Wie Kunst Meinungen vermittelt

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Protestfotografie auf Protesten

Wie sich in der Umfrage herausgestellt hat, ist das erste woran viele denken, wenn sie das Wort „Protestfotografie“ hören, die Aktion auf die Straße zu gehen und zu protestieren. Und dann halt noch irgendwas mit Fotografie..

Und das ist gar nicht mal unberechtigt. Doch es gibt dennoch einige Dinge die beachtet werden sollten, wenn man mit seinen Fotografien auch auffallen möchte. 

Demonstrationen finden, wie bereits in der Einführung „Geschichte des Protests“ erläutert, seit Jahrhunderten statt. Unterstützt mit allen Mitteln der Kunst, zählt die Fotografie ebenfalls dazu. Heutige Demos könne unglaubliche Maße erreichen, wie die „Demos gegen Rechts“ in den letzten zwei Wochen deutlich gezeigt haben. Nach einer solchen Demo, sind Bilder und Videos überall im Internet zu finden. Menschen posten sie in ihre Instagram Stories, WhatsApp Stories und Facebook Profile. Mit heutiger Vernetzung finden sie ihren weg in schnellster Zeit durch das gesamte Internet. Sie sind beliebter Weg sein Statement für eine Situation abzugeben. Doch das sind nicht nur die privat geschossenen Fotos. Für große Demonstrationen sind oft Fernseher Teams vor Ort , die das Geschehen mitverfolgen und festhalten. Dafür sind dann professionell angestellte Fotografen da, die die Fotos mit bestimmten Intentionen schießen. Sie möchten zum Beispiel zeigen, wie viele Menschen auf einer Demonstration vor Ort waren, oder welche Art von Menschen. Dabei kommt die Kunst der Komposition mit ins Bild. Es mag zwar Fotografen geben, die einfach Fotos machen um Fotos gemacht zu haben, doch meistens möchte die fotografierende Person eine bestimmte Nachricht ausdrücken. Gerade bei von der Politik gemochten Themen, werden Fotografien so orchestriert, das sie die eigene Position Vorteilhaft, und die Position von Gegnern als Unvorteilhaft darstellen.

Doch auch auf kleinen Demonstrationen sind oft Personen anwesend, die speziell damit beauftragt werden, Fotos der Geschehnisse zu machen, die dann später als Propaganda genutzt werden können.

Was ist also wichtig wenn auf Demonstrationen fotografiert wird?

Je mehr ästhetisch die Fotos aussehen, desto eher werden die im Netz geteilt und verbreitet, deshalb ist es wichtig, sich ansprechende Motive auszusuchen und eine sichere Hand zu haben. Was helfen kann, gute Bilder zu machen, ist eine gute Kamera und nicht nur das Handy. Bei der Komposition der Bilder muss man aufpassen, seine eigene Stellungnahme favorisiert hin zu stellen. In Situationen, in welchen man Personen auf abgebildeten Fotos vor Aggressionen schützen möchte, ist es außerdem gut, dafür zu sorgen das sie nicht an Klamotten, Haaren oder anderen Merkmalern erkennbar sind. Gerade politische Demonstrationen sind oft sehr geladen und nicht selten gibt es gewaltbereite Individuen. Das kann durch die Vermeidung von direkten Fotografien, oder Nachbearbeitung geschehen. Im Anschluss müssen die richtigen Bilder ausgesucht werden, die die größte Menge ansprechen.

Umfrage zur Protestfotografie

Im Rahmen meiner Arbeit habe ich mir ein paar Stichfragen herausgesucht, die ich mir selber und anschließend auch anderen Personen in meinem Umfeld gestellt habe, um andere Meinungen und Perspektiven zu bekommen.

 

Die erste Frage war:

Woran denkst du als erstes wenn du das Wort „Protestfotografie“ hörst?

Die erste Antwort auf diese Frage war sehr einheitlich. Die meisten stellen sich Fotografien von Menschen auf Protesten vor. Mit Fahnen und vielen Mitstreiter*innen. Im Anschluss wurden auch noch einzelne Beispiele genannt, ein Mann der einem Tanklaster gegenüber steht, oder andere Umstände.

Bei dem Wort Protest denken also die meisten als erstes an Demonstrationen. Die prominenteste Art und weise auf ein Thema aufmerksam zu machen. Dann kommen die Gedanken an andere Einzelfälle.

 

Um genauer auf den Begriff einzugehen lautete die nächste Frage: Kannst du ein Beispiel nennen, bei dem Fotografie als Protestmittel funktioniert?

Hier kam wieder der Verweis auf Proteste selber, doch nicht so oft wie bei der ersten Frage. Ein Beispiel war wie der Kontrast  von gegenüberliegenden Seiten gezeigt werden an, wie zum Beispiel bei Polizeigewalt. Bei diesem Beispiel wurde noch erklärt das eine extreme Situation oft zu Handlung führen kann.

Die dritte Frage, wollte herausfinden wie die befragten selbst reagieren würden, wenn sie in die Rolle eines Fotografen/ einer Fotografin schlüpfen müssten, die besonders ansprechende Bilder schießen müssen um ein Protest Thema gut herüber zu bringen.

Auch hier gab es eine sehr deutliche Antwort. Emotionen.

Um seine Bilder möglichst gut bei möglichst vielen Menschen ankommen zu lassen, ist es wichtig den Menschen das Thema emotional ans Herz zu legen. Das soll zum Beispiel durch Menschen passieren, die auf den Fotografien zu sehen sind. Aber auch leere Straßen können einen großen Impakt haben. Es kommt auf den Kontext an.

Mit frage vier sollte der künstlerische Aspekt der Fotografie beleuchtet werden: Würdest du diese Art von Fotografie (Protestfotografie) als Kunst betrachten.

Und auch hier eine eindeutige Antwort: Ja

Es ist eine Kunst die auf den Moment angewiesen ist. Manche Bilder, vor allem die, die mit Sorgfalt geschossen werden, haben einen dominanteren künstlerischen Charakter als andere, doch alle können als Kunst betrachtet werden.

5. Hast du dich schon einmal von Fotografie als Propaganda beeinflussen lassen?

Ja. Propaganda ist überall in Form von Fotografie zu finden. Geht es um Kunstwerke, Makeup Kampagnen oder Klamotten. Vor allem kombiniert mit Models, welche die beworbenen Produkte zeigen ist es sehr leicht sich von solchen Fotografien beeinflussen zu lassen. Vor allem lässt man sich oft negativ beeinflussen. Das geht eigentlich fast allen so.

Diese Frage sollte vor allem zeigen, das Fotografie selber, einen sehr hohen Einfluss auf uns habe kann. Die Folgefrage darauf war; Wenn ja, war etwas dabei, das du als Protestfotografie bezeichnen würdest?

Die Antworten hier gingen wieder in alle Richtungen. Die Fotos die von der Tagesschau gezeigt werden zum Beispiel. Die Tagesschau benutzt oft Fotografien von Demonstrationen im Hintergrund ihrer Beiträge, diese beeinflussen unsere Wahrnehmung der restlichen Informationen des Posts. Wenn zum Beispiel viel Polizei zu sehen ist, wird die Information anders aufgefasst als wenn es nur friedliche Demonstrant*innen sind. Ein weiteres Beispiel waren Fotografien von der Stallhaltung von Hühnern, die die Umstände der Lebensbedingungen der Tiere zeigen und Empören hervorrufen. Was allerdings auch erwähnt wurde war der Fakt, das wenn diese Bilder eine Weile nicht gesehen werden, oft die Hemmschwelle wieder sinken kann, da der Einfluss nicht mehr so prominent ist.

Diese Antworten verbinden direkt mit einer weiteren Frage; Wo glaubst du, kann Protestfotografie am leichtesten Aufmerksamkeit erregen.

Hier wurde vor allem die Medien genannt. Durch die Reichweite können viele Menschen erreicht werden. Aber auch im alltäglichen Leben, wenn man in der Stadt unterwegs ist und vor allem an Orten an denen man es nicht erwartet.

Die letzte Frage war ob Fotografie eine Protestbewegung effektiv unterstützen kann und auch hier wurde eindeutig für Ja gestimmt. Fotografie hilft von Themen zu überzeugen, manchmal wird man sogar erst über bestimmte Fotografien auf bestimmte Themen aufmerksam.

Was mir aus manchen Antworten und Reaktionen zu dieser Umfrage deutlich hervor gegangen ist, ist das viele sich eher sehr selten Gedanken machen wie sehr sie jeden Tag von Fotografien im Protest Kontext beeinflusst werden. Manche schießen sogar selber Fotos die als Protestfotografie kategorisiert werden können. Sobald ein Foto auf einer Demonstration gemacht und auf einer social Media Plattform hochgeladen wird, kann es als Einfluss für weitere Personen dienen. Somit sind wir alle Teilnehmer der Protestfotografie.

Protestfotografie und Kunst

Die Kunst beschäftigt sich oft und gerne mit Themen, die politisch oder gesellschaftlich verbunden werden können. Kunst genießt eine gewisse Freiheit unter dem Deckmantel der kreativen Verwirklichung. Daher kann sie gut für kritische oder gesellschaftlich unangebrachte Themen genutzt werden. Künstler*innen können eine Stellung zu Themen beziehen, indem sie ihre Meinungen in Texte, Bildern und Formen verstecken.

Ein gutes Beispiel hierfür ist der nackte, menschliche Körper. In der Öffentlichkeit verpönt und unerwünscht, sieht man in Museen und Ausstellungen oft Abbildungen, Fotografien oder Andeutungen von nackten Personen, aber auch ganz offene und anspringende Bilder. Museen regen dazu an, Dinge aus einem neutraleren Blickwinkel zu betrachten als normalerweise und bringen so oft andere Sichtweisen mit sich, als die, die und von Geburt an von der Gesellschaft beigebracht werden. Man bekommt außerdem einen kleinen Einblick in die Gedanken einer anderen Person. Einen Blick in den Gedankengang eines Künstlers/ einer Künstlerin. Das ist es auch, was Kunst, für viele so ansprechend macht. Sie gibt uns die Möglichkeit, unsere eigenen Gedanken und Sichtweisen auf kreative Art und weise auszudrücken und festzuhalten, und gleichzeitig auch, zu lernen offen gegenüber anderen Meinungen und Sichtweisen zu werden.

Aus diesem Grund nutzen Aktivist*innen gerne ihren kreativen Freiraum, um ihre Meinungen darzustellen. So gelangt Politik und andere Gesellschaftlich kritisierte Themen oft am Menschen die eigentlich nichts damit zu tun haben wollen. Wenn ein Künstler / eine Künstlerin die man gerne verfolgt und deren Fotografien man gut findet, ihre Meinung in ihre Kreationen einfließen lassen, werden wir unterbewusst beeinflusst.

Diese Taktik wird übrigens auch in der kommerziellen Welt genutzt. Berühmtheiten, die plötzlich bestimmte Produkte anwerben und für große Firmen arbeiten. Oder ihre eigenen Produkte bewerben. Taylor Swift zum Beispiel, hat einen unglaublichen Einfluss auf ihre Fans. So groß sogar, dass die amerikanischen Wahlen beeinflusst werden können.

Aber auch Fotografie ohne einen eindeutigen Urheber, kann uns beeinflussen und in eine bestimmte Richtung lenken. Bilder die besondere, berührende oder schockierende Momente einfangen. Mit Fotografie bekommt der Konsument die nötige visuelle Unterstützung für eine Geschichte oder Erzählung, die ansonsten der Fantasie überlassen werden. Das Gesicht einer Echten Person zu sehen macht eine Unterschied von der Vorstellung einer Person. Es macht, was erzählt wird real.

Geschichte des Protests

Um der Geschichte der Protestfotografie auf den Grund zu gehen, möchte ich mich zuerst mit der Geschichte der Proteste generell auseinandersetzen. Das Wort „Protest“ wird, wie so viele, aus dem lateinischen „protestari“ abgeleitet, was „öffentlich bezeugen“ bedeutet. Seine eigene oder die Meinung einer anderen Person öffentlich zu unterstützen und damit bestimmten Maßnahmen zu widersprechen. Vor allem im Politischen Kontext.

Bereits in der Antike lassen sich aufschriebe von Protesten finden. Die sogenannten Kyniker bildeten eine Protestbewegung, welche die philosophischen Ziele verfolgten, ein mit dem Universum harmonisches Leben im Fortschritt der Menschen zu gestalten. Diese Idee stand damals eindeutig gegen die sozialen Gepflogenheiten, keinen Respekt gegenüber den Sitten und Gebräuchen zu Zeigen. Bekannter Vertreter dieser Werte war Diogenes von Sinope, ein Lebensphilosoph und Provokateur.

Auch in folgenden Zeitaltern wie dem Mittelalter, gab es wiederholt Protestbewegungen. Ähnlich wie jetzt zur Zeit, gab es Bauernunruhen/ Bauernproteste, bei welchen das Volk seine Unzufriedenheit, mit der Art und weise wie regiert wurde, ausdrückten. Allerdings weit gewaltbereiter, als Druckmittel in teilweise performativen Taten, aber auch willkürlich, gegen Personen und Gebäude gerichtet. Doch auch weniger aggressive Formen des Protests, wie performatives Wildern. Die Proteste entstanden durch Ressourcenkonflikte, Steigerungen der Abgabenlasten und vermehrten Frondiensten (persönliche Dienstleistungen) gegenüber dem Adel.

Auch künstlerisch wurden Proteste unterstützt, durch Liedtexte und Performances auf Bühnen.

Auf kreative Art und weise für eine Bestimmte Meinung einzustehen oder sie darzustellen, setzt sich durchlaufend in der Geschichte fort

Ein sehr bewegendes Beispiel dafür ist das Öl- Gemälde „A Hugenot, on St. Bartholomew`s Day“ von John Everett Millais.

Der ganze Titel des Gemäldes ist „ A Hugenot, on St. Bartholomew`s Day, Refusing to Shield Himself from Danger by Wearing the Roman Catholic Badge“ und soll einen Moment darstellen, der kurz vor dem blutigen Massaker am St. Bartholomäua Tag an den protestantischen Hugenotten stattfindet.

 

https://historicallyobsessed.blogspot.com/2010/05/hfbrt-sundays-art-huguenot-pre.html

Dieses Bild wird zum Romantizismus (welcher oft Sehnsucht und Streben darstellt) kategorisiert, es zeigt einen trotzigen Charakter, nicht zuletzt durch die Aktionen der dargestellten Charaktere. Eine christliche Frau versucht ihrem Geliebten eine weiße Binde um den Arm zu binden. Diese stand damals als ein Zeichen der Solidarisierung mit der katholischen Kirche, und war somit ein Schutz vor den brutalen Meuten, welche Jagd auf die französischen Hugenotten machten. Der Geliebte jedoch, hindert sie sanft daran, indem er das Band weg zirht. Der Akt des Protestes des Liebhabers steht klar im Bild und übermittelt die Verzweiflung des Momentes. Doch auch die alleinige Aktion ein Bild aus der dargestellten Sicht zu malen, drückt Solidarität mit den Hugenotten aus und gleichzeitig verurteilt der Maler die monströsen Taten der katholischen Akteure und bezieht Stellung dagegen.

Selbst mildere Formen Von Protest wie in diesem Beispiel, können Einfluss ausüben. Demnach ist die Kunst ein wichtiges und leicht zu benutzendes Mittel sich in Konflikten auszudrücken.

Das gilt auch, wenn nicht sogar besonders, für die Fotografie. Mit der Erfindung der Kamera, konnte Kunst wie zum Beispiel Portraits um einiges mehr an Verfügbarkeit für die Allgemeinheit gewinnen. Und wie andere Kunst, wurde auch sie in Protest Kontexten genutzt.

Zur Nachkriegszeit wurde ein japanisches Fotomagazin mit dem Namen “Provoke“ zum Höhepunkt der Fotografie in der Nachkriegszeit gekürt. Das Magazin setzte sich in der Zeit der aufblühenden Fotografie mit den politischen Bewegungen der 1960er und der japanischen Performance Kunst auseinander. Es gab nur 3 Ausgaben der Zeitschrift, trotz dem hinterließen die Hefte und Fotografien ein prägendes Bild in der Fotografie Szene. Die Fotografien beleuchten die Proteste gegen Ungerechtigkeit und dienen als Aufruf, selbst aktiv zu werden und die Proteste zu unterstützen.

An diesem Beispiel zeigt sich eine weitere Bewegung welche politik kritisch agiert und somit aufrufen das System nicht einfach machen zu lassen. Ein sich wiederholendes Thema in der Geschichte der Proteste.

Doch nicht nur Proteste in Zusammenhang mit System und Politik finden sich wieder. Ein anderes Beispiel sind öffentliche Entertainment Veranstaltungen wie Fußball. Viele im Zusammenhang mit den unkontrollierbaren Mobs die oftmals, verursacht von einem verlorenen Spiel in Städten wüten.

Oder Proteste in Firmen, Schulen, und besonders sozialen Arbeiten, die auf Zahlungsungerechtigkeit aufmerksam machen wollen. Auch in diesen Bereichen gibt es Unterstützung von Kunst und Fotografie. Einige Beispiele werde ich hier zur Veranschaulichung zeigen, es wird also interessant.