Dr. Eileen Schwarzenberg: Meint Inklusion wirklich alle?

Meint Inklusion wirklich alle?

Hinter dieser Fragestellung verbirgt sich eine komplexe Diskussion die von allen deutschen Bundesländern verschieden behandelt wird.

Einleitend visualisiert Frau Dr. Eileen Schwarzenberg die Verteilung der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Deutschland im Schuljahr 2012/13 mit Hilfe eines Diagramms. Deutlich wird hierbei, dass etwa 40,7% der SuS mit sonderpädagogischem Förderbedarf Defizite im Bereich „Lernen“ aufzeigen. Der prozentual nächstgrößte Anteil liegt mit 16,4% beim Förderschwerpunkt „geistige Entwicklung“. Des Weiteren haben ca. 14,5 % der SuS Förderbedarf im Bereich der sozialen und emotionalen Entwicklung, um nur die drei prozentual stärksten Förderschwerpunkte zu nennen. Folglich ist zu vernehmen, dass es eine Vielzahl von Einflüssen den Schulalltag oder das Leben von SuS beeinträchtigen oder behindern.

Doch was genau ist eine Behinderung?

Hierzu gibt es zwei relevante theoretische Modelle.

Zum einen das medizinische Modell und zum anderen das soziale Modell.

Das medizinische Modell, das nach dem ersten Weltkrieg entwickelt wurde, beruht auf einem biomedizinischen Ansatz bei dem die „Behinderung“ als „körperliche, geistige oder psychische“ Beeinträchtigung einer Person verstanden wird. Der Umgang mit der Behinderung setzt sich bei diesem Modell die längerfristige Heilung der Person oder deren Eingliederung in die Gesellschaft zum Ziel. Entschieden wird bei Personen zwischen: Eine Person ist behindert; Eine Person ist nicht behindert.

Das soziale Modell hingegen entstand aus einer Art Reaktion auf das medizinische Modell in den 1960er Jahren. Behinderung wird als Ergebnis einer Gesellschaft betrachtet, was die Ursache der Behinderung außerhalb des Individuums stellt. Folglich fordert dieses Modell ebenso soziale und physische Barrierefreiheit – hierfür sollen Umwelt und Dienstleistungen angepasst werden um für Personen mit physischen und psychischen Beeinträchtigungen Zugänglichkeit zu schaffen.

Somit ist festzuhalten, dass das soziale Modell mit dem „whole school approach“ also der „full inclusion“ gut zu vereinbaren ist, denn um Dienstleistungen und Umwelt anzupassen ist eine grundlegende Veränderung des Bildungssystems von Nöten.

Im Gegensatz hierzu ist das medizinische Modell mit dem „two track aprroach“ in Verbindung zu bringen. Dabei wird eine Vielzahl an Beschulungsformen angeboten die SuS mit einer „Behinderung“ durch separate „Pflege“ und „Heilung“ eine Eingliederung in die Gesellschaft garantieren sollen.

 

In meiner Zeit in der Grundschule in Niedersachsen war ich Teil eines Jahrgangs bei dem es eine sogenannte „Co-op“ Klasse gab – also eine Kooperationsklasse, die in Fächern wie Sport, Musik, Werken, Kunst und Textil mit den anderen beiden Klassen des Jahrgangs mit unterrichtet wurden. Diese Klasse bestand aus SuS mit unterschiedlichen körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen.

Ich würde diese Maßnahme dem „Parallelsystem“ also dem „two track approach“ zu ordnen wenngleich einige Fächer gemeinsam unterrichtet wurden. Die SuS der „Co-op“ Klasse wurden soweit ich mich Erinnere von geschulten Lehrkräften unterrichtet und betreut.

Als damals unaufgeklärter und unreflektierter Grundschüler hatte ich ehrlich gesagt gegen solch eine Art von Unterricht in dem ich mit „Behinderten“ arbeite eher eine Abneigung gegenüber. Doch dank guter Erziehung war ich von Beginn an freundlich und habe schnell gemerkt, dass diese SuS der „Co-op“ Klasse auch „nur“ Kinder sind die zur Schule gehen, mit dem Unterschied, dass sie Beeinträchtigungen haben für die sie nichts können. Ich habe mich somit schnell an diese Art von Maßnahme gewöhnt und muss im Nachhinein sagen, dass es prägende Erfahrungen sowie bewegende Momente gab, die man so nicht im Schulalltag mitbekommt. Es hat uns SuS die Möglichkeit gegeben beiderseitige Erfahrung zu sammeln die alles SuS zu Gute kamen.

Ich stelle es mir vor allem sehr interessant vor in so einer Umgebung oder ähnlicher wie in meiner Grundschulzeit die Observationsrolle zu übernehmen.

Es wäre interessant als Außenstehender zu beobachten „wie“ und auf „welche Art und Weise“ SuS sich untereinander kennen lernen, helfen, verstehen, kritisieren oder zusammenarbeiten. Mit Hauptaugenmerk auf das beiderseitige Interesse und auch möglichen didaktischen Hilfen der Lehrkräfte im Hinblick auf Segregation Integration und Inklusion. Die Art und Weise wie die Lehrkraft die heterogenen Gruppen zu einander führt.