Im folgenden Beitrag beschäftige ich mich mit der Mehrsprachigkeit hinsichtlich der schulischen Bildung. Angenommen einem Schüler, der vor zwei Jahren nach Deutschland gekommen ist und eine Vorklasse besucht hat, wird von der Gymnasialempfehlung aufgrund seiner deutschen Sprachkenntnisse abgesehen. Ich kann die Befürchtungen der Lehrkräfte gut nachvollziehen, da der Inhalt in höheren Schullaufbahnen anspruchsvoller ist und somit auch die sprachlichen Äußerungen komplexer werden. Jedoch sehe ich die Sprache als etwas gut Lernbares an, der Spracherwerb müsste durch ständigen Kontakt zu „Sprachexperten“ der jeweiligen Sprache unterstützt werden, sodass der Schüler im Alltag die Sprache erlernen kann. Ebenso sollte auch Unterricht auf dem Gymnasium sprachsensibel gestaltet werden, um auch diesen SchülerInnen die gleichen Bildungschancen zu ermöglichen. Dieser Lernprozess der Bildungssprache geht über mehrere Jahre, in denen dieser Schüler und auch andere SchülerInnen mit Deutsch als Zweitsprache sowie SchülerInnen ohne Deutsch als Zweitsprache durch die Lehrpersonen unterstützt werden müssen.

Einerseits habe ich bisher die Erfahrung gemacht, dass die Mehrsprachigkeit der Kinder nicht für den Lernprozess im Unterricht genutzt wurde. Ein Junge hatte zum Beispiel große Probleme in der Umsetzung der Aufgaben. Er und ein anderes Mädchen waren die Einzigen in der Klasse, die sehr wenige Spracherfahrungen in der deutschen Sprache hatten. Leider fand zwischen ihnen keine gemeinsame inhaltliche Auseinandersetzung in ihrer Erstsprache statt. Die Lehrkraft hätte hierfür den entscheidenden Impuls geben oder ihren Unterricht sprachbewusster gestalten müssen, indem sie die Erstsprache der SchülerInnen mit in den Fachunterricht miteinbezieht, um die SchülerInnen leistungsangemessen fördern zu können. Andererseits habe ich in meinem Praktikum eine sehr besondere Erfahrung machen dürfen. Die Fächer Mathematik und Sachunterricht wurden zwar in der deutschen Sprache durchgeführt, jedoch anschließend wurde das Thema auf Französisch weiter vertieft. Die meisten SchülerInnen waren der französischen Sprache vertraut, ob es die Oma oder der Vater war, welche/welcher diese Sprache mit in die Familie gebracht hat. Das Konzept dieser Schule hat mich hinsichtlich des sinnvollen Gebrauchs von mehreren Sprachen sehr begeistert. Für mich als Praktikantin, die vorher nicht wirklich zu der französischen Sprache Kontakt hatte, war es eine große Herausforderung, dem Unterricht zu folgen. Wenn ich mir vorstelle, dass Kinder mit wenig Spracherfahrungen in der Unterrichtssprache neben dem Verstehen der Sprache auch noch die inhaltliche Seite des Gesprochenen sowie Geschriebenen nachvollziehen müssen, sehe ich die eindeutige Notwendigkeit der Forderung eines sprachsensiblen Unterrichts.

Bei meiner zukünftigen Unterrichtsgestaltung möchte ich darauf achten, dass ich beispielsweise durch Sprachenporträts die Mehrsprachigkeit der SchülerInnen erfasse und daraufhin herausfinden, welche Kinder Deutsch als Erst- bzw. Zweitsprache haben. Hierbei mache ich mir bewusst, dass auch Kinder mit Deutsch als Erstsprache sprachlich schwach sein können und einen sprachsensiblen Fachunterricht benötigen. Die Bildungssprache in der Schule ist für alle SchülerInnen ein Lerngegenstand. Meist haben die SchülerInnen mit Deutsch als Erstsprache gewisse Vorzüge, da sie diese von ihrer Familiensprache besser ableiten können als DaZ-Kinder. Die Sprache ist die Grundvoraussetzung für das Verstehen und Kommunizieren von Fachinhalten, wenn sprachlich schwächere Kinder nicht angemessen mithilfe von sprachlichen Hilfen unterstützt werden, kann die Sprache ein Mittel zur Selektion und Exklusion darstellen.

Um einen Einbezug der Erstsprache im sprachsensiblen Fachunterricht zu ermöglichen, müssen folgende Rahmenbedingungen der Schule gegeben sein: Die Lehrkräfte benötigen neben den pädagogischen und fachlichen Kompetenzen auch sprachliche Kenntnisse in den Erstsprachen ihrer SchülerInnen, um mithilfe der Nutzung der Erstsprache die Denk- und Verstehensprozesse der SchülerInnen zu fördern. Ebenso wird die Unterrichtsgestaltung aufwendiger, da der Unterricht sprachlich individueller an die Kinder angepasst werden muss, wodurch die Lehrpersonen auch mehr Zeit in der Vorbereitung benötigen. Es wäre wichtig, dass die Lehrkräfte an einer Schule enger zusammenarbeiten, um sich dabei gegenseitig zu unterstützen und auszutauschen. Schwierig wird der Einbezug von nur einzeln vertretenen Sprachen innerhalb einer Lerngruppe, da so kein Austausch zwischen SchülerInnen über die fachlichen Inhalte stattfinden kann und auch der Vorbereitungsaufwand der Lehrkraft noch größer wird. Lehrkräfte brauchen für die Gestaltung eines sprachsensiblen Unterrichts vielfältige Unterstützung.