Im folgenden Beitrag werde ich mich mit den für mich zentralen Informationen aus allen Veranstaltungen der Ringvorlesung beschäftigen. Das Konzept der Ringvorlesung finde ich weiterhin sehr interessant. Mithilfe dieser Form einer Vorlesung konnte der komplexe Begriff Heterogenität sehr vielseitig aus verschiedenen Blickwinkeln in Bezug auf die Schule betrachtet werden.
Ich konnte beispielsweise viele spannende Erkenntnisse in Bezug auf mein Unterrichtsfach Elementarmathematik mitnehmen. Auch in diesem, auf dem ersten Blick nicht sprachlich wirkenden Fach besteht ein Zusammenhang zwischen der Sprachkompetenz und den Mathematikleistungen. SchülerInnen müssen sich verbal in Form der Kommunikation und Argumentation über die Aufgaben austauschen können. Erst die Versprachlichung des eigenen Lösungsweges ist ein Indiz für das richtige Verstehen. Im sprachsensiblen Mathematikunterricht sollten für sprachlich schwächere Kinder in Form des Scaffoldings sprachliche Gerüste angeboten werden, an denen sich diese Kinder orientieren können. Diese sollten sukzessiv wieder abgebaut werden.
Weiterhin war die Vorlesung aus dem ISSU-Bereich sehr interessant. Neben der sprachlichen Heterogenität wurde hier der Fokus auf die Gendersensibilität gelegt. Mithilfe eines einleitenden Beispiels wurde die Bedeutung dieser Heterogenitätsdimensionen einleuchtend aufgezeigt. Einige Kinder schreiben Interessen sowie Kompetenzen im Bereich der Technik geschlechtsdifferent zu. So ist es wichtig, im Sachunterricht vielperspektivisches Lernen ohne Stereotypisierung anzubieten und die Selbstwirklichkeitserfahrungen der SchülerInnen in den Vordergrund zu stellen.
Generell konnte ich ebenso erziehungswissenschaftliche Erkenntnisse aus der Vorlesung für mich und meinen zukünftigen Lehrberuf mitnehmen. Die Schaffung einer „Wir-Gruppe“ (vgl. Bauriedl 1985, S. 135) innerhalb einer Klasse trägt große Bedeutung bezüglich der Lernatmosphäre. Es sollte Homogenität als bewusstes Gemeinschaftsgefühl genutzt werden, indem auch der Fokus auf Gemeinsamkeiten liegt und nicht nur Heterogenität durch Leistungsbetrachtung geschaffen wird. Hierbei ist zu beachten, dass Heterogenität als soziales Konstrukt erst durch die eigenen Maßstäbe geschaffen wird, indem eine Norm gesetzt und die Streuung um diese Homogenität als Heterogenität wahrgenommen wird (vgl. Gomolla 2009, S. 22). Hinsichtlich der Leistungen sind unterschiedliche Präkonzepte und Vorerfahrungen sehr bedeutsam. Ergebnisse empirischer Untersuchungen zeigen eine deutliche Relevanz des Vorwissens gegenüber der Intelligenz. So sollte im Unterricht als erster Schritt das Vorwissen der SchülerInnen ermittelt werden, um die Lerninhalte und -formen sowie die Lernziele und -zeit an diese SchülerInnen anzupassen. Dabei ist anzumerken, dass Schule das beste Intelligenzförderprogramm ist (vgl. Ausubel, 1968).

Aus meiner Sicht wird besonders durch die unterschiedlichen Schulformen nach Klasse 4 Heterogenität geschaffen. Entsprechend ihrer Leistungen werden die Kinder unterschiedlichen Schulformen zugeordnet. Damit wird ein Gefühl von Unterschiedlichkeit aufgebaut bzw. verstärkt. Die Wege der Kinder trennen sich, Freundschaften gehen auseinander. Die aufgebaute „Wir-Gruppe“ wird durch die Leistungsbeurteilung zerrissen. Das Gegenteil zu dem, was zuvor durch ein Gemeinschaftsgefühl geschaffen werden sollte. Diese Erfahrungen habe ich leider selbst in meiner Schulzeit machen müssen. Ebenso habe ich miterlebt, wie SchülerInnen absichtsvoll ihre Leistungen verschlechterten, um mit ihren Freundinnen und Freunden weiterhin dieselbe Schule bzw. Klasse besuchen zu können. Und genau das ist doch nicht das Ziel, was mit der Leistungsbeurteilung und der damit einhergehenden weiterführenden Schulform erreicht werden soll.

Im weiteren Studium möchte ich gerne mehr über Deutsch als Zweitsprache erfahren. Kinder, die eine andere Erstsprache haben, müssen neben der Alltagssprache auch die Bildungssprache des Deutschen erlernen. Die deutsche Sprache ist Grundvoraussetzung für das Verstehen und Kommunizieren von Fachinhalten. So sollten sprachlich schwächere SchülerInnen mit und auch ohne Deutsch als Zweitsprache sprachliche Hilfen bekommen, da sonst die Sprache ein Mittel zur Selektion und Exklusion darstellt. Im sprachsensiblen Fachunterricht sollte das Erlernen von Sprache an und mit den Sachinhalten erfolgen. Mithilfe des Einbezugs der Erstsprache können laut Studien fachliche Denk- und Verstehensprozesse gefördert werden. Diese Nutzung der Erstsprache stellt aus meiner Sicht für Lehrkräfte eine große Schwierigkeit da, besonders wenn innerhalb einer Lerngruppe unterschiedliche, teils seltene Erstsprachen vertreten sind. Da stellt sich mir die Frage: Wie können Lehrkräfte die für sie fremden Sprachen in ihren Unterricht miteinbeziehen, wenn sie diese selbst nicht beherrschen? Mögliche Umsetzungsbeispiele wären für mich von großem Interesse.
Ein weiterer Aspekt, den ich gerne weiter in meinem Studium vertiefen würde, wäre die Leistungsbeurteilung. Mithilfe der Curricula als festgelegte Norm wird Heterogenität geschaffen. Von allen Kindern wird das Gleiche erwartet, obwohl sich ihre Lernvorerfahrungen sowie ihre Interessen unterscheiden. Doch inwiefern werden diese heterogenen Lernvoraussetzungen in der Beurteilung der Leistungen berücksichtigt? In welchem Maß wird die Lernentwicklung der Kinder betrachtet? In einer Klasse von etwa 25 Kindern ist es als einzige Lehrperson schwierig, die Leistungen aller Kinder detailliert wahrzunehmen. Beispielsweise das Einsammeln von Arbeitsergebnissen im Unterricht kann behilflich sein, um den aktuellen Lernstand der Kinder festzustellen. Weitere Möglichkeiten zur Leistungswahrnehmung würde ich zukünftig gerne kennenlernen. Die umstrittene Notenvergabe führte hier in Bremen zur Abschaffung dieser und zur Konzentration auf die individuellen Leistungen eines Kindes in der Auseinandersetzung mit der Sache: Kompetenzorientierte Leistungsrückmeldung mit individuellen Entwicklungsübersichten statt Noten zur Leistungsbeurteilung. Da stellt sich mir die Frage, in welcher Form die Lehrpersonen die detaillierten Informationen über den aktuellen Leistungsstand jedes einzelnen Kindes wahrnehmen, ohne sich in manchen kleinen Bereichen nicht eindeutig sicher zu sein.

Besonders die Leistungsbeurteilung hinsichtlich der Sozialnorm sehe ich für mich persönlich als Herausforderung an. Wir Menschen, also auch die Lehrpersonen und ebenso die SchülerInnen vergleichen uns ständig, um unsere Leistungen einschätzen zu können. So sehe ich es als Schwierigkeit, die Lerngruppe als Vergleichsmaß in der Leistungsbeurteilung nicht zu berücksichtigen. Das Kind selbst sollte mit seiner Entwicklung und seinen Voraussetzungen sowie Möglichkeiten im Vordergrund stehen.  Den Umgang mit den Entwicklungsübersichten möchte ich weiter erlernen, um mich mithilfe diesen auf das einzelne Kind und seine Leistungen konzentrieren zu können. Dabei ist es für mich wichtig, weitere Wahrnehmungsmöglichkeiten über den detaillierten aktuellen Leistungsstand eines Kinder kennenzulernen. Ich könnte mich neben dem Besuch von weiteren Seminaren, die das Thema aufgreifen, bei erfahrenen Lehrkräften über Umsetzungsmöglichkeiten erkundigen.
Heterogenität in der Schule ist aus meiner Sicht ein sehr spannendes und vielseitiges Themenfeld, mit dem ich mich gerne im weiteren Studium beschäftigen möchte, um auf meine berufliche Zukunft besser vorbereitet zu sein.

Literatur:

Gomolla, Mechthild/ Fürstenau, Sara 2009: Migration und schulischer Wandel: Unterricht. VS Verlag.