Die Hoffnung auf ein besseres Leben geht Hand in Hand mit der Angst, alles zu verlieren. Diesen Balanceakt aus Zuversicht und Furcht geht auch Carlos (gespielt von Demián Bichir), der als Gärtner in Los Angeles sieben Tage die Woche hart dafür arbeitet, seinem Sohn ein besseres Leben zu ermöglichen.

Chris Weitz “A Better Life” erzählt eine klassische Vater-Sohn-Geschichte: Ein liebevoller Vater, der sich von seinem Sohn entfremdet, weil er die meiste Zeit arbeiten muss und dann zusammen mit seinem Sohn auf eine Reise geschickt wird, um sich wieder näherzukommen. Doch dabei bleibt es nicht. Es ist auch eine Geschichte von Armut, Gangkriminalität und Deportation. Es ist die Geschichte eines mexikanischen Einwanderers ohne Aufenthaltsgenehmigung.

Einwanderung ist in den USA ein hoch politisches Thema. Als der Film 2011 erschien, regierte Barack Obama bereits mehr als zwei Jahre. Sein Präsidentschaftswahlkampf 2008 stand unter anderem unter dem Motto “Hope” und später “Change”. Er wollte allen US-Amerikanern Hoffnung geben, aber auch vielen Einwanderern, die noch keine Aufenthaltsgenehmigung hatten. Rückblickend konnte er die Hoffnungen vieler aber wohl nicht erfüllen, da seine Einwanderungsreform nie durchgesetzt werden konnte.

In diesem Kontext könnte man annehmen, “A Better Life” sei ein politischer Film. Produzent Chris Weitz betont jedoch in diversen Interviews, dass es nie die Intention gab, einen politischen Film zu machen. Was die Menschen mit diesem Film machen, liege nicht in seiner Hand. Weitz ist auch nicht gerade für Filme bekannt, die bestimmte politische Werte transportieren. “The Twilight Saga: New Moon“ (2009) oder der Fantasyfilm „Der Goldene Kompass“ (2007) waren es, die Chris Weitz zu größerem Erfolg verhalfen. Zudem war er am Anfang seiner Karriere zusammen mit seinem Bruder Paul Weitz   an den American Pie Filmen (1999, 2003) beteiligt, die alles andere als ernste politische Themen behandeln.

 

Auch wenn man fast die gesamte Handlung überblickt, wenn man den Trailer schaut, folgt eine kurze Zusammenfassung:

Im Mittelpunkt der Geschichte steht die Vater-Sohn-Beziehung der Familie Galindo. Der alleinerziehende Vater Carlos Galindo lebt mit seinem fünfzehnjährigen Sohn Luis (gespielt von José Julián) in Los Angeles und arbeitet sieben Tage die Woche, um seinem Sohn eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Die Mutter hat die Familie bereits vor Jahren verlassen, da Carlos ihr nicht das Leben bieten konnte, was sie sich wünschte, nachdem sie „illegal“ in die Vereinigten Staaten einwanderten. Nun lebt er seinem Sohn alleine traditionelle Arbeiter-Werte vor: Wer Geld haben will, muss arbeiten und wenn man die Schule schleifen lässt, dann muss man noch viel härter arbeiten. Doch Luis respektiert seinen Vater nicht. Harte Arbeit für wenig Geld ist keine Option für Luis. Er würde eher eine alte Frau überfallen, um an Geld zu kommen. So ist er kurz davor, einer Gang beizutreten, die er über seine Freundin, die Nichte eines Gangbosses, kennengelernt hat.

Als der Arbeitgeber von Carlos zurück nach Mexiko zieht, steht Carlos wieder ohne regulären Job da und muss als Tagelöhner auf einen Job hoffen. Doch er bekommt keinen. Deshalb beschließt er, dass Angebot seines ehemaligen Chefs doch anzunehmen und seinen Truck und die Werkzeuge abzukaufen. Vorher hatte Carlos das Angebot noch ausgeschlagen, aus Angst, er würde von der Polizei kontrolliert und deshalb deportiert werden. An diesem Punkt sieht er aber keine andere Möglichkeit, um seinem Sohn ein besseres Leben zu ermöglichen.  Dafür muss er sich Geld bei seiner Schwester leihen, die ihm ihre Notfallersparnisse aushändigt und dies vor ihrem amerikanischen Ehemann verheimlicht. Für Carlos beginnt nun sein American Dream. Er ist unabhängig und hat eine sichere Einkommensquelle. Doch dieser Traum soll sehr schnell platzen, als sein Truck mitsamt den Werkzeugen noch am selben Tag gestohlen wird. An diesem Punkt hat Carlos nichts mehr außer seinem Sohn und mit diesem begibt er sich auf die Suche nach seinem gestohlenen Truck. Diese Suche soll ihre Beziehung für immer verändern.

Demián Bichir und José Julián machen trotz der oft klischeehaft wirkenden Momente in ihren Rollen einen sehr guten Job. Man kann das Denken und Handeln ihrer Figuren nachempfinden, da sie dieses sehr authentisch auf den Bildschirm bringen. Selbst der aus der Dramaturgie hervorgehende Antagonist Santiago (gespielt von Carlos Linares) kann trotz seiner verwerflichen Tat Mitgefühl erwecken. So löst der Film insgesamt gekonnt die Empathie der Zusehenden aus und könnte den einen oder andere zu Tränen rühren.

Doch trotz der guten schauspielerischen Leistung, die im Übrigen mit einer Oscar-Nominierung für Demián Bichir gewürdigt wurde, wirkt die Geschichte zu vorhersehbar. Ängste der Charaktere, die natürlich fast genau wie befürchtet eintreffen oder Nahaufnahmen, die ganz klar suggerieren, was in den nächsten Minuten passieren wird, nehmen die Zusehenden wie ein Kleinkind an die Hand und führen durch den Film, damit auch ja kein wohlüberlegtes Detail übersehen wird. So wirkt auch der Einsatz von Hip-Hop Musik ziemlich klischeehaft. In fast jeder Szene, in der ein Gangmitglied zu sehen ist, läuft im Hintergrund Hip-Hop. So wird das Genre als Leitmotiv für die organisierte Kriminalität verwendet, die den jungen Luis anzieht. Die extradiegetische Musik trägt hingegen durchaus effektiv zur Intensivierung der Stimmung bei.

Javier Aguirresarobe an der Kamera und Peter Lambert im Schnitt haben aber trotz aller Vorhersehbarkeit die Emotionen sehr gut eingefangen und vermittelt. Viele Nah- und Halbnahaufnahmen sowie shot reaction shots geben der Mimik Zeit zu wirken und die Gefühle auf die Zusehenden zu transportieren. Der Einsatz von over the shoulder shots ist gut gewählt und vermittelt meist die Perspektive von Vater Carlos, dessen Geschichte erzählt wird.

 

„A Better Life“ ist mit Sicherheit nicht der spannendste Film mit den atemberaubendsten Plot-Twists, aber das soll er auch gar nicht sein. Die simple Geschichte eignet sich sehr gut für das Vorhaben des Films. Er will Menschen emotional berühren. Und vielleicht ist es gerade diese Schlichtheit der Geschichte, die es möglich macht, sich voll und ganz auf die Emotionen, die transportiert werden, einzulassen. Und unter diesem Aspekt ist der Film für mich auch ein politischer Film. Er spricht die Empathie der Zusehenden an, um auf das Thema der Deportation undokumentierter Einwanderer aufmerksam zu machen, das bis heute heiß diskutiert wird. Der Film ist zwar schon zehn Jahre alt, hat aber trotzdem nicht an seiner Aktualität verloren. Und auch wenn sich „A Better Life“ insbesondere an den US-amerikanischen Markt richtet (der Film wurde in keine andere Sprache übersetzt), lohnt es sich, den Film anzusehen und die Geschichte von Vater Carlos und seinem Luis mitzuerleben.