RV10: Geschlechtliche und sexuelle Vielfalt in der Schule

Benennen Sie auf Grundlage des Textes von Debus/Laumann 2018 die verschiedenen Ebenen auf denen a) Geschlechtliche Vielfalt und b) sexuelle und romantische Orientierungen differenziert werden können. Recherchieren Sie als Gegensatz dazu, das Konzept der Heteronormativität und beschreiben Sie kurz, was damit gemeint ist. Arbeiten Sie heraus, inwiefern die geschlechtliche und sexuelle Vielfalt von Menschen auch im Rahmen Ihres eigenen Berufs als Lehrer*in relevant sein könnte in Bezug auf die Lehrinhalte, die Lehrbücher, die Beziehung zu den Schüler*innen und Kolleg*innen. Nennen Sie dazu mindestens zwei konkrete Beispiel

Geschlechtliche Vielfalt

Geschlechtsidentität: Hierbei geht es um die individuelle Vorstellung und Identität, unabhängig von den biologischen Merkmalen einer Person. Daher gibt es hier verschiedene Möglichkeiten der Verortung wie männlich, weiblich, non-binary/nicht-binär, genderqueer, Agender, Genderfluid.

Geschlechtsausdruck: Dies bezieht sich auf die Art und Weise, wie eine Person ihr Geschlecht durch Kleindung, Frisur, Verhalten und/oder andere äußere Merkmale ausdrückt. Neben der Kleidung und dem Aussehen, können auch Schulfächer, Beruf, Fürsorge- und Freizeittätigkeiten ausschlaggebend sein. Der Ausdruck muss nicht zwingend etwas mit dem Geschlecht zu tun haben, wird jedoch von der Gesellschaft häufig in Verbindung gebracht.

Sexuelle und romantische Orientierung

Sexuelle Orientierung: fokussiert die Vielfalt sexueller Orientierung und die Anziehung auf Geschlechter. Dies umfasst unter anderem Orientierungen wie heterosexuell, homosexuell, bisexuell, plansexuell, heteroflexibel/homoflexibel, Polysexuell.

Romantische Orientierung: bezieht sich auf die romantische Anziehung und nicht auf sexuelles begehren. Wie es unter anderem bei Asexuell/ace/asexy oder Aromantisch/aro der Fall ist.

Heteronormativität

In einer heteronormativen Gesellschaft wird erwartet, das Personen cisgeschlechtlich und heterosexuell sind.

Es wird also davon ausgegangen, dass jede Person entweder männlich oder weiblich ist und dass dieses Geschlecht schon bei der Geburt an den Genitalien abgelesen werden kann. Des weiteren wird davon ausgegangen, dass diese Geschlechter sich grundlegend voneinander unterscheiden und sich sexuell und romantisch aufeinander beziehen. (Cis) Frauen sollen sich also nur zu (cis) Männern hingezogen fühlen und umgekehrt.

Beispiele

1)Eine geschlechtlich und sexuell vielfältige Perspektive sollte in den Lehrinhalten und Büchern berücksichtigt werden, um sicherzustellen, dass die Erfahrungen und Beiträge verschiedener Geschlechter und sexueller Identitäten sichtbar sind. Dies kann beispielsweise bedeuten, dass Geschichten und Beispiele verwendet werden, die verschiedene Geschlechterrollen, sexuelle Orientierungen und Identitäten repräsentieren. Diese sollen ermöglichen, das Schüler:innen möglichst früh Vielfalt zu schätzen wissen und Vorurteile reduziert werden – gar verhindert werden.

2) Um ein unterstützendes Klima zu schaffen, in dem sich alle Schüler:innen oder Kolleg:innen wohlfühlen, ist es wichtig sich mit gender- und diversitätssensibler Sprache vertraut zu machen. Sollte sich einer meiner Schüler:innen oder Kolleg:innen zum Beispiel als nicht-binär identifizieren, ist es mir besser möglich darauf Rücksicht zu nehmen und entsprechende Pronomen zu verwenden.

Fallbeispiel in der Schule: Jona weiß schon seit einiger Zeit, dass er ein Junge ist, auch wenn ihm bei der Geburt das weibliche Geschlecht zugewiesen wurde. In der Schule haben die meisten Lehrenden Jona akzeptiert und nennen ihn bei seinem neuen Namen und Pronomen. Aber immer wenn es um die Toilettennutzung oder den Sportunterricht geht, kommt es zu Problemen. In der Umkleide beim Umziehen wird er von seinen Cis-männlichen Klassenkameraden ausgelacht. Die Cis-Mädchen wollen Jona in ihrer Umkleide auch nicht haben. Sie behaupten, Jona würde sie beobachten und das sei Ihnen unangenehm. Jona war früher sehr sportbegeistert, inzwischen nimmt er am Sportunterricht nur noch selten teil und meldet sich immer häufiger krank.

Überlegen Sie, welche Schritte würden Sie als Lehrer*in gehen, um Jona das alltägliche Leben leichter zu machen? Wie sollte sich das Kollegium aufstellen, welche Gespräche müssten mit der Klasse geführt werden und welche institutionellen Barrieren könnten abgebaut werden? Notieren Sie Ihre Überlegungen.

Mein erster Schritt wäre ein vertrauliches Einzelgespräch mit Jona, um seine Bedürfnisse und Emotionen besser zu verstehen. Ziel dieses Gespräches wären Wege zu finden, um seinen (Schul-)Alltag wieder zu verbessern und ihm wieder einen sicheren Raum zu schaffen. Außerdem würde ich Jona fragen, ob er sich bereit dazu fühlt mit einer Schulsozialarbeiter:in oder Vertrauenslehrer:in über seine Erlebnisse zu sprechen, um diese eventuell in einem sicheren Umfeld verarbeiten zu können.

Eine weitere Überlegung wäre eine Klassenversammlung über Transgender-Themen und geschlechtliche Vielfalt, um Verständnis und Empathie der Klassenkamerad:innen zu fördern. Je nach Alter von Jona würde ich ihn fragen, und ob er den Workshop/Vortrag eventuell mit gestalten möchte.

Bezüglich der Umkleideräume und Toiletten würde ich überprüfen, ob es möglich wäre geschlechtsneutrale Umkleideräume und Toiletten bereitzustellen. Dies würde Jona hoffentlich eine angenehmere und sichere Möglichkeit bieten an Aktivitäten wie dem Sportunterricht wieder teilzunehmen.

Recherchieren Sie in den sozialen Medien mindestens drei positive Vorbilder, die offen und bestärkend damit umgehen, dass Ihre eigene Sexualität oder Geschlechtsidenität von der heteronormativen Struktur abweicht und stellen Sie diese kurz in wenigen Sätzen vor.

Als erste Person habe ich Samuel Frederick „Sam“ Smith gewählt. Sam Smith wurde 1992 in London geboren und wurde vor allem durch musikalische Erfolge berühmt. Erstmals im Oktober 2017 gab Smith in einem Interview bekannt sich als nichtbinär (genderqueer) zu identifizieren. Zwei Jahre später, im September 2019, erklärte Smith via Instagram nicht mehr mit den männlichen Pronomen angesprochen werden zu wollen, sondern in geschlechtsneutraler Weise mit dem Pronomen they.

Lieder wie In the Lonly Hour erzählen unter anderem von Smiths Geschichte und von der Liebe zu einem Mann, welcher die Liebe zu Smith nicht erwidern konnte. Zusätzlich spricht they öffentlich über eigene Erfahrungen mit der Geschlechteridentität und sexueller Orientierung.

Als nächste Person habe ich Neil Patrick Harris gewählt, er ist ein US- amerikanischer Schauspieler und wurde unter anderem durch seine Rolle als Barney Stinson in How I Met Your Mother (2005-2014) bekannt. Im Jahr 2006 outete sich Harris öffentlich als homosexuell. Mit seinem Ehemann David Burda ist er seit 2004 zusammen, im Jahr 2014 heirateten sie in Italien. Seit Oktober 2011 sind sie Väter von Zwillingen.

Neben der Sichtbarkeit im Fernsehen, teilt Neil Patrick Harris sein Leben auf Instagram mit. Er teilt unter anderem familiäre Beiträge sowie Beiträge zur Queer- Community.

Meine letzte Person ist Ellen DeGeneres, sie ist eine US- amerikanische Moderatorin, Komikerin, Schauspielerin und Autorin. Einer ihrer größten Erfolge war die The Ellen DeGeneres Show, welche 2003 startete und im Mai 2022 mit der 19. Staffel endete. 1997 outete sich Ellen DeGeneres als lesbisch, während des Drehs der Sitcom Ellen.

Neben ihren Fernsehauftritten engagiert sich Ellen DeGeneres für die Organisation PFLAG (Parents, Families and Friends of Lesbians and Gays) und ist Sprecherin des HRC Coming Out Project. Des weiteren setzt sie sich mit ihrer Organisation für gefährdete Arten ein.

Literaturverzeichnis

Debüt, Katharina, Laumann, Vivien (Hrsg.): Pädagogik geschlechtlicher, amouröser und sexueller Vielfalt. Zwischen Sensibilisierung und Empowerment. Institut für Forschung und Bildung. Berlin, 2018.

ProSieben: Neil Patrick Harris (Stand: 13.06.2023)

https://www.prosieben.de/serien/stars/videos/neil-patrick-harris-ueber-sein-outing

The EllenFund WebSite (Stand: 13.06.2023)

https://theellenfund.org/

Wikipedia: Sam Smith (Stand: 13.06.2023)

https://de.wikipedia.org/wiki/Sam_Smith

Wikipedia: Ellen DeGeneres (Stand: 13.06.2023)

https://de.wikipedia.org/wiki/Ellen_DeGeneres


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Kommentare

Eine Antwort zu „RV10: Geschlechtliche und sexuelle Vielfalt in der Schule“

  1. Avatar von Laura
    Laura

    Geschlecht ist in erster Linie etwas sehr persönliches, was einen aber auch mit anderen Personen verbinden kann. Doch obwohl die eigene Geschlechtsidentität selbstbestimmt sein sollte, also eine Person nur selbst wissen kann welche Geschlechtsidentität sie hat (Debus und Laumann 2018, S.14), spielt die Kategorie Geschlecht als gesellschaftliches Konstrukt eine wichtige Rolle in der Art, wie eine Person wahrgenommen wird und welche Rollenerwartungen, Zwänge und Unterdrückungserfahrungen damit einhergehen. Das meint nicht, dass dies ein wünschenswerter Zustand ist, sonder nur dass Personen häufig auch fremdbestimmt in Kategorien eingeteilt werden oder von Kategorien ausgeschlossen werden (wie in dem Fallbeispiel). Das ist ein absolut bekämpfenswerter Zustand, denn die fälschliche Einordnung in eine Kategorie und das Absprechen der eigenen Geschlechtsidentität können sehr schmerz- und leidenvolle Erfahrungen sein. Die Ebenen Ausruck und Körper (Debus und Laumann 2018, S.15) werden als jeweils ein Aspekt der geschlechtlichen Vielfalt genannt. Ich finde dies ein wenig irreführend. Ausdruck und Körper können etwas mit der Geschlechtsidentität zu tun haben, müssen es aber nicht. Durch vergeschlechtliche Rollenbilder kommen unterschiedliche Erwartungen auf Personen verschiedenen Geschlechts zu, dessen nicht Einhaltung zum Teil mit gesellschaftlichen Repressionen begegenet wird. Daher kommt es sehr oft vor, dass sich ein ganz spezieller Ausdruck und eine spezielle Körpererwartung in verschiedenen Geschlechtsidentitäten wiederfindet und dass für manche Menschen ihre Geschlechtsidentität eng mit ihrem Körper verknüpft ist. Das ist sie für andere jedoch nicht (Debus und Laumann 2018, S.15). Denn Menschen können körperlich sehr variantenreiche Kombinationen haben, die ebenso keine Schlussfolgerungen über Geschlechsidentität, Ausdruck oder Verhalten der Person zulassen, wie es andersrum nicht möglich ist (Debus und Laumann 2018, S.17). Mir ist bewusst, dass du in deinem Blogbeitrag nichts Gegenteiliges geäußert hast, aber mir war trotzdem die explizite herausarbeitung und untermauerung dessen nochmal wichtig.

    „Heteronormativität wirkt als apriorische Kategorie des Verstehens und setzt ein Bündel von Verhaltensnormen. Was ihr nicht entspricht, wird diskriminiert, verfolgt oder ausgelöscht (so in der medizinischen Vernichtung der Intersexualität) – oder den Verhältnissen in ästhetisch-symbolischer Verschiebung dienstbar gemacht“ (Wagenknecht 2007, S.17)

    Was im eigenen Lehrer*innenberuf von Relevanz sein wird ist das parteiliche Kämpfen mit queeren Personen und für queere Perspektiven gegen die Heteronormativität. Das sollte einerseits im Umgang mit Kolleg*innen bedeuten, dass queere Perspektiven auf Schule explizit eingenommen und diskutiert werden und ein Klima der Akzeptanz und der solidarischen Unterstützung geschaffen wird. Dies beinhaltet auch beispielsweise den Kampf für nicht-binäre Toiletten und Umkleiden nicht auf betroffene Schüler*innen abzuwälzen und dass eine zu beschulende Person sich nicht erst outen muss bevor daran gedacht wird sich um passende Sanitärmöglichkeiten zu kümmern. Es sollten geschlechtssensible und diskriminierungskritische Konzepte für die Gesatltung des Raums Schule entworfen werden, auch wenn man als Lehrkraft gerade keine Person kennt, die sich außerhalb des binären Systems oder als Trans-Person identifiziert.
    Andererseits ist auch der Unterricht selbst und die Unterrichtsgestaltung ein wichtgier Aspekt. Es muss konkret im Sexualkundeunterricht über verschiedene Körper(-merkmale) und Kombinatoinen, über Geschlechtsidentitäten usw. auf einer fachlich bildendne Ebene aufgeklärt werden. Dabei sollten auch Die Kämpfe von queeren Personen und die Diskriminierungsrfahrungen nicht außenvor gelassen werden. Außerdem sollte auch die Heteronormativität, die in beiläufigen Beispielen, Geschichten, etc. manifestiert wird angegriffen werden und hinterfragt werden. Sodass auch in Textaufgaben in Mathe, in Gedichten oder Kurzgeschichten im Deutschunterricht, in den Liedtexten im Musikunterricht, in der historischen Perspektive im Geschichtsunterricht usw. queere Personen und die Kämpfe queerer Personen vorkommen können.

    Literatur:
    Katharina Debus & Vivien Laumann (Hrsg.): „Pädagogik geschlechtlicher, amouröser und sexueller Vielfalt. Zwischen Sensibilisierung und Empowerment“. 2018, Berlin: Dissens – Institut für Bildung und Forschung e.V.

    Wagenknecht, Peter: „Was ist Heteronormativität? Zu Geschichte und Gehalt des Begriffs“. 2007, in: Hartmann, Jutta / Klesse, Christian / Wagenknecht, Peter et al. (Hrsg.): Heteronormativität. Empirische Studien zu Geschlecht, Sexualität und Macht, Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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