da ist, aber dass zu wenig gelesen wird. Grundsätzlich muss man jedoch immer den Einzelfall betrachten, denn die Lesekompetenzentwicklung ist nicht unbedingt von migratorischen, sondern von sozialen Faktoren abhängig.