Filmkritik zu Cleo
Marina Wahl
Cleo – der Titel des Films und der Name des weiblichen Protagonisten. Ein Name, der auch in seiner Bedeutung seine Berechtigung für den Hauptcharakter findet. So soll die Bedeutung für Cleo auch „Sonnenschein“1 sein. Der Film greift diese Bedeutung zum Beginn und zum Schluss auf – die Protagonistin, die im Verlauf des Werks ihre Ängste entwickelt, ihr Herz mit einer symbolischen Mauer versieht und sich aus diesen befreit.
Cleo erzählt uns eine Geschichte einer jungen Frau (gespielt von: Marleen Lohse) – beginnend mit ihrer Geburt, jedoch nicht endend mit ihrem Tod. Wir verfolgen die Leidensgeschichte Cleos, die ihre Mutter bei der Geburt und ihren Vater bei der Suche nach einer Uhr, mit der man durch die Zeit reisen könnte, an den Untergrund verliert. In sich gekehrt, auf einige Regeln beschränkt – wird ein Sprung von zwanzig Jahren vollzogen. Das junge Mädchen, welches schon seit ihrer Kindheit verschiedene historische Persönlichkeiten – wie z.b Albert Einstein – in einer geisterhaften Erscheinung sehen und mit ihnen sprechen konnte, hatte sich vor ihrer Gabe verschlossen. Cleo meidet den menschliche Kontakte, bis es zu dem Auftreten des Schatzsuchers Paul (gespielt von: Jeremy Mockridge) kommt. Er ist auf der Suche nach dem Schatz der Gebrüder Sass – und in diesem soll sich die Uhr befinden, die Cleo schon vor Jahren mit ihrem Vater gesucht hatte. Zusammen mit Paul beginnt sie nach dem Schatz zu suchen – wobei sie sich jedoch mit der Zeit die Frage stellt: Möchte und kann sie noch in der Zeit zurückreisen und alle Menschen retten, die sie verloren hat?
Der Film hat schon aufgrund seiner kreativen Art und Weise, wie er die Bilder darstellt, einen hohen Sehensfaktor. Es verstecken sich viele kleine Details – die mal auffälliger oder dezenter zu sehen sind – in den Szenenbildern. So wird symbolisch für den Zuschauer auf einem Schild mit der Aufschrift: „Sie verlassen nun ihre Konform-Zone“ mit einer Cleo, die direkt vor diesem Schild steht, die Gewichtung des folgenden Schritts verdeutlicht. Cleo müsste, um mit Paul die Schatzkarte anschauen zu können, einen Gang herab in den Untergrund wagen – ein Ort, der symbolisch für den Verlust ihres Vaters steht. Durch verschiedene Andeutungen war das Trauma, welches dieser Verlust erzeugt hatte, angedeutet worden – mit dieser Szene wurde es jedoch in den Kontext gesetzt und mit dieser Botschaft auf dem Schild wurde es endgültig klar, welche Ängste die Macher des Werks darstellen wollten. Die Geräuschkulisse wurde ihrem Trauma angepasst – erneut hörte sie das Explodieren einer Bombe, der Stein bröckelte und Staub rieselte von den Zinnen. Dieses Stilmittel wiederholte sich in den folgenden Szenen, in denen sich Cleo ihren Ängsten immer und immer wieder stellte. Die Geräuschkulisse nahm eine übergeordnete Rolle ein – der Zuschauer musste sich denselben Tönen, demselben beklemmenden Gefühl, wie Cleo aussetzen. Es ist eine der großen Stärken des Werks, in dem es glaubhaft die Ängste von der Figur auf den Menschen übertragen kann.
Im Kontrast zu dem Thema der Ängste, Trauma und Verlustbewältigung stehen die bunten, sehr farbenfrohen Bilder. Die bunte Darstellungsweise, die ihre Kindheit begleiteten – bis zu den dunklen Tunneln, in denen sie ihren Vater verlor. Ironischerweise waren die Zeiten, in denen sich Cleo ihren Ängsten unterwarf, sich ihren Regeln hingab, mit ebenfalls bunten Bildern beleuchteten. Dies mag den Ursprung in der angepeilten Zielgruppe finden – bei dem Filmfestival in Emden wurde der Film explizit für Kinder ab 9 Jahren angepriesen: Obwohl ein innerer Fokus auf der Bewältigung der Ängste und Verlustgefühls gelegt wurde, sollte es nicht zu einem grauen und farblosen Streifen verkommen. Jedoch je näher Cleo der Uhr kam, desto dunkler wurde die Szenerie. Es gipfelt mit dem Ort, an dem sich Cleo entscheiden muss. Der Teufelsberg, an dem sich der erzählerische Höhepunkt abspielt, ist mit einer Nachtszene bestückt und ein Spiegel zu einem Trauma, welches Cleo überwinden muss.
Auf den ersten Blick wirkt Cleo wie eine schnulzige Komödie, die mit etwas Fantasie aufgewertet wurde. Hinter dieser bunten Fassade versteckt sich jedoch die Geschichte der Bewältigung von Ängsten, Selbstvorwürfen und Traumata. Die Geschichte wartet mit keinen Überraschungen auf – diese braucht dieses Werk jedoch auch nicht. Es ist eine solide, durchdachte und mit viel Liebe gestaltete Geschichte – ein Erstlingswerk in Spielfilmlänge. Ein Werk, welches mutig auftritt und sich nicht vor anderen verstecken braucht.
Titel: Cleo | Regie: Erik Schmitt | FSK: 6 | Laufzeit: 99 Minuten | Genre: Komödie, Romance, Abenteuer | Land: Deutschland | Jahr: 2018
1Vgl. Cleo, online auf: https://www.vorname.com/name,Cleo.html (Letzter Zugriff: 13.06.2019)