Im folgenden Beitrag beschäftige ich mich mit der Leistungsheterogenität hinsichtlich der Wahrnehmung, Rückmeldung und Beurteilung der Leistungen von Schulkindern. Laut empirischen Untersuchungen haben LehrerInnen mit 20-25 % einen nicht ausschlaggebenden Anteil am schulischen Lernerfolg der Kinder (vgl. Zierer 2015, S. 17). Dieser Leistungserfolg wird als Gemeinschaftsaufgabe zwischen Lernenden, Lehrpersonen, ErzieherInnen sowie Eltern verstanden. Somit ist beispielsweise eine Aussage wie „Ich bin in Mathe so schlecht, weil die Lehrerin schlecht ist“ nicht berechtigt, da nicht ausschließlich die Lehrkraft, sondern weitere Faktoren wie die Unterrichtsgestaltung, aber auch der Lernende selbst, sowie das Curriculum oder die Zusammenarbeit mit Eltern, Einfluss auf die schulischen Leistungen haben. Die Lehrkraft sollte jedoch Partizipation ermöglichen, Zieltransparenz der Anforderungen und Erwartungen geben sowie die Leistungen ihrer SchülerInnen unabhängig der Ergebnisse würdigen und anerkennen, um die Grundlage zur Gemeinschaftsarbeit zu bieten.

Als Lehrkraft für eine Lerngruppe von 20 SchülerInnen ist es eine große Herausforderung, die Leistungen aller Kinder detailliert in jeder Unterrichtsstunde wahrzunehmen, rückzumelden und zu beurteilen. Während im Unterricht nicht genügend Zeit ist, die Leistungen aller Kinder wahrzunehmen, sind das Einsammeln von Heften, Mappen und/oder Tests Möglichkeiten, die einzelnen Leistungen zu beurteilen. Diese Möglichkeiten zur Leistungswahrnehmung habe ich schon mehrmals in Praktika erlebt. Dabei ist die anschließende Rückmeldung zu erbrachten Leistungen von großer Bedeutung. Neben dem Leistungsstand sollte auch eine Orientierung für das weitere Lernen gegeben werden. Möglichkeiten hierfür wären Feedbackbögen oder auch ein Dialog wie Kindersprechtage. In meinen Praktika habe ich die Erfahrung gemacht, dass neben des Ankreuzens der erbrachten Leistungen im Lösungsvorschlag zu Klassenarbeiten und eines Kommentars zur Wortmeldung, beispielsweise „Ja richtig. Sehr gut“, keine Leistungsrückmeldung gegeben wurde. Bei der Leistungsbeurteilung sehe ich die Sozialnorm (Lerngruppe als Vergleichsmaß), die heutzutage nicht mehr berücksichtigt werden sollte, als weitere große Herausforderung. Wir Menschen, also auch die Lehrpersonen und ebenso die SchülerInnen vergleichen uns ständig, um unsere Leistungen einschätzen zu können. Besonders die umstrittene Notenvergabe für Leistungen hilft uns beim Vergleichen. Wenn jedoch nur der individuelle Fortschritt eines Kindes in Auseinandersetzung mit der Sache ohne Vergleich mit anderen bewertet wird, sehen SchülerInnen die Beurteilung oft als unfair.

Für mein zukünftiges Praktikum wäre es interessant genauer zu beobachten, wie die Entwicklungsübersichten individuell an die Kinder angepasst werden. Ebenso würde ich gerne mehr über die Umsetzung erfahren, in welcher Form die Lehrpersonen die detaillierten Informationen über den aktuellen Leistungsstand jedes einzelnen Kindes wahrnehmen, ohne sich in manchen kleinen Bereichen nicht eindeutig sicher zu seien.

Laut H. Fend seien Leistungsbeurteilungen ein Werkzeug zur Aufrechterhaltung von Ungleichheiten. Betrachtet man das Bildungssystem, erkennt man, dass dieses auf einem Leistungsprinzip basiert. Da stellt sich die Frage, wie alle Kinder die gleichen Leistungen erbringen können sollen, wenn schon beim Schuleintritt unterschiedliche Lernerfahrungen sowie Lernvoraussetzungen bestehen? Werden Leistungen nach dem gleichen Maßstab bewertet und der individuelle Fortschritt der SchülerInnen nicht beachtet, kommt es zwangsweise weiterhin zu Ungleichheiten. Für den schulischen Lernerfolg ist es jedoch von großer Bedeutung, in der Heterogenität der Lerngruppe den individuellen Lernprozess der SchülerInnen wahrzunehmen und zu würdigen, sowie eine Lernzielorientierung zu geben. Nur so kann auf die Stärken und Schwächen jenes Kindes aufmerksam gemacht werden, um die Weiterarbeit an ihnen zu ermöglichen.

Literatur:

Zierer, K. (2015): Kernbotschaften aus John Hatties Visible Learning. In URL: http://www.kas.de/wf/doc/kas_38424-544-1-30.pdf?140728131534, Zugriff: 06.11.2015