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Die Stadtwaldfarm in Verden

In diesem Blogeintrag möchte ich euch von der Stadtwaldfarm in Verden berichten. Es handelt sich hierbei um ein gemeinnütziges Projekt der „Fokus Familien- und Sozialdienstleistung gemeinnützige GmbH“.

die Stadtwaldfarm(Bildquelle: https://www.fokus-verden.de/stadtwaldfarm.php)

Die Stadtwaldfarm besteht seit 2013, befindet sich am Rande des Verdener Stadtwalds und beherbergt verschiedene Tiere wie Esel, Schafe, Ziegen, Hühner und Kaninchen. Hier können Kinder und auch Erwachsene Tiere und Natur erleben, sich austauschen und entwickeln.

Neben den Tieren und der Natur hat die Stadtwaldfarm noch einiges mehr zu bieten: es gibt verschiedene Spiel-, Sport- und Bastelangebote, man kann gemeinsam kochen, schnitzen, Bogenschießen, Stockbrot über dem Lagerfeuer machen und vieles mehr. Auch Familien und Senioren trifft man auf der Stadtwaldfarm an. Zusammen können die Menschen sich austauschen, im Garten arbeiten und kreativ werden.

Die Stadtwaldfarm bietet spezielle Programme für verschiedene Gruppen wie Schulklassen, Kita-Gruppen, Seniorengruppen, Vereine oder auch Familien an. Die Ausflüge können dann unter einem bestimmten thematischen Schwerpunkt durchgeführt werden. Zum Beispiel kann speziell etwas über das Schaf gelernt werden. Hier können die Teilnehmenden die Schafe kennenlernen, füttern und streicheln und mit Wolle filzen und arbeiten. Ein Ausflug zur Stadtwaldfarm kann aber beispielsweise auch unter dem Aspekt des Gruppenzusammenhalts stehen. Hier werden dann verschiedene Teambuilding-Spiele durchgeführt und es sollen Aufgaben im Team gelöst werden. Das Team der Stadtwaldfarm ist also sehr flexibel und passt sich den jeweiligen Gruppen und ihren Eigenschaften an (fokus, 2018).


(Bildquelle: https://stadtwaldfarm.wordpress.com)

Vor meinem Studium habe ich ein Praktikum an der Lintler Geest-Schule, einer Grundschule im Landkreis Verden, absolviert. Die meiste Zeit verbrachte ich in einer ersten Klasse. Ein Junge erzählte mir, dass er die Nachmittage häufig mit seinen Großeltern auf der Stadtwaldfarm verbringt. Ich kannte die Stadtwaldfarm zu diesem Zeitpunkt noch nicht und ließ mir von dem Jungen erklären, worum es sich dabei genau handelt. Das Konzept begeisterte mich und ich erzählte der Klassenlehrerin davon. Sie hatte zuvor bereits Ausflüge mit Schulgruppen zur Stadtwaldfarm unternommen und erzählte mir, dass es eine tolle Möglichkeit ist, um außerhalb des Klassenraumes zu lernen und, dass die Kinder alle sehr begeistert waren. Leider war es nicht möglich, dass ich innerhalb meines Praktikums einen Schulausflug zur Stadtwaldfarm begleitete, aber ich habe mir das Gelände und die Tiere bei einem Waldspaziergang angesehen. Es war außerhalb der Öffnungszeiten, weshalb ich mich nicht genauer umsehen und keine Menschen antreffen konnte. Aber ich bin von der Idee des Projekts überzeugt und möchte (sobald es nach Corona-Zeiten wieder möglich ist) mit den Kindern, die ich über die Lebenshilfe betreue, einen Ausflug zur Stadtwaldfarm machen.

Herbstfest 2018 (Bildquelle: https://www.fokus-verden.de/stadtwaldfarm_berichte.php)

Baar und Schönknecht (2018, S. 15) unterscheiden bei außerschulischem Lernen zwischen formalem und non-formalem Lernen. Formales Lernen bezeichnet das, was als allgemeinbildend und für einen bestimmten Abschluss als verpflichtend gilt. Es geht um kognitive Kompetenzen und das Produkt des Lernens steht im Fokus (ebd.). Non-formales Lernen hingegen meint eher die soziale und persönliche Weiterentwicklung der Teilnehmenden. Hier geht es also um den Prozess des Lernens (ebd.). Soziale Kompetenzen sind meiner Meinung nach sehr wichtig, aber eben weniger Voraussetzung für einen Schulabschluss als kognitive Kompetenzen.

In der Stadtwaldfarm kann sowohl formales als auch non-formales Lernen stattfinden. Wenn Kinder beispielsweise spielerisch und handelnd Wissen über bestimmte Tiere, Pflanzen und Tätigkeiten wie Hufschmieden oder Wolle filzen lernen, sind das Gegenstände des Sach- oder Naturkundeunterrichts, welche zur Allgemeinbildung gehören und somit formal sind. Wenn die Kinder aber in Gruppen agieren, Probleme bewältigen, ihre Gemeinschaft stärken und sich selbst besser kennenlernen, ist es non-formales Lernen. Hier werden eindeutig soziale und personale Kompetenzen gefördert, die weniger explizit einem bestimmten Schulfach zugeordnet werden können, aber dennoch sehr bedeutsam sind.

Welche der beiden Kategorien im Fokus steht, kommt ganz auf die Gestaltung des Ausfluges an. Ich glaube, dass non-formales Lernen bei jedem Besuch automatisch dadurch stattfindet, dass die Stadtwaldfarm viel Wert auf Teamarbeit, Kommunikation und Selbstständigkeit legt. Das formale Lernen findet meiner Meinung nach auf der Stadtwaldfarm auch in jedem Fall statt. Das liegt daran, dass man umgeben von Tieren und der Natur lernt und diese auch der Gegenstand des formalen Lernens sind. Wenn man also plant, die Selbstständigkeit der Kinder zu fördern, indem sie sich eigenständig um die Pflege der Tiere oder des Gartens kümmern, so ist es unvermeidbar, dass die Kinder hierbei auch etwas über die Tiere und Pflanzen an sich lernen – eben durch ihr eigenes Handeln.

Außerdem gibt es die Unterscheidung in primäre und sekundäre Lernorte (Baar & Schönknecht, 2018, S. 15). Primäre Lernorte sind diese, deren primäres Ziel das Lernen ist. An sekundären Lernorten kann man auch lernen, es ist aber nicht ihr primäres Ziel (ebd.).
Das Ziel der Stadtwaldfarm ist es, „Menschen aller Altersstufen und Herkunft, durch die Begegnung mit Tieren und Natur, in ihrer Entwicklung zu fördern und Verbindungen zu schaffen“ (fokus, 2018). Hieraus kann man schon ableiten, dass ihr primäres Ziel das Lernen ist, und zwar sich selbst zu entwickeln und andere Menschen kennenzulernen. Jedoch ist hiermit nicht das formale Lernen, was man aus der Schule kennt, gemeint. Daher würde ich sagen ist die Stadtwaldfarm kein primärer Lernort, aber auch kein sekundärer, sondern irgendwo dazwischen.

Was die Unterscheidung von Plessow in schulbezogene und schulkomplementäre außerschulische Lernangebote betrifft, würde ich die Stadtwaldfarm als schulkomplementäres Lernangebot bezeichnen, da dieses Lernangebot nicht von der Schule allein bereitgestellt werden kann. Hierzu braucht es den Träger der Stadtwaldfarm und die Menschen, die die Angebote organisieren und durchführen. (Plessow, 2015, S. 2f. zit. n. Baar & Schönknecht, 2018, S. 17).

Am besten kann man die Stadtwaldfarm als einen Lernort für das Schulfach Sachunterricht nutzen, weil in diesem Fach sowohl Tiere, Pflanzen, und die zugehörigen Tätigkeiten als auch Aspekte wie ein respektvoller Umgang mit Menschen und Tieren, Teamarbeit und eigene Interessen thematisiert werden können. Ich finde, dass man im Zuge eines Besuches der Stadtwaldfarm auch gut über das Thema Ernährung sprechen kann. Hier kann man lernen, was welche Tiere essen und auch welche Tiere/Tierprodukte von Menschen gegessen werden und wie diese hergestellt werden. Man könnte auch den Sportunterricht mit einem Ausflug zur Stadtwaldfarm verbinden, da man hier unter Anderem Bogenschießen und Fußball spielen kann. Dies würde ich allerdings nicht als primären Zweck für einen Besuch wählen. Auch der Kunstunterricht kann bei einem Besuch der Stadtwaldfarm mit einbezogen werden, da es viele verschiedene Angebote gibt, die die Kreativität der Kinder fordern und fördern (fokus, 2018).

Ich denke, dass ein Besuch der Stadtwaldfarm für alle Menschen möglich ist. Das Gelände ist barrierefrei und weitläufig gestaltet. Man kann hier mit allen Sinnen lernen. Damit meine ich, dass zum Beispiel auch eine blinde Person etwas erleben und lernen kann, weil man die Tiere auch fühlen und hören und die Pflanzen fühlen, riechen und teilweise schmecken kann.
Für Kindertagesstätten und Schulen der Stadt Verden sind die Besuche kostenfrei. Für andere Gruppen kosten die Programme 75-150 €. Bei einer Gruppe von 15 Kindern wären das 5-10 € pro Person. Das könnte zu Chancenungleichheiten führen, da es Familien gibt, die mehr Geld zur Verfügung haben als andere. Ich weiß nicht, inwieweit die Schulen oder Kindertagesstätten solche Ausflüge bezuschussen können.
Verschiedene Sprachkenntnisse der Teilnehmenden sollten bei einem Besuch der Stadtwaldfarm keine Probleme darstellen, da es primär um Erfahrungen und Handlungen geht. Es gibt jedoch auch Aufgaben und Anleitungen, welche eventuell schwierig zu verstehen sein könnten. Ich glaube jedoch, dass man alles gut zeigen und vormachen kann und Sprache hierbei nicht so wichtig ist, wie in klassischem Schulunterricht.

Für die Schulen und Kitas der Stadt Verden ist die Stadtwaldfarm fußläufig zu erreichen, da sie sich sehr zentral befindet. Einrichtungen aus den angrenzenden Gemeinden müssten auf private oder öffentliche Verkehrsmittel zurückgreifen. Dies würde noch weitere Kosten verursachen. Ich kann mir vorstellen, dass die Stadtwaldfarm in Verden auch ein attraktiver Lernort für Bremer Schulen sein kann, falls es keine ähnlichen Angebote in Bremen gibt. Dies wäre dann aber ein richtiger Tagesausflug.

(Bildquelle: https://www.fokus-verden.de/stadtwaldfarm_berichte.php)

Literatur:

Baar, R. & Schönknecht, G. (2018). Außerschulische Lernorte: didaktische und methodische Grundlagen. Weinheim: Julius Beltz.

Fokus Verden (2018). Stadtwaldfarm. Verfügbar unter: https://www.fokus-verden.de/stadtwaldfarm.php